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O-Beine bei Kindern können Schmerzen verursachen


O-Beine
Bei Nina (11) mussten die O-Beine operiert werden

Von t-online
28.01.2014Lesedauer: 4 Min.
O-Beine: Ninas (11) O-Beine bereiteten ihr solche Schmerzen, dass eine Operation nötig wurde.Vergrößern des Bildes
Ninas (11) O-Beine bereiteten ihr solche Schmerzen, dass eine Operation nötig wurde. (Quelle: privat/Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Alle kleinen Kinder haben O-Beine, die sich etwa ab dem zweiten Lebensjahr in Richtung X-Beine entwickeln. Erst im Schuleintrittsalter wirkt die Beinachse optisch gerade. Hat ein Kind trotzdem noch O-Beine, dann wird der Kinderarzt zu einem Besuch beim Kinderorthopäden raten. Denn es gibt die Möglichkeit, die Beine dazu zu zwingen, gerade zu wachsen. Dies ist allerdings mit einer Operation beider Beine verbunden. Eine Entscheidung, zu der sich Andrea Westmann, Mutter der elfjährigen Nina, nur schwer durchringen konnte.

"Du musst etwas unternehmen!" Ständig lag Andreas Mutter ihr in den Ohren. Dass der Kinderarzt gesagt hatte, das verwachse sich, ließ die Großmutter nicht gelten. "Da kann mir der Arzt erzählen, was er will: Die Kleine läuft komisch und damit basta!" war ihr gängiger Spruch. Und tatsächlich: Ninas Beine wurden nicht gerade, ihr Gang immer auffälliger. "So ein Wackeln aus der Hüfte heraus, wie ein schwankender Fußballer", erinnert sich Mutter Andrea.

Fehlentscheidung des Arztes

Als sich mit sieben Jahren Ninas Gangbild immer noch nicht verbesserte, setzte sich die Oma durch. Eine Odyssee durch die Arztpraxen begann. "Jeder hat mir etwas anderes erzählt", so Andrea Westmann. "Aber der Grundtenor war immer der Gleiche: Abwarten." Mit acht Jahren bekam Nina Einlegesohlen, bei denen sich der selbe Arzt ein Jahr später laut fragte, wer denn so etwas verordnet habe. "Nina war total frustriert. Da trägt sie die Dinger brav, in der Hoffnung, dass es besser wird und die anderen Kinder sie nicht mehr hänseln, und dann das. Noch dazu vor dem Kind. Ich war echt sprachlos."

Die klobigen Schuhe im Gebüsch versteckt

Andrea nahm die Sache nun selbst in die Hand - immer die Worte ihrer inzwischen verstorbenen Mutter im Ohr. Sie ging mit dem Mädchen in eine für ihre orthopädischen Erfolge bekannte Klinik. Dort riet man zu Spezialsohlen, die die Muskulatur stärken und damit für einen Ausgleich sorgen sollten. Ähnlich wie eine Schuhaußenranderhöhung das Wachstum und die Veränderung der Belastung beeinflussen können. Wieder (er)trug das Kind tapfer die teilweise schmerzhafte Prozedur. Immerhin schien sie zu wirken, das Gangbild verbesserte sich.

Nina war inzwischen zehn Jahre alt, die anderen Mädchen trugen coole Chucks, sie selbst klobige Schuhe mit hässlichen Sohlen. Irgendwann weigerte sie sich. "Es war heiß draußen, alle liefen in Flip-Flops rum und ich hatte echt keinen Bock mehr auf diese Sohlen. Da habe ich sie heimlich ausgezogen und im Gebüsch versteckt." Die Folgen zeigten sich schnell, denn Ninas Gang verschlechterte sich wieder. Experten sind sich inzwischen einig, dass konservative Maßnahmen langfristig wenig vielversprechend sind.

Fachmann rät von einer zu frühen Operation ab

Die Gründe für ausgeprägte O-Beine können vielfältig sein. "Ein Vitamin D-Mangel zum Beispiel. Das muss nicht bedeuten, dass die Mutter die Gabe früher vergessen oder verweigert hat, es kann sich hier auch um eine Resistenz handeln, die aber während des Wachstums noch leicht zu behandeln ist. Aber auch Durchblutungsstörungen, Verletzungen der Wachstumsfuge und im schlimmsten Fall ein Tumor können die Gründe sein. Das sollte man abklären lassen", erklärt Michael Benning, Facharzt für Kinderorthopädie und Mitglied des Deutschen Orthopädenverbandes. "Bei O-Beinen arbeitet man nach dem 'Wait-and-See-Prinzip'." Die sich heute abzeichnende Tendenz zu einer frühen Operation unterstützt Benning nicht. "Ich würde warten, bis ein Kind nur noch wenige Zentimeter zu erwartendes Wachstum hat. Man kann das ganz gut per Röntgenbild bestimmen."

Die Beine in die Gerade zwingen

Bei der Operation wird in der Regel eine sogenannte temporäre Hemiepiphyseodese vorgenommen. Das heißt, die Wachstumsfuge wird für eine gewisse Zeit einseitig mit einem Implantat verschlossen und das Wachstum damit gebremst. Beim nächsten Wachstumsschub wächst das Bein nur an einer Seite weiter - weil es nicht anders kann. Das Ziel ist eine gerade Beinachse. "Hier sind engmaschige Kontrollen nach der Operation ganz wichtig, denn sonst wird aus einem O- ganz schnell ein X-Bein."

Bei der Operation verwendet man als Implantat sogenannte Eight-Plates, die ihren Namen ihrer achtförmigen Form verdanken. Die Eight-Plates werden mit Schrauben am Knochen befestigt und reagieren auf das Knochenwachstum flexibel. Der Ärztliche Leiter der Abteilung Kinderorthopädie am Universitätsklinikum Freiburg nennt sie in einem Fachartikel eine "Revolution" für die operative Korrektur von kindlichen Deformitäten. Das Risiko einer dauerhaften Schädigung der Wachstumsfuge und damit eines endgültigen Wachstumsstillstands sei minimal. Eine mehrstündige Operation ist es trotzdem.

O-Beine können schmerzhafte Folgen haben

"Ich war ganz schön zerrissen", erzählt Ninas Mutter. "Auf der einen Seite wünscht man sich, das Problem würde sich doch noch von alleine lösen, auf der anderen Seite sieht man, wie das Kind leidet. Nina hat es erst im Nachhinein zugegeben, aber ich habe immer gesehen, dass ihr vor allem langes Laufen sehr schwergefallen ist." Kniegelenknahe Beinachsenfehlstellungen sind nämlich nicht nur ein kosmetisches Problem, sie können auch zu Schmerzen und Funktionseinbußen führen. "Wenn sich Beine wirklich wie bei Nina zum O-Bein entwickeln, dann hat das nämlich einen Verschleiß im Innenbereich des Kniegelenkes zur Folge", so Benning.

Ein Handeln in der Kindheit ist sinnvoll

Andrea entschied sich zunächst für regelmäßige Kontrollen im Krankenhaus. Und dann ging es ganz fix: Die entscheidende Wachstumsfuge begann sich überraschend schnell zu schließen. "Sie haben geschätzt noch vier Wochen Zeit. Wenn Sie jetzt nicht operieren lassen, dann kann es sein, dass ihr Kind schon in wenigen Jahren ziemliche Probleme mit dem Knie hat", so die behandelnde Ärztin. Das bestätigt auch Benning: "Wenn man den Zeitpunkt verpasst, dann kann es bereits fünf bis zehn Jahre später notwendig sein, die Beinachse zu korrigieren." Eine aufwendigere Operation, bei der man Knochen durchsägen beziehungsweise ein Knochenteil entfernen muss.

Sport ist bald wieder möglich

Nina hat die OP gut überstanden. Die Beine beginnen sich inzwischen langsam zu strecken. Auch die Schmerzen sind vergessen. "Nur das Einsetzen des Implantats ist schmerzhaft. Doch nach ein paar Tagen dürfen die Beine wieder belastet werden, schon nach vier Wochen ist sogar Sport kein Problem, abgesehen von Stauchbewegungen. Die Eight-Plates überbrücken ja kein Gelenk." Jetzt wartet die Familie gespannt das Ergebnis ab. Und immer wieder lacht man gemeinsam über die letzten Worte Ninas vor der Narkose: "Siehst du, Mama, jetzt sitzt die Oma auf ihrer Wolke und grinst. Hat sie ja doch wieder Recht gehabt."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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