Auch im nächsten Jahr Stadtwerke rechnen mit starken Preiserhöhungen und Zahlungsausfällen
Die explodierenden Gaspreise zwingen die Stadtwerke zu Preiserhöhungen. Schon jetzt wird mit Zahlungsausfällen der Verbraucherinnen und Verbraucher gerechnet.
Die Stadtwerke rechnen mit deutlichen Preisaufschlägen für Verbraucherinnen und Verbraucher. "Die Preissteigerungen betragen derzeit häufig zwischen 30 und 60 Prozent. Es gibt aber auch Stadtwerke, die ihre Preise mehr als verdoppeln müssen.
Teilweise mehr", sagt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), den Zeitungen Funke Mediengruppe. "Auch im kommenden Jahr wird mit Preiserhöhungen zu rechnen sein, da die Stadtwerke langfristig Gas beschaffen."
Verbraucher sollten sich auf Lieferstopp einstellen
Derzeit werde noch Gas eingesetzt, dass vor einem oder vor zwei Jahren zu günstigeren Konditionen eingekauft worden sei. "Und wenn wir auf die Börse schauen, dann kommen wir von unter 20 Euro pro Megawattstunde zu Beginn des vergangenen Jahres und liegen jetzt bei mehr als 300 Euro pro Megawattstunde. Solche Preise schlagen sich mittelfristig in der Preisbildung für die Endkunden nieder."
Künftige Preissteigerungen würden auch davon abhängen, ob es zu weiteren Lieferunterbrechungen von russischer Energie komme. Das Herunterfahren von Nord Stream 1 seit Mittwoch ist Liebings Ansicht nach ausschließlich politisch motiviert. Man sei gut beraten, sich auf eine "dauerhafte Reduzierung der Lieferungen auf null vorzubereiten."
Zahlungsausfälle erwartet
Angesichts der hohen Belastungen durch die Energiekrise und die Inflation stellen sich die Stadtwerke auf eine stark steigende Zahl von Zahlungsausfällen seitens der Kundinnen und Kunden ein.
"Bisher lagen die Zahlungsausfälle unter einem Prozent. Jetzt preisen viele Stadtwerke schon bis zu acht Prozent an Verlusten ein. Es gibt aber auch Stadtwerke, die mit bis zu 15 Prozent Forderungsausfällen kalkulieren. Das wird dann bedrohlich", sagt Liebing.
Forderung: Einkommensgrenzen für Sozialleistungen erhöhen
Liebing fordert ein Insolvenzantragsmoratorium für Energieversorger. Zudem brauche es noch im Herbst Entlastungen. Konkret schlägt Liebing vor, die Mehrwertsteuer nicht nur für Gas, sondern auch für Strom und Wärme auf sieben oder fünf Prozent zu senken und die Stromsteuer auf das zulässige Mindestmaß zu reduzieren.
Zudem müsse gezielt denjenigen geholfen werden, die knapp oberhalb des Transferbezuges lägen. "Die bewährten Instrumente wie das Wohngeld und Heizkostenzuschüsse müssen genutzt werden. Die Einkommensgrenzen sollten dabei erhöht werden, um den Empfängerkreis zu weiten."
Strom wieder mit AKW herstellen
Angesichts der gravierenden Energiekrise hält es die Wirtschaftsweise Veronika Grimm für notwendig, dass die drei noch am Netz verbliebenen Atomkraftwerke bis mindestens 2030 weiter laufen. Außerdem müssen die drei zuletzt stillgelegten AKW aus Sicht der Expertin wieder reaktiviert werden.
"Kurzfristig muss die Laufzeit der drei verbliebenen Atomkraftwerke verlängert und es sollte auch geprüft werden, ob die drei zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke wieder ans Netz gebracht werden können", sagt Grimm zu der Zeitung "Bild" am Mittwoch.
Sie forderte die Bundesregierung dazu auf, nun "gleichzeitig Rahmenbedingungen schaffen, um den Bau neuer Gaskraftwerke anzustoßen, die schnellstmöglich Kohle- und Atomkraft ablösen und ab 2030 dann mit Wasserstoff betrieben werden". Um den Energiebedarf zu decken, seien zusätzlich Gaskraftwerks-Kapazitäten von bis zu 30 Gigawatt nötig, so Grimm.
- Nachrichtenagentur Reuters