Geldpolitik Inflation in der Euro-Zone erreicht Rekordwert von 8,6 Prozent
Die Energie- und Lebensmittelpreise im europäischen Raum steigen seit Monaten. Nun erreicht die Inflation 8,6 Prozent – eine Besserung ist nicht in Sicht.
Der massive Anstieg der Energiepreise hat die Inflation im Euroraum auf ein neues Rekordniveau getrieben. Die Verbraucherpreise zogen im Juni durchschnittlich um 8,6 Prozent binnen Jahresfrist an, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Damit wurden die Erwartungen von Volkswirten sogar noch übertroffen, die eine Inflationsrate von 8,4 Prozent prognostiziert hatten.
Im Mai hatte die Teuerung bereits bei 8,1 Prozent und im April bei 7,4 Prozent gelegen. Damit liegt die Inflation mittlerweile mehr als viermal so hoch wie die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB), die zwei Prozent Teuerung für die Wirtschaft als optimalen Wert ansteuert.
Die EZB hat wegen des anhaltenden Inflationsschubs die Zinswende in Aussicht gestellt. Nach Jahren der ultralockeren Geldpolitik sollen in diesem Monat die wichtigsten Zinssätze um jeweils 0,25 Prozentpunkte erhöht werden. Das wäre für die Währungshüter die erste Zinsanhebung seit 2011.
Stärkerer Zinsschritt in Aussicht
Die Euro-Notenbank hat zudem bereits weitere Schritte nach oben angekündigt. Manche Euro-Wächter erwarten bei der September-Sitzung dann eine stärkere Zinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte. Laut Eurostat kletterten im Juni die Preise für Energie zum Vorjahr um 41,9 Prozent, nach einem Preisschub von 39,1 Prozent im Mai. Die Preise für unverarbeitete Lebensmittel zogen im Juni um 11,1 Prozent an, Dienstleistungen verteuerten sich um 3,4 Prozent.
Die Preise erhöhten sich wie im Vormonat auf breiter Front. Dies zeigt die sogenannte Kernrate, bei der die schwankungsreichen Preise für Energie und unverarbeitete Lebensmittel herausgerechnet sind. Diese lag im Juni bei 4,6 Prozent. Im Mai hatte die Kernrate bei 4,4 Prozent gelegen.
Expertin: Lohn-Preis-Spirale droht
"Der Druck aus kriegs- und Covid-bedingten Einschränkungen könnte sich in den kommenden Monaten sogar noch weiter verstärken", sagt KFW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Einen schnellen Rückgang der Inflation sehe sie nicht und warnt vor einer Lohn-Preis-Spirale.
"Der Euroraum hat ein massives Inflationsproblem, das entschiedenes Handeln der EZB erfordert", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. "Sie sollte sich einen Ruck geben und die Zinsen auf der nächsten Sitzung im Juli nicht nur wie angekündigt um einen viertel Prozentpunkt, sondern um einen halben Prozentpunkt anheben."
- Nachrichtenagentur Reuters