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Corona: Virologe Alexander Kekulé rät zu Masken im ÖPNV – Comeback des Virus?


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Corona ist zurück
Virologe Kekulé rät zu Masken im ÖPNV


Aktualisiert am 28.09.2023Lesedauer: 4 Min.
Bahn in Witten (Archivbild): Virologe Kekulé erwartet eine erneute Infektionswelle im Herbst.Vergrößern des Bildes
Bahn in Witten (Archivbild): Virologe Alexander Kekulé erwartet im Herbst eine erneute Infektionswelle. (Quelle: Jürgen Theobald/ Imago Images)
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Zum Herbst steigen wieder die Corona-Zahlen. Erste Länder verhängen abermals Eindämmungsmaßnahmen. Was kommt auf uns zu?

Lange schien es, als sei Corona vorbei. Nun zeigt das Virus, dass es nie weg war – und präsentiert neue "Qualitäten". Erst jüngst warnte die WHO vor "besorgniserregenden Trends" auf der Nordhalbkugel. Und das, nachdem die Behörde im Mai die Aufhebung der gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite verkündet hatte. Mehr dazu lesen Sie hier.

Zudem besorgen neue Varianten die Experten. Worauf müssen wir uns vorbereiten? Wie wird der erste Corona-Herbst (bislang) ohne Auflagen? t-online fragte den Virologen Alexander Kekulé.

t-online: Herr Kekulé, was erwartet uns im Herbst?

Alexander Kekulé: Ich rechne damit, dass jetzt eine Herbstwelle an Atemwegsinfektionen beginnt. Nicht nur durch Covid, sondern auch durch Influenza, RSV und gewöhnliche Erkältungsviren.

Allgemein dachte man: Corona ist vorbei.

Nein, Corona ist gekommen, um zu bleiben. Das neue Virus hat sich jetzt neben den alten Bekannten eingereiht und wird uns noch lange plagen.

Alexander Kekule (Archivbild): Der Virologe hat das Vorgehen der Regierung bei den Grenzöffnungen kritisiert.
Alexander Kekulé (Quelle: imago images)

Alexander Kekulé ist Professor für Medizinische Mikrobiologie und Virologie. In der Corona-Pandemie machten ihn zahlreiche TV-Auftritte sowie sein MDR-Podcast "Kekulés Corona-Kompass" bekannt.

Wie schwer kann diese Herbstwelle werden?

Es wird nicht noch einmal zu einer Gefährdung der kritischen Infrastruktur kommen. Ich rechne auch nicht mit einer Überlastung der Intensivstationen. Wir brauchen auch definitiv keine neuen Corona-Maßnahmen. Aber klar ist: Man kann dieses Virus auch nicht einfach so durchlaufen lassen.

Warum nicht? Es heißt doch, wir haben eine Grundimmunisierung?

Das ist richtig, aber die neuen Varianten tricksen immer wieder unser Immunsystem aus. Auch den angepassten Impfstoffen ist SARS-CoV-2 immer eine Nasenlänge voraus.

Es ist bislang also kein normales Erkältungsvirus?

Nein, das wäre eine gefährliche Verharmlosung. Für ältere Menschen und andere Risikopersonen ist eine Covid-Erkrankung immer noch gefährlicher als die Grippe. Bisher gibt es auch kein klares saisonales Muster, wie die Sommerwelle gerade gezeigt hat. Das deutet darauf hin, dass die Immunität der Bevölkerung noch nicht so gut ist wie bei den sogenannten Erkältungskrankheiten.

Warum funktioniert die Grundimmunisierung nicht wirklich?

Eine Grundimmunisierung, also zwei Impfungen, schützt nur wenig vor neuen Varianten. Wenn man zusätzlich geboostert wurde oder eine Corona-Infektion hatte, weitet sich der Schutz auch auf neu entstehende Varianten aus.

Unser Immunsystem hat dann irgendwann verstanden, woran es ähnliche Varianten erkennen kann, obwohl sie neu sind. So wie Sie ein unbekanntes Tier als Hund identifizieren, obwohl Sie die Rasse noch nie gesehen haben. Zugleich versucht das Virus, dem immer schlauer werdenden Immunsystem zu entkommen.

Und es gelingt ihm immer wieder?

Ja, das ist aber bei allen Erregern so, mit denen man sich alle Jahre wieder anstecken kann. Die bilden ebenfalls ständig neue Varianten. Das hat aber nicht jedes Mal einen medialen Aufschrei zur Folge.

Nun ist Pirola plötzlich auf dem Schirm der besorgten Experten. Was kann diese Variante?

Ich bin da nicht so besorgt wie manche Kollegen. Die meisten Varianten, vor denen dramatisch gewarnt wurde, haben sich später als epidemiologische Rohrkrepierer entpuppt.

Es gibt eine weltweit wabernde Variantensuppe, wobei sich mal die eine, mal die andere am schnellsten ausbreitet. Den Menschen wegen jeder neuen Mutation Angst zu machen, ist nicht gerechtfertigt. Auch die Vergabe der gefährlich klingenden Namen ist hauptsächlich Eigen-PR der sogenannten Virusjäger.

BA.2.86, wie Pirola bei Virologen heißt, hat viele Mutationen und könnte deshalb theoretisch auch Geimpfte und Genesene infizieren. Das machen aber alle erfolgreichen Varianten von SARS-CoV-2, sonst gäbe es keine Infektionswellen mehr. Stark mutierte Varianten haben glücklicherweise oft das Handicap, dass sie sich weniger schnell vermehren. Ob BA.2.86 überhaupt eine Infektionswelle verursachen kann, ist unklar. Bisher gab es in Deutschland angeblich nur einen einzigen Fall.

Wie gefährlich kann Pirola werden?

Wie alle neuen Corona-Varianten, die ja ausnahmslos Nachkommen der weniger gefährlichen Omikron-Variante sind, verursacht auch BA.2.86 keine schwereren Verläufe. Deshalb ist die Pandemie, im Sinne einer Gesundheitskrise, ja auch zu Ende.

Dennoch sagen Sie: Das Coronavirus – egal, ob jetzt Eris oder Pirola – kann man nicht so durchlaufen lassen, auch nicht in diesem Herbst, in dem wir uns eigentlich sicher fühlten?

Nein, wir müssen Corona weiterhin ernst nehmen, weil es für die Risikogruppen gefährlich ist und wir nicht wissen, wie häufig und wie schwer Long Covid als Folgeerscheinung der aktuellen Infektionswellen sein wird.

Deshalb sollten sich Menschen mit besonderem Risiko mit den jetzt verfügbaren aktualisierten Impfstoffen boostern lassen.

Die Stiko sagt: ab 60 Jahre?

Es ist schwierig, hier eine allgemeine Empfehlung auszusprechen. Wer in den letzten sechs Monaten Corona hatte, braucht sich eigentlich diesen Herbst nicht impfen zu lassen. Die anderen schützt die Impfung vor einem schweren Verlauf, auch mit den neuen Varianten.

Wer lieber mit Covid eine Woche ziemlich krank im Bett liegt oder schlimmstenfalls sogar ein paar Tage im Krankenhaus verbringt, kann auf die Impfung verzichten.

Nun besteht offenbar – bislang – keine große Nachfrage. Was wäre die Alternative?

Die Nachfrage ist möglicherweise auch deshalb gering, weil sehr viele Menschen in diesem Jahr schon Corona hatten oder geboostert wurden. Viele nehmen eine Infektion in Kauf, weil sie sich gesund und halbwegs immun fühlen. Das kann ich gut verstehen.

Mein Appell lautet aber dennoch: Wer krank ist, bleibt zu Hause! Andere Menschen mehr oder minder vorsätzlich anzustecken – egal, mit welchem Erreger – ist kein Kavaliersdelikt, zumindest das sollten wir aus der Pandemie gelernt haben.

Zu dieser Rücksichtnahme sind aber nicht alle bereit. Deshalb sollten Risikopersonen und alle, die keine Lust auf Kranksein haben, im ÖPNV und bei anderen Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen während der Erkältungssaison eine Maske tragen.

Herr Kekulé, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Alexander Kekulé
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