Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Alterssicherungsbericht 2024 So gut geht es Deutschlands Rentnern wirklich
Immer wieder ist zu lesen, viele Bürger müssten im Alter mit niedrigen Renten auskommen. Doch die gesetzliche Rente ist nicht die einzige Alterseinkunft. Wie es insgesamt um die Einkommen älterer Menschen bestellt ist, zeigt ein Sonderbericht der Bundesregierung.
Die Beträge klingen nicht gerade üppig: Rund jeder Fünfte erhält nach mindestens 45 Versicherungsjahren weniger als 1.200 Euro gesetzliche Rente im Monat. Im Schnitt kommen diese besonders langjährig Versicherten auf 1.604 Euro. "Ein politischer Skandal", wetterte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht, die die Zahlen im Juli dieses Jahres bei der Ampelkoalition erfragt hatte.
Doch die Bezüge bei der gesetzlichen Rente allein geben noch keine Auskunft darüber, wie es wirklich um die finanzielle Situation der Rentner in Deutschland bestellt ist. Denn aus der Rentenhöhe lässt sich nicht auf die Höhe des Einkommens insgesamt schließen. Dazu zählen schließlich noch weitere Einkünfte – etwa aus privaten Renten- und Lebensversicherungen, aus Vermietung und Verpachtung, Zinserträgen oder Betriebsrenten.
Rentnergeneration "überwiegend gut abgesichert"
Ein differenzierteres Bild zeichnet der Alterssicherungsbericht, den die Bundesregierung alle vier Jahre neben dem jährlichen Bericht zur Entwicklung der Renten herausgibt. Die neueste Ausgabe stammt vom vergangenen Mittwoch und bilanziert: Die heutige Rentnergeneration sei "überwiegend gut abgesichert".
Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen von Paaren ab 65 Jahren liegt demnach bei monatlich 3.759 Euro. Bei alleinstehenden Männern seien es 2.213 Euro, alleinstehende Frauen hätten mit 1.858 Euro jedoch ein im Durchschnitt geringeres Einkommen. Die folgende Tabelle zeigt das monatliche Nettoeinkommen im Alter ab 65 Jahren nach Haushaltstyp:
Haushaltstyp | Deutschland | Alte Länder | Neue Länder |
---|---|---|---|
Paare | 3.759 Euro | 3.892 Euro | 3.181 Euro |
Alleinstehende Männer | 2.213 Euro | 2.299 Euro | 1.843 Euro |
Alleinstehende Frauen | 1.858 Euro | 1.863 Euro | 1.843 Euro |
Alterseinkommen trotz hoher Inflation real gestiegen
"Die Entwicklung der Alterseinkommen konnte in den letzten Jahren insgesamt mit der Preisentwicklung Schritt halten", heißt es im Bericht weiter. So liegen die Alterseinkommen um etwa 25 Prozent höher als 2019, dem Jahr des letzten Alterssicherungsberichts. Verglichen mit der Inflation, die mit etwa 17 Prozent ebenfalls stark gestiegen ist, ergibt sich im Schnitt ein realer Einkommenszuwachs von 8 Prozent. Als Gründe dafür nennt die Bundesregierung neben hohen Rentenanpassungen und mehr eigenen Altersbezügen von Frauen auch die Tatsache, dass inzwischen mehr Menschen im Alter weiterarbeiten.
So waren 2023 1,7 Millionen Menschen ab 65 Jahren erwerbstätig, in der Altersgruppe der 65- bis 69-Jährigen hat sich die Erwerbstätigenquote von knapp 5 Prozent im Jahr 2000 auf etwa 21 Prozent im Jahr 2023 mehr als vervierfacht. Der Anstieg ist dem Bericht zufolge nur zum Teil auf die steigende Regelaltersgrenze zurückzuführen. Auch der Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen für Frührentner seit Januar 2023 trage dazu bei (mehr dazu hier).
11 Prozent der Ruheständler arbeiten weiter
Im Durchschnitt gingen 13 Prozent der mindestens 65-Jährigen einer Erwerbstätigkeit nach. Männer taten das mit 17 Prozent etwas häufiger als Frauen mit 11 Prozent. Von jenen Senioren, die bereits eine Alterssicherungsleistung wie etwa die gesetzliche Rente beziehen, arbeiteten noch 11 Prozent. Dabei erzielten die erwerbstätigen Senioren insgesamt im Schnitt 2.188 Euro im Monat.
Sind ältere Menschen also zunehmend darauf angewiesen, weiter Arbeitslohn überwiesen zu bekommen? Die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung, die dem Alterssicherungsbericht zugrunde liegt, zeichnen ein anderes Bild.
Spaß am Job wichtigster Grund für Weiterarbeit
Demnach sind die wichtigsten Motive, die Menschen antreiben, im Ruhestand weiterzuarbeiten, Spaß an der Arbeit (27 Prozent), die Gewissheit, weiterhin eine Aufgabe zu haben (21 Prozent), und der Kontakt zu anderen Menschen (21 Prozent). Finanzieller Zwang wurde nur zu 14 Prozent genannt, weitere 13 Prozent entfielen auf die Kategorie, sich mit den zusätzlichen Einnahmen etwas mehr leisten zu können. Allerdings wird Finanznot als Grund umso bedeutsamer, je niedriger das Haushaltsnettoeinkommen der Senioren ausfällt.
Embed
Die am weitesten verbreitete Einkunftsart im Alter war – wenig überraschend: "Leistungen aus Alterssicherungssystemen". 93 Prozent der mindestens 65-Jährigen in Deutschland bezogen Anfang 2023 eine Rente, Pension oder sonstige Alterssicherung. Dabei war die gesetzliche Rentenversicherung mit knapp 70 Prozent aller Bruttoleistungen das wichtigste Alterssicherungssystem. Auf Platz zwei lag die Beamtenversorgung mit 19 Prozent, gefolgt von der betrieblichen Altersversorgung mit 10 Prozent.
Embed
Die Einkünfte aus gesetzlicher Rente, Pension und Co. beliefen sich im Schnitt für Paare auf monatlich 3.415 Euro und für Alleinstehende auf 1.921 Euro. Über zusätzliche Einkommen verfügten 62 Prozent der älteren Paare und 46 Prozent der älteren Alleinstehenden. Paare erzielten damit im Schnitt zusätzlich 2.101 Euro, Singles 968 Euro.
Die folgende Tabelle zeigt die durchschnittlichen monatlichen Zahlbeträge der Renten wegen Alters (vor Steuern) zum Stichtag 31. Dezember 2023:
Geschlecht | Deutschland | Alte Länder | Neue Länder |
---|---|---|---|
Männer | 1.338 Euro | 1.319 Euro | 1.418 Euro |
Frauen | 900 Euro | 822 Euro | 1.217 Euro |
Gesamt | 1.093 Euro | 1.042 Euro | 1.304 Euro |
Bei der Witwen- und Witwerrente zahlte die Deutsche Rentenversicherung zum Stichtag 31. Dezember 2023 folgende durchschnittlichen Nettorenten pro Monat (vor Steuern) aus:
Geschlecht | Deutschland | Alte Länder | Neue Länder |
---|---|---|---|
Männer | 414 Euro | 368 Euro | 537 Euro |
Frauen | 778 Euro | 761 Euro | 847 Euro |
Gesamt | 726 Euro | 710 Euro | 787 Euro |
Welche zusätzlichen Einkommen haben Senioren, um Leistungen aus den Alterssicherungssystemen aufzustocken? Neben dem bereits erwähnten Erwerbseinkommen hat der Alterssicherungsbericht folgende Zusatzeinkommen analysiert:
- Zinseinkünfte,
- Einkommen aus Vermietung und Verpachtung,
- Renten aus privaten Lebens- oder Rentenversicherungen,
- Einmalzahlungen,
- Transferleistungen.
Zinseinkünfte fallen vergleichsweise niedrig aus
Am weitesten verbreitet unter diesen zusätzlichen Einkommen waren die Zinseinkünfte. Rund 22 Prozent der Paare und 14 Prozent der Singles ab 65 Jahren konnten 2023 damit ihre Einnahmen steigern. Allerdings fielen die Beträge vergleichsweise niedrig aus. In den alten Bundesländern kassierten Paare monatlich 280 Euro an Zinsen, Singles 231 Euro. In den neuen Bundesländern waren die Werte niedriger: Dort erhielten Paare monatlich 134 Euro an Zinserträgen, Singles 119 Euro.
Immobilienbesitz ungleich verteilt
Miet- und Pachteinnahmen hatten immerhin 19 Prozent der älteren Paare und 10 Prozent der Alleinstehenden. Auffällig ist auch hier der Ost-West-Unterschied: Während 21 Prozent der Seniorenpaare im Westen Einkommen aus Vermietung und Verpachtung erzielten, waren es im Osten nur 10 Prozent. Bei den Singles verfügten in den alten Bundesländern 12 Prozent über diese Einkunftsart, in den neuen Bundesländern nur 5 Prozent.
Im gesamtdeutschen Durchschnitt erzielten Paare damit 1.030 Euro monatlich. Bei den alleinstehenden Beziehern waren es 794 Euro. Differenziert nach alten und neuen Ländern lagen die entsprechenden Beträge bei 1.082 und 849 Euro im Westen und 561 und 349 Euro im Osten.
Geringe Zahl an Versicherungsrenten
Deutlich weniger verbreitet waren private Lebens- oder Rentenversicherungen. Nur 11 Prozent der älteren Paare und 6 Prozent der Alleinstehenden erhielten diese Zusatzeinkunft. Das liege unter anderem daran, dass man sich die Leistung bei vielen Verträgen auch einmalig auszahlen lassen kann, statt eine lebenslange Rente zu kassieren. Die Bezüge kann man lediglich als kleines Zubrot sehen: So erhielten Paare im Westen durchschnittlich 307 Euro an privaten Renten, Singles 259 Euro monatlich. Im Osten bekamen Paare im Schnitt 168 Euro, Alleinstehende 137 Euro.
Gut zu wissen
Zu den privaten Rentenversicherungen zählen auch Riester-Verträge. Diese sind unter den aktuellen Senioren allerdings nicht weit verbreitet, da sie frühestens im Jahr 2002 abgeschlossen werden konnten.
Einmalzahlungen aus privaten Lebensversicherungen, betrieblicher Altersversorgung und Abfindungen von Renten- oder Pensionsansprüchen, wenn man wieder heiratet, hatten 2023 rund 13 Prozent der Menschen über 65 Jahre erhalten. Über alle Kapitalzahlungen hinweg kassierten Senioren im Schnitt 43.392 Euro. Im Westen lagen die Beträge mit durchschnittlich 46.705 Euro höher als im Osten mit 26.891 Euro.
Nur 2,9 Prozent der Altersrentner erhalten Grundsicherung
Jeder zehnte Alleinstehende unter den 65-Jährigen und Älteren bezog jedoch auch Transferleistungen. Dazu zählen Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Bürgergeld, Wohngeld, Kindergeld und Hilfe zum Lebensunterhalt. Bei den Paaren waren es nur 5 Prozent. Die Höhe dieser Leistungen lag im Schnitt bei 574 Euro für Paare und 456 Euro für Singles. Betrachtet man allein die Grundsicherung im Alter, waren darauf nur 3,9 Prozent der Menschen im Rentenalter angewiesen. Bei den Beziehern einer gesetzlichen Altersrente waren es sogar nur 2,9 Prozent.
- Alterssicherungsbericht 2024 der Bundesregierung
- Antwort der Bundesregierung an Sahra Wagenknecht, Chefin der nach ihr benannten Bundestagsgruppe BSW, von Juli 2024