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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Frag t-online Weniger Einspeisevergütung wegen Balkonkraftwerk – ist das erlaubt?

Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute: Warum sinkt die Einspeisevergütung einer Solaranlage, wenn zusätzlich ein Balkonkraftwerk installiert wird?
Ein Balkonkraftwerk ist schnell montiert, unkompliziert in der Anmeldung und dafür gedacht, die Geräte im eigenen Haushalt mit Strom zu versorgen. Doch was viele nicht wissen: Wer bereits eine größere Solaranlage betreibt und zusätzlich ein Balkonkraftwerk nutzt, kann bei der Einspeisevergütung Einbußen erleben. So geschehen bei einem t-online-Leser.
Beide Anlagen des Lesers sind technisch voneinander getrennt, hängen jedoch am selben Zählpunkt (s. Infokasten). Nun hat der Netzbetreiber die Einspeisevergütung pauschal um 15 Prozent gekürzt. Wie kann das sein?
Gut zu wissen
Auch wenn ein Balkonkraftwerk nur in die Steckdose gesteckt wird, speist es Strom ins Hausnetz ein. Dieses ist an denselben Stromzähler angeschlossen wie die große Photovoltaikanlage. Strom, der nicht im Haushalt verbraucht wird, gelangt so automatisch ins öffentliche Netz – und wird dort vom gemeinsamen Zähler erfasst. Deshalb gilt aus Sicht des Netzbetreibers: Beide Anlagen speisen über denselben Zähler ein bzw. hängen am selben Zählpunkt.
Zwei Anlagen, ein Zähler – das ist das Problem
Im geschilderten Fall greifen zwei Regelungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zusammen.
1. Gemeinsamer Netzanschluss:
§ 24 Absatz 3 EEG regelt, wie der eingespeiste Strom aufgeteilt wird, wenn mehrere Anlagen über denselben Zähler einspeisen. Weil sich nicht unterscheiden lässt, welcher Strom aus welcher Anlage stammt, wird die gesamte Einspeisemenge anteilig der Leistung der jeweiligen Anlagen zugerechnet. Wichtig: Das passiert auch, wenn das Balkonkraftwerk kaum oder keinen Strom ins Netz einspeist.
2. Keine Vergütung fürs Balkonkraftwerk:
§ 9 Absatz 3 EEG besagt: Wer sein Balkonkraftwerk vereinfacht anmeldet (also ohne Elektrofachkraft, Zählertausch oder kompliziertes Anmeldeverfahren), verzichtet automatisch auf eine Einspeisevergütung – auch dann, wenn technisch doch Strom ins Netz gelangt.
Konkret bedeutet das: Der Netzbetreiber darf den Anteil der Einspeisung, der rechnerisch dem Balkonkraftwerk zugeordnet wird, mit null Cent vergüten. Insgesamt muss er so weniger Geld an den Betreiber der Solaranlagen bezahlen. Beim Betroffenen wirkt dies wie eine "Kürzung" der Einspeisevergütung.
Beispielrechnung: So kommt es zur Kürzung
Angenommen, ein Hausbesitzer betreibt seit 2014 eine Solaranlage mit einer Leistung von 3,4 Kilowatt peak (kWp). Im Sommer 2024 kommt ein Balkonkraftwerk mit 0,6 kWp dazu – beide Anlagen speisen über denselben Zähler ein. An der Gesamtleistung von 4,0 kWp hat das Balkonkraftwerk einen Anteil von 15 Prozent (0,6 / 4,0 kWp). Diesen nicht vergüteten Anteil darf der Netzbetreiber von der gesamten Einspeisemenge abziehen. Faktisch kürzt er damit die Einspeisevergütung um 15 Prozent.
Was können Betroffene tun?
Wer sicherstellen möchte, dass wirklich nur der Strom aus der alten Hauptanlage vergütet wird, hat laut Experten zwei Möglichkeiten:
- Zweiten Zähler installieren lassen: So lässt sich die Einspeisung beider Anlagen technisch trennen – das verhindert die pauschale Aufteilung, ist aber teuer.
- Einspeisung des Balkonkraftwerks technisch auf null setzen: Auch das ist mit Zusatzkosten verbunden, etwa für Regler oder Energiemanagementsysteme.
In beiden Fällen gilt: Der Vorteil des vereinfachten Balkonkraftwerks geht dabei in weiten Teilen verloren.
Sonderfall: Batteriespeicher
Der t-online-Leser kann nachweisen, dass der sämtliche vom Balkonkraftwerk erzeugte Strom zwischengespeichert und vollständig im Haushalt verbraucht wird. In dem Falle kann es lohnend sein, sich mit dem Netzbetreiber in Verbindung zu setzen. Zwar gibt es bislang keine öffentlich dokumentierten Präzedenzfälle, doch in Online-Foren berichten einzelne Verbraucher, dass sie mit App-Daten und Speicherprotokollen eine Korrektur der Abrechnung vom Netzbetreiber erreichen konnten.
Fazit
Kürzt der Netzbetreiber pauschal die Einspeisevergütung, ist dies in vielen Fällen rechtlich zulässig. Wer vermeiden will, dass er weniger Geld für seinen eingespeisten Strom erhält, sollte sich vor der Installation eines Balkonkraftwerks beraten lassen – oder bei seinem Netzbetreiber nachfragen, wie dieser mit solchen Konstellationen umgeht.
- Eigene Recherche
- computerbild.de: "Einspeisevergütung für PV-Anlage sinkt durch Balkonkraftwerk – stimmt das?"
- Schriftliche Anfrage bei der Clearingstelle EEG KWKG
- Dieser Text wurde teilweise mit maschineller Unterstützung erstellt und redaktionell geprüft. Wir freuen uns über Hinweise an t-online@stroeer.de.