Nutzen gut abwägen Diese Zusatzversicherungen sind unnötig
Chefarztbehandlung, Krankentagegeld, Zahnersatz – Kassenpatienten können sich mit privaten Versicherungen zusätzlich absichern. Aber wie sinnvoll ist das?
Für ein Einzelzimmer im Krankenhaus oder eine Behandlung beim Heilpraktiker müssen Kassenpatienten häufig extra zahlen. Das gilt auch bei Zahnersatz oder Brillen. Eine passende Krankenzusatzversicherung – kurz einfach Zusatzversicherung genannt – kann solche Kosten senken. Doch lohnt sich so eine Versicherung auch?
Wir erklären, woran Sie die Antwort für sich persönlich festmachen, welche Krankenzusatzversicherungen es überhaupt gibt und worauf Sie beim Abschluss unbedingt achten sollten.
Was übernimmt eine Zusatzversicherung?
Ganz generell sind Krankenzusatzversicherungen dafür gedacht, Versorgungslücken zu schließen. Die treten vor allem bei gesetzlich Versicherten auf, weil die gesetzlichen Krankenkassen laut Sozialgesetzbuch "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten" dürfen. Aber auch manch private Krankenversicherung deckt nicht jede Leistung ab.
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Je nach Ihrer individuellen Situation kann es daher sinnvoll sein, eine private Zusatzpolice abzuschließen. Allerdings sollten Sie sich vorher unbedingt fragen, ob der Schutz wirklich nötig ist – andernfalls geben Sie nur unnötig Geld aus.
Es gibt ein breites Spektrum an Zusatzversicherungen. Dazu gehören:
- Auslandsreisekrankenversicherung
- Krankenhauszusatzversicherung
- Krankenhaustagegeldversicherung
- Krankentagegeldversicherung
- Ambulante Zusatzversicherung
- Zahnzusatzversicherung
- Heilpraktikerzusatzversicherung
- Brillenzusatzversicherung
- Vorsorgeversicherung
In den folgenden Abschnitten zeigen wir Ihnen, was die verschiedenen Versicherungen leisten, welche wirklich sinnvoll sind – und welche bloß Luxus.
Diese Zusatzversicherungen sind sinnvoll
Auslandsreisekrankenversicherung
Eine Auslandsreisekrankenversicherung ist tatsächlich für jeden sinnvoll, der ins Ausland reist. Denn die Krankenkassen kommen nicht für alle Behandlungen im Ausland auf. Vor allem zahlen sie nicht den Rücktransport ins Heimland, auch wenn er medizinisch geboten ist.
Auch die Kosten für ambulante und stationäre Behandlungen sowie schmerzstillende Zahnbehandlungen müssen Sie oft selbst tragen. Das gilt auch für Reisen innerhalb der EU. Lesen Sie hier, ob Sie eine Reisekrankenversicherung von der Steuer absetzen können.
Krankentagegeldversicherung
Die Krankentagegeldversicherung kann durchaus Ihre wirtschaftliche Existenz sichern. Denn sie zahlt bei längerer Krankheit ein sogenanntes Tagegeld, um Ihren Einkommensverlust auszugleichen. Das ist vor allem für Selbstständige und Privatversicherte sinnvoll, die keinen Anspruch auf ein gesetzliches Krankengeld haben.
Krankengeld bekommen gesetzlich Versicherte, wenn sie länger als sechs Wochen krankgeschrieben sind. Das fällt jedoch deutlich niedriger aus als Ihr normales Nettogehalt. Reicht das nicht, um Ihre laufenden Kosten zu decken, ergibt eine Krankentagegeldpolice Sinn.
Allerdings: Bei Personen, deren Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze liegt, ist das ausgezahlte Krankengeld im Verhältnis niedriger. Denn laut Gesetz darf das Krankengeld insgesamt den monatlichen Nettoverdienst nicht übersteigen.
Zahnzusatzversicherung
Behandlungen beim Zahnarzt können ganz schön ins Geld gehen – vor allem wenn Sie Implantate, Kronen oder Brücken benötigen. Der gesetzliche Kassenzuschuss deckt die Kosten bei Weitem nicht ab. Unter Umständen kann deshalb eine private Zahnzusatzversicherung sinnvoll sein, die Ihnen die Kosten für Zahnersatz bis zu einer bestimmten Höchstgrenze erstattet.
Achten Sie aber unbedingt darauf, welche Leistungen der Tarif genau enthält. Generell sind Zahnzusatzversicherungen, die einen Großteil des Eigenanteils übernehmen, vergleichsweise teuer. Wollen Sie eine Versicherung für Kinder abschließen, sollte der Schutz auch kieferorthopädische Behandlungen abdecken. Lesen Sie hier mehr dazu, wann sich eine Zahnzusatzversicherung lohnt.
Diese Zusatzversicherungen sind unnötig
Krankenhauszusatzversicherung
Mit einer Zusatzversicherung fürs Krankenhaus sichern Sie sich Leistungen, die eigentlich nur Privatpatienten zustehen wie etwa die Behandlung durch die Chefärztin, Aufenthalt im Ein- oder Zweibettzimmer sowie Leistungen bei einer Kur oder Reha-Maßnahmen.
Auch die Klinik dürfen Sie mit einer solchen Versicherung selbst wählen – statt im nächstgelegenen Krankenhaus behandelt zu werden. Eine Privatklinik darf es aber nicht unbedingt sein. Viele private Versicherer übernehmen die Kosten nur, wenn Ihre gesetzliche Krankenkasse einen Vertrag mit der Privatklinik hat.
Bei Chefarztbehandlungen sollten Sie zudem bedenken, dass nicht alle privaten Zusatzversicherer die Honorare in unbegrenzter Höhe übernehmen. Erwischen Sie ein Krankenhaus mit überdurchschnittlich hohen Sätzen, müssen Sie diese Mehrkosten trotz Zusatzversicherung selbst tragen.
Ob sich eine Krankenhauszusatzversicherung für Sie lohnt, hängt also davon ab, ob Ihnen die erbrachten Leistungen allesamt wichtig sind und ob der Tarif wirklich alle Kosten deckt. Ist Ihnen zum Beispiel bloß wichtig, nicht in einem Mehrbettzimmer untergebracht zu werden, kommen Sie in der Regel günstiger weg, wenn Sie die Kosten dafür einfach selbst tragen, statt gleich eine komplette Zusatzversicherung abzuschließen.
Ob sich das wirklich lohnt, hängt aber vom Tarif und den in Anspruch genommenen Leistungen ab. Denn wenn Sie letztlich mehr Geld pro Monat für die Beiträge zahlen als Sie durch Erstattungen wieder hereinbekommen, ergibt eine solche Zusatzversicherung keinen Sinn.
Beachten Sie auch: Damit Sie die ambulante Zusatzversicherung abschließen können, müssen Sie bei Ihrer gesetzlichen Krankenkasse in der Regel das sogenannte Kostenerstattungsverfahren gewählt haben. Das bedeutet, Sie zahlen Behandlungskosten zunächst immer selbst, die Kasse erstattet sie Ihnen später.
Ambulante Zusatzversicherung
Diese Versicherung ist sozusagen das Pendant zur Krankenhauszusatzversicherung – nur für die ambulante Behandlung. Sie übernimmt also die Kosten, wenn Kassenpatienten wie Privatpatienten behandelt werden wollen. Darunter werden meist verschiedene Zusatzversicherungen zusammengefasst: etwa Heilpraktikerzusatz-, Brillenzusatz- und Vorsorgeversicherungen.
Krankenhaustagegeldversicherung
Die Krankenhaustagegeldversicherung springt bei einem Klinikaufenthalt ein. Sie zahlt Ihnen einen bestimmten Betrag pro Tag, den Sie nutzen können, um weitere Kosten zu tragen – etwa für Fernseh- oder Telefongebühren. Da diese Kosten eher niedrig sein dürften, können Sie auf eine Krankenhaustagegeldversicherung gut verzichten. Erhalten Sie Leistungen, die Ihre gesetzliche Krankenkasse nicht voll zahlt, wird ein Eigenanteil fällig. Diesen übernimmt dann die private ambulante Zusatzversicherung.
Brillenversicherung
Im Gegensatz zu den gesetzlichen Krankenkassen, die sich bei Erwachsenen nur dann an den Kosten für Brillen oder Kontaktlinsen beteiligen, wenn Ihre Sehbehinderung stark ist, erstattet eine Brillenzusatzversicherung die Hilfsmittel für jeden ihrer Kunden – allerdings nur bis zu einem jährlichen Höchstbetrag.
Erstattungsfähig sind die Kosten für:
- Brillen
- Kontaktlinsen
- Sonnenbrillen mit Sehstärke
- Augenlaser-Operationen (Lasik)
Für die meisten Menschen lohnt sich eine Brillenzusatzversicherung eher nicht. Schließlich brauchen Sie nicht jedes Jahr eine neue Brille. In der Regel ist es günstiger, einfach Geld beiseite zu legen, statt monatlich Beiträge zu zahlen und dann nur einen Teil der Kosten erstattet zu bekommen.
Heilpraktikerzusatzversicherung
Eine Heilpraktikerzusatzversicherung springt ein, wenn Sie Therapien der Alternativmedizin bei einem Heilpraktiker oder einer Ärztin für Naturheilverfahren in Anspruch nehmen wollen. Sie erstattet in der Regel einen festgelegten Anteil der Kosten bis zu einem jährlichen Höchstbetrag. Zu den bezuschussten alternativen Heilmethoden zählen je nach Tarif:
- Osteopathie
- Homöopathie
- Akupunktur
- Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
Bevor Sie eine solche Versicherung abschließen, sollten Sie prüfen, ob Ihre gesetzliche Krankenkasse tatsächlich nicht zahlt. Viele Kassen übernehmen inzwischen manche Kosten als freiwillige Zusatzleistung – etwa für Osteopathie und Homöopathie.
Vorsorgeversicherung
Präventionsmaßnahmen wie Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen helfen Ihnen, länger gesund zu bleiben. Eine Vorsorgeversicherung übernimmt zum Beispiel die Kosten für:
- erweiterte Krebsvorsorge
- Schlaganfallvorsorge
- Kinder- und Jugendvorsorge
- Schwangerschaftsvorsorge
- Impfung gegen Grippe (Influenza)
- Impfung gegen Hepatitis A/B
- Impfung gegen Gelbfieber
- Malaria-Prophylaxe
Allerdings zahlen auch viele gesetzliche Krankenversicherungen zumindest manche dieser Leistungen. Schauen Sie deshalb vorher genau in Ihren Tarif, bevor Sie sich doppelt versichern, und überlegen Sie, welche dieser Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen Sie überhaupt in Anspruch nehmen würden.
Die folgende Tabelle gibt Ihnen noch mal einen Überblick, was welche Versicherung zahlt und was wirklich nötig ist:
Worauf sollte ich vor Abschluss achten?
Verbraucher sollten bei Zusatzversicherungen immer Kosten und Nutzen abwägen. Welche Leistungen sind wirklich nötig? Und lohnt es sich, diese über eine Zusatzversicherung abzurechnen, oder könnten Sie sie günstiger selbst ansparen? Ist die Leistung tatsächlich von Nutzen und nehmen Sie sie auch in Anspruch, kann sich eine Zusatzversicherung lohnen.
Angebote vergleichen
Wichtig dabei: verschiedene Angebote einholen und vergleichen. Allgemein sollten Sie darauf achten, welche Leistungen und bis zu welcher Höhe erstattungsfähig sind. Außerdem sollten Sie sich die Versicherungs- und Tarifbedingungen ansehen. Für den Vergleich bieten sich Online-Vergleichsportale an.
Viele gesetzliche Krankenkassen kooperieren mit privaten Zusatzversicherern, die häufig mit speziellen Konditionen und Versicherungspaketen werben. Auch diese sollten Sie mit anderen Angeboten vergleichen. Wer sich zum Beispiel auf ein Zusatzversicherungspaket einlässt, das Heilpraktiker-Behandlungen beinhaltet, aber diese gar nicht nutzt, zahlt eventuell drauf.
Auf Wartezeiten achten
Auch das Kleingedruckte sollten Sie nicht außer Acht lassen: So sind Kinder nicht in jeder Zusatzversicherung mitversichert. Außerdem arbeiten viele Zusatzversicherungen mit Wartezeiten von bis zu zwölf Monaten. Das heißt: Fällt eine Behandlung in diese Wartezeit, bleiben Sie auf den Kosten sitzen, auch wenn Sie bereits Beiträge für die Versicherung zahlen. Zudem können Leistungen anfangs beschränkt oder nach Laufzeit des Versicherungsvertrags gestaffelt sein.
Insbesondere bei Zahnzusatzversicherungen sollten Verbraucher auf eventuelle Lücken im Versicherungsschutz achten. Ihnen sollte bewusst sein, wann Sie selbst einen Teil der Behandlungskosten tragen müssen.
Wer seinen Zusatzvertrag wieder loswerden möchte, kann ihn kündigen. Wichtig hierbei: Häufig wird eine Mindestvertragslaufzeit von bis zu drei Jahren vereinbart.
Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß beantworten
Vor dem Abschluss einer privaten Zusatzversicherung ist fast immer eine Gesundheitsprüfung erforderlich. Manche Auslandsreisekrankenversicherung ist davon ausgenommen. Wichtig dabei: Beantworten Sie die Fragen zu Ihrer Gesundheit ehrlich. Andernfalls kann Ihnen der Versicherer die Leistung verweigern oder den Vertrag sogar kündigen.
Vorerkrankungen können allerdings dazu führen, dass private Versicherer Sie gar nicht annehmen, Risikozuschläge verlangen oder bestimmte Leistungen komplett ausschließen.
Früh genug abschließen
Wer älter als 65 Jahre ist, wird von manchen Zusatzversicherungen nicht mehr aufgenommen. Das gilt häufig bei privatem Schutz fürs Krankenhaus. Zwar gibt es auch Anbieter, die auf Altersgrenzen verzichten, dann zahlen Ältere aber oft höhere Beiträge. Das gilt im Übrigen generell: Je älter Sie werden, desto teurer werden die Tarife, wenn Sie Versicherungen neu abschließen.
- Eigene Recherche
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- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa