Künstliche Intelligenz und Börse Heidi Klum und das Glück der frühen Geburt
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Künstliche Intelligenz ist im Sommer 2024 am Aktienmarkt weiter das Top-Thema. Ob es eine Blase ist, weiß man im Zweifel erst dann, wenn sie geplatzt ist. Vielleicht schon bald?
Heidi Klum hat in ihrer Karriere viel Geschick bewiesen und profitiert vom Glück der frühen Geburt. Denn als sie 1992 bei Thomas Gottschalk in einer Show entdeckt wurde, waren Models nicht nur jung und attraktiv, sondern auch echt.
Künstliche Intelligenz machts möglich, dass dies 2024 ganz anders sein kann. Die Modekette Mango ersetzt nämlich für ihre Teenie-Linie "Sunset Dream" reale Models durch KI-generierte Versionen. Lediglich die Kleidungsstücke sind noch echt, per KI auf die künstliche Frau drapiert.
Entwicklung mit Risiken
KI findet also immer mehr Anwendung und man sieht zugleich, dass sie nicht immer extrem komplex daherkommen muss. Künstliche Models sind im Grunde nichts anderes als eine Weiterentwicklung der Computer-gestützten Möglichkeiten. Schon 2018 hat Mango begonnen, Künstliche Intelligenz in ihre Plattformen einzuarbeiten, bloß war es damals noch kein großes Börsenthema. Genau darin liegt aber das gegenwärtige Risiko. Die Tech-Aktien haben eine Menge zu bieten. "Man darf fragen, ob es genug ist, um die immensen Erwartungen Quartal für Quartal zu übertreffen", fragt Franz-Georg Wenner von Indexradar.
Zur Person
Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen ihn auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.
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Glorreiche Sieben schwächeln
Fabiana Fedeli von M&G Investments stellt fest, dass die Glorreichen Sieben, also die Aktien von Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet (Google), Facebook (Meta), Tesla und Nvidia, "seit 2023 im Fokus der Öffentlichkeit stehen und ihr Aufstieg unaufhaltsam schien". 2024 aber seien sie mit Nvidia auf einen einzigen Outperformer zurückgefallen.
"Im Jahr 2023 war Nvidia die fünftbeste Aktie weltweit, Meta lag auf Platz acht und Tesla auf Platz 49. Microsoft, Alphabet, Apple und Amazon schafften es nicht unter die Top 100", erinnert sich Fedeli. "Im zweiten Quartal 2024 befand sich Nvidia nur noch unter den Top 100, und zwar auf Platz 55."
Bei ETF-Anbietern wie Amundi waren Tech-ETFs und allen voran der Nasdaq natürlich über Gebühr gefragt. Wer ein solches Produkt erwarb, hatte im Grunde bis zum Juli 2024 allergrößte Kursfreude.
Sieben Billionen Dollar Verlust
Der Sommer bringt nun eine herausfordernde Phase. Denn "356 Tage hatte der S&P 500 ohne einen Tagesverlust von mehr als zwei Prozent überstanden", rechnet der Broker Robomarkets aus. Je stärker die Kurse auf der einen Seite übertreiben, desto kräftiger fallen in der Regel die Gegenbewegung aus, denn Märkte streben grundsätzlich immer nach ihrem Gleichgewicht.
So waren die Glorreichen Sieben mit ihrer KI-Fantasie lange Zeit die Treiber der Rallye und erweisen sich jetzt als Achillesferse des Marktes. Seit Mitte Juli haben die sieben Unternehmen rund zwei Billionen Dollar an Börsenwert verloren.
Gute Zahlen sind nicht mehr gut genug
Eigentlich waren die Zahlen von Tesla und Alphabet nicht so schlecht, um Abschläge von 13 beziehungsweise sechs Prozent zu rechtfertigen. Genauer gesagt waren sie nur nicht gut genug, um die hohen Erwartungen zu erfüllen. Und es zeigte sich, dass Tesla-Chef Musk, anders als zuletzt mit seinen großen Zukunftsvisionen (Stichwort Roboter-Taxi), Anleger nicht mehr aus der Reserve locken kann.
Jetzt zählen Fakten, nicht Versprechungen und teure Visionen. Der Markt will Gewinne und Ausblicke sehen, die über den Prognosen liegen. Das hat sich auch bei Alphabet gezeigt. Die Google-Mutter hat viel Geld in ihre KI-Infrastruktur investiert, aber die Gewinne sprudeln noch nicht. Stattdessen ist Geduld gefragt, eine Tugend, die nicht zum jüngsten KI-Hype an der Börse passt. Bis sich die Investitionen in KI auszahlen, könnte noch Zeit vergehen.
Oder liefern sie doch?
Starke Ergebnisse der Marktführer könnten die jüngsten Befürchtungen zerstreuen, einschließlich der Sorgen durch überhöhte Bewertungen. Wobei eine richtige Einordnung wichtig ist, um nicht die Orientierung zu verlieren. So wird für die Glorreichen Sieben eine Halbierung des starken Gewinnwachstums von rund 50 Prozent auf gut 20 Prozent prognostiziert. "Die übrigen 493 Mitglieder sollen dagegen erstmals seit Langem wieder ein Gewinnwachstum von gut vier Prozent aufweisen", so Robomarkets in der Auswertung.
In den nächsten Quartalen wird eine Angleichung erwartet, im ersten Quartal 2025 könnten die kleineren Titel sogar stärker wachsen als die Tech-Schwergewichte. Manche Anleger setzen dies schon um, wenn man die jüngsten Umsätze in den ETF-Kategorien beim Smartbroker betrachtet.
Künstliche Intelligenz wird weder bei Models noch am Aktienmarkt aufzuhalten sein. Die Entwicklung könnte statt exponentiell dann aber doch linear erfolgen und darauf wäre am Aktienmarkt nicht jeder vorbereitet.
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