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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fitness Stramme Muskeln für die Manneskraft
Just do it - das gilt im Sportstudio wie im Bett. Dumm nur, wenn sich nichts tut und die Party aufhört, bevor sie anfängt. Viagra, Operation oder Psychotherapie werden Männern mit Erektionsproblemen schnell empfohlen. Doch in vielen Fällen wirkt das richtige Training wahre Wunder. Das haben Wissenschaftler in seriösen Studien herausgefunden.
Wenn nichts mehr geht, lautet die Diagnose häufig "Venöses Leck". Bedeutet: Der Verschluss-Mechanismus der Venen funktioniert nicht mehr. Normalerweise drücken die Schwellkörper bei einer Erektion die Venen ab, das Blut kann aus dem besten Stück nicht mehr abfließen. Diesen Stau findet Mann richtig gut, denn damit kann's losgehen. Doch bei vielen (nicht nur älteren) Männern verschließen die Schwellkörper die Venen nicht mehr ausreichend. Hier setzen Urologen und Andrologen mit der Trainingstherapie an. Mit gezielten Fitness-Übungen des Beckenbodens lässt sich Standfestigkeit trainieren. Das Interessante daran: Keine Chemie, keine Nebenwirkungen, keine Kosten.
Der Pipi-Interruptus
Zunächst muss Mann ein Gefühl für die Muskeln entwickeln. Doch es gibt eine Technik, um die richtigen Muskeln zu identifizieren: Beim Pinkeln versucht man, den Urinstrahl ohne Einsatz der Hände möglichst vollständig zu unterbrechen. Dabei kommen die Beckenbodenmuskeln zum Einsatz. Bei ihnen setzt das Training an. >>
Eine Übung geht etwa so: Man legt sich auf den Rücken und winkelt die Beine an. Eine Hand liegt auf dem Bauch, die andere am Hintern. Nun durch die Nase einatmen. Der Bauch wölbt sich, der Rücken bewegt sich ins Hohlkreuz, der Beckenboden entspannt sich. Ausatmen. Dabei drückt man das Kreuz so flach wie möglich zum Boden. Bauch- und Gesäßmuskeln bleiben aber locker, während die Beckenbodenmuskeln etwa zehn Sekunden lang gespannt bleiben. Warum das Training die Erektionsfähigkeit so drastisch verbessert, haben aber auch die Wissenschaftler noch nicht endgültig klären können. Doch das Ergebnis steht.
Bereits 1993 testeten die belgischen Wissenschaftler Claes und Baert in einer Studie mit 150 Teilnehmern, ob mehr Bewegung der Muskeln am Hinterteil zu mehr Standfestigkeit an der Vorderseite führt. Es klappte. Nach vier Monaten Training mit einem Physiotherapeuten hob sich bei immerhin 42 Prozent der Männer nicht nur der Daumen. >>
Eine weitere Studie wurde im Jahr 2005 in Großbritannien mit 55 Teilnehmern am Somerset Nuffield Hospital mit der Universität Bristol unternommen. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen geteilt. Die Männer der ersten Gruppe trainierten den Beckenboden und erhielten eine Beratung für einen gesünderen Lebensstil. Die zweite Gruppe trieb keinen Sport, sondern erhielt nur die identische Beratung. Drei Monate später befragten die Wissenschaftler ihre Probanden. Mit überraschendem Ergebnis: Der gesunde Lifestyle hatte kein einziges standfestes Argument geliefert, die Schranke zwischen den Beinen blieb bei allen Teilnehmern der Gruppe geschlossen.
Von da an erhielten sie auch Beckenboden-Training. Weitere drei Monate vergingen – und siehe da: Nun erfreuten sich 40 Prozent aller Teilnehmer an einer ganz normal funktionierenden Erektion, bei 35,5 Prozent hatte sich die Standfestigkeit verbessert. Nur 24,5 Prozent ging mit nicht nur hängenden Ohren nach Hause. Bei ihnen hatte sich nichts verändert. "Diese Studie belegt eindeutig, dass Beckenboden-Übungen der erste wichtige Schritt zum langfristigen Beheben von Errektionsproblemen sind", kommentiert die Versuchsleitung das Ergebnis.
In Deutschland hat Frank Sommer, Professor für Männergesundheit an der Hamburger Uniklinik Eppendorf, das Problem im Jahr Sommer 2004 mit 124 Männern erkundet. Die Teilnehmer, denen alle ein leichtes bis mittelschweres Leck der Venen diagnostiziert wurde, teilte der Wissenschaftler per Zufall in drei Gruppen auf. Die erste Gruppe trainierte mit einer von ihm entwickelten, speziellen Beckenbodengymnastik, die zweite Gruppe nahm Viagra vor dem Sex.
Besser als Viagra
Die übrigen Männer bekamen für den Spaß im Bett nur ein Placebo. Nach vier Monaten hatten 80 Prozent der trainierenden Männer eine deutlich verbesserte Erektionsfähigkeit – und das funktionierte sogar besser als Viagra. Denn in dieser Gruppe hatten nur 74 Prozent richtig Spaß zu zweit. Für die Teilnehmer mit Placebo ging es dagegen traurig aus: Nur 18 Prozent von ihnen brachten ihre Rakete wieder auf die Startrampe. >>
In Professor Sommers Studie half neben seinem Training aber auch genug Schlaf, kein Nikotin und wenig Bier: "Grundsätzlich kann man sagen, dass ein gesunder Lebensstil Erektionsstörungen vorbeugt", resümiert er und fügt hinzu: "Im Hinblick auf sexuelle Aktivität empfiehlt sich der Hinweis: 'Use it or loose it'."
Beckenboden-Training auch nach Prostata-OP
Doch nicht jedem Mann können die Übungen helfen. Aussichtslos sei das Beckenboden-Training bei Erektionsstörungen, die etwa durch Nervenschädigungen oder psychische Ursachen bedingt seien, warnt die renommierte belgische Wissenschaftlerin Marijke Van Kampen von der Universität Leuven. Sie forscht seit Jahren zu diesem Thema. Doch selbst nach einer Prostata-Operation könnten Männer, die regelmäßig Beckenboden-Übungen machen, wieder viel Spaß am Sex haben, fand sie 2015 heraus.
Die Übungen zum Steigern der Potenz finden Sie auch in unserer Fotoshow.
Und sollten Sie das gegenteilige Problem haben, dass Ihre Rakete zu früh startet, finden Sie hier Tipps, um einen vorzeitigen Samenerguss zu verhindern.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.