Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.In vielen Fällen zahlt die Kasse Was bringen die Apps auf Rezept?
Was kann die Technik für die Gesundheit tun? Viel, finden unsere Kolumnisten Thomas Kurscheid und Gerd Wirtz. Sie erklären digitale Gesundheitsanwendungen.
In Sachen Digitalisierung im medizinischen Bereich galt Deutschland lange Zeit als rückschrittlich. Doch seit einigen Monaten bewegt sich etwas. Laut einer Studie der Unternehmensberatungsgesellschaft McKinsey und Company verdoppelte sich der Markt für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) im Jahr 2023 auf rund 125 Millionen Euro. Insgesamt wurden rund 14 Millionen Downloads der Top-40-Gesundheits-Apps gezählt.
Was steckt hinter den digitalen Gesundheitsanwendungen?
Es handelt sich um digitale Medizinprodukte wie Apps fürs Smartphone, Tablet, Laptop und PC. Sie können zur Erkennung, Überwachung oder Behandlung von Erkrankungen eingesetzt werden. Seit 2020 sind sie durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen und können auch von Ärzten und Psychotherapeuten verordnet werden.
Aktuell umfasst das offizielle DiGA-Verzeichnis 55 digitale Gesundheitsanwendungen aus den unterschiedlichsten Bereichen – von Kniebeschwerden über Reizdarm-Probleme, von Multiple Sklerose bis hin zu Adipositas, Diabetes, Rückenschmerzen, Schlafstörungen und Tinnitus.
Besonders häufig wird Menschen mit Depressionen, Burn-out oder Angststörungen DiGA verschrieben. Durchschnittlich ergeben sich für Krankenkassen Kosten von 593 Euro im ersten und 221 Euro im zweiten Jahr.
Wie sinnvoll sind DiGas?
- Besonders nützlich sind sie bei Menschen mit psychischen Erkrankungen. Aufgrund von Engpässen müssen sie oft sehr lange auf Arzttermine warten. Um diese Wartezeit bis zu einem Termin zu überbrücken, kann der Einsatz von Apps sinnvoll sein – und sich bei leichteren Fällen eventuell sogar als ausreichende Therapie entpuppen.
- Viele psychisch Erkrankte schätzen auch eine gewisse Anonymität. Gleiches gilt für Patienten mit schambehafteten medizinischen Problemen wie zum Beispiel starkem Übergewicht. In vielen Apps können sie sich zunächst im Chat austauschen.
- Und darüber hinaus: Untersuchungen zeigen, dass weniger als die Hälfte aller Therapien, die Ärzte verschreiben, durch die Patienten korrekt angewendet werden. Viele Therapien laufen also ins Leere. DiGAs können dabei helfen, Patienten an die Anweisungen von Ärzten zu erinnern und sie bei der korrekten Anwendung zu unterstützen.
Zur Person
Prof. Dr. Thomas Kurscheid ist Facharzt für Allgemeinmedizin sowie Ernährungs- und Sportmediziner mit eigener Praxis in Köln. Sein Spezialgebiet ist die Präventionsmedizin. Er ist bekannt als TV-Experte u. a. für WDR, ARD, RTL und Sat.1 sowie durch Bestseller wie "Mein bleib-gesund-Buch".
Zur Person
Gerd Wirtz ist Neurophysiologe, Medizin-Moderator und Experte für Digital Health, also Digitales im Gesundheitswesen. Sein Spezialgebiet ist die Zukunftsmedizin.
Gemeinsam mit Thomas Kurscheid und Volker Limmroth beantwortet er im Podcast "Gesund & Gesund" Ihre Fragen rund um ein besseres und längeres Leben.
Ist der Nutzen von DiGAs wissenschaftlich bewiesen?
Die Versorgung mithilfe von DiGAs erfolgt ausschließlich auf Basis wissenschaftlicher Evidenz. Alle Hersteller der bislang zugelassenen Produkte haben in entsprechenden Studien nachgewiesen, dass ihre Produkte eine positive Wirkung haben.
Sie haben belegt, dass sie tatsächlich zu einer Verbesserung der Versorgung beitragen und ihre Anwendung für Patienten sicher ist. Die Zulassung erfolgt über einen Antrag beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Wie komme ich an die DiGAs?
- Sie können sich diese von Ihrem Arzt oder Psychotherapeuten verordnen lassen. Auf dem gängigen Rezept stehen dann beispielsweise statt des Arzneimittelnamens der Name der digitalen Gesundheitsanwendung und ihre Anwendungszeit. Bei manchen Anwendungen muss eine zusätzliche Ausstattung, wie zum Beispiel ein Pulsmesser, in die Verordnung eingeschlossen werden. Das Rezept reichen Sie bei Ihrer Kasse in.
- Zweite Möglichkeit: Sie beantragen sie direkt bei der Krankenkasse. Dazu suchen Sie die gewünschte App im DiGA-Verzeichnis (unter diga.bfarm.de) heraus. Zusammen mit Ihrem Arztbrief mit Ihrer persönlichen Diagnose übermitteln Sie dann den Namen der entsprechenden App an die Kasse.
Die Krankenkassen übernehmen die Kosten, wenn eine medizinische Notwendigkeit besteht und keine gesundheitlichen Gründe gegen die Nutzung der App sprechen. - Bewilligt die Krankenkasse die Kostenübernahme, erhalten die Patienten in der Regel einen Freischalt-Code, mit dem die App dann kostenfrei im App Store heruntergeladen und genutzt werden kann.
Taugen auch kostenlose Gesundheits-Apps etwas?
Kostenlose Gesundheits-Apps können durchaus einen Nutzen haben. Um sicherzugehen, sollte man vor der Erstnutzung einen Blick auf das Angebot des "Aktionsbündnis Patientensicherheit" werfen. Dort ist eine umfangreiche Checkliste für die Nutzung von Gesundheits-Apps mit weiteren wichtigen Hinweisen und Informationen zu finden.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Podcast "Gesund & Gesund"