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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Regionen im Vergleich Grundsteuer – auf den Hebesatz kommt es an
Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundsteuer gekippt. Nicht jedoch die Hebesätze, die in die Berechnung einfließen. Es gibt erhebliche lokale Unterschiede, die sich auch in den Mietnebenkosten niederschlagen.
Die Grundsteuer wird jeweils für ein Kalenderjahr festgesetzt und ist vierteljährlich zu entrichten. Dabei ist es egal, ob es sich um ein bebautes oder um ein unbebautes Grundstück handelt. Das für die Städte und Gemeinden entscheidende Element der Grundsteuer ist der Hebesatz, den diese individuell bestimmen können. Auch bei einer Neuregelung der Grundsteuer werden die Kommunen kaum auf diesen Hebel verzichten.
Aktuelle Berechnung der Grundsteuer: Für die Berechnung der Grundsteuer werden drei Aspekte herangezogen: Zuerst ermittelt der Fiskus den Einheitswert eines Grundstücks mit oder ohne Immobilie. Hinzu kommt der Grundsteuermessbetrag, der sich aus der Grundsteuermesszahl bezogen auf den Einheitswert berechnet. Die Grundsteuermesszahl variiert je nach Grundstücksart und Gemeindegröße zwischen 2,6 bis 10 Promille. Als letzte Komponente folgt der von den Gemeinden individuell festgesetzte Hebesatz, der die Grundsteuer nochmal erheblich steigern kann.
Neuregelung der Grundsteuer gefordert
Am 10. April 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht den Einheitswert als Bemessungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig – das heißt die seit 1964 in den alten und seit 1935 in den neuen Bundesländern geltenden Werte.
Das bedeutet jedoch nicht das Aus für die Grundsteuer. Den Gesetzgebern wurde bis Ende 2019 Zeit gegeben, eine Neuregelung zu finden. Aufgrund des Aufwandes dürfen zudem die alten Werte auch nach einer Neuregelung bis 2024 weiter genutzt werden.
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Hebesatz – das Steuerungselement der Gemeinden
Der Hebesatz, der letztlich die tatsächliche Höhe der Grundsteuer bestimmt, bleibt von der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht unberührt. Doch was ist das eigentlich und wie wirkt dieser auf die Grundsteuer?
Der Hebesatz ist das individuelle Steuerungselement der Gemeinden, mit dem der Grundsteuerbetrag noch einmal erheblich in die Höhe geschraubt werden kann. Im Bundesdurchschnitt liegt der Hebesatz bei 410 Prozent. Je nach Bundesland, Stadt oder Gemeinde können sich jedoch erhebliche Unterschiede ergeben. Dabei spielen die Größe der Kommune oder deren Einwohnerzahl keine bestimmende Rolle.
Die Spitzenposition hält die Gemeinde Nauheim in Hessen mit einem Hebesatz von 960 Prozent, gefolgt von Bergneustadt in Nordrhein-Westfalen mit 959 Prozent. Aber es gibt auch das andere Ende der Hebesatzskala: Zwölf Gemeinden verlangen gar kein Hebesatz, darunter gleich fünf in Rheinland-Pfalz oder vier in Schleswig-Holstein.
Eine Beispielrechnung:
Berlin | Hamburg | Potsdam | ||
---|---|---|---|---|
Einheitswert Grundstück | 50.000 € | 50.000 € | 50.000 € | |
x | Steuermesszahl | 3,5 ‰ | 3,5 ‰ | 3,5 ‰ |
= | Grundsteuermessbetrag | 175,00 € | 175,00 € | 175,00 € |
x | Hebesatz | 810 % | 540 % | 493 % |
= | Grundsteuer (Jahr) | 1.417,50 € | 945,00 € | 862,75 € |
Bei einem gleichwertigen Grundstück in den Städten Berlin, Hamburg oder Potsdam fällt die Grundsteuer aufgrund des Hebesatzes unterschiedlich hoch aus.
Hebesätze der Bundesländer im Vergleich
Bundesland | Hebesatz im Durchschnitt |
---|---|
Baden-Württemberg | 376 % |
Bayern | 379 % |
Berlin | 810 % |
Brandenburg | 379 % |
Bremen | 572 % |
Hamburg | 540 % |
Hessen | 333 % |
Mecklenburg-Vorpommern | 371 % |
Niedersachsen | 388 % |
Nordrhein-Westfalen | 444 % |
Rheinland-Pfalz | 343 % |
Saarland | 347 % |
Sachsen | 450 % |
Sachsen-Anhalt | 380 % |
Schleswig-Holstein | 336 % |
Thüringen | 346 % |
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Top-Five-Städte beim Hebesatz
Stadt | Hebesatz |
---|---|
Berlin | 810 % |
Bremen | 695 % |
Dresden | 635 % |
Schwerin | 630 % |
Hannover | 600 % |
Das Ende der bisherigen Grundsteuer – nicht des Hebesatzes
Die Kommunen sind auf die Einnahmen aus der Grundsteuer angewiesen. Knapp 14 Milliarden Euro fließen jährlich in die Gemeindekassen. Das entspricht rund 14 Prozent der kommunalen Steuereinnahmen. Ein Posten, auf den die Kommunen nicht verzichten wollen. Und künftig wohl auch nicht müssen.
Das Bundesverfassungsgericht hat bezüglich der Erfassung des Einheitswertes keine konkreten Reformvorgaben gemacht. Welche Auswirkungen eine Neuregelung auf Immobilienbesitzer und Mieter hat, hängt vom künftigen Modell ab. Wird die Grundsteuer künftig der realen Wertentwicklung von Häusern und Grundstücken angepasst und zugleich das bisherige Steueraufkommen beibehalten werden, müsste es zu Anpassungen bei den Zahlern der Grundsteuer kommen. Also den Grundeigentümern und in der Folge auch den Mietern kommen.
Es ist davon auszugehen, dass die Gemeinden weiterhin eine individuelle Gestaltungsmöglichkeit bei der Grundsteuer haben möchten. Das Ende des kommunalen Hebesatzes scheint noch lange nicht gekommen – in welchem Mantel dieser dann auch daherkommen mag.
- eigene Recherchen
- dpa
- AFP
- Reuters
- Homeday