FRANKFURT (dpa-AFX) - In der neuen Börsenwoche blicken Anleger skeptisch auf die letzten Tage von Joe Biden als US-Präsident. "Faktoren wie Inflation, Zölle und geopolitische Spannungen könnten immer wieder für Unruhe sorgen", schrieb der Portfoliomanager Martin Zurek von der Weberbank. "Die Unsicherheit über den künftigen geldpolitischen Kurs der Zentralbanken bleibt ein zentraler Risikofaktor und dürfte die Märkte weiterhin in Bewegung halten", ergänzte er. "Die Volatilität an den Finanzmärkten wird zunehmen", glauben auch die Experten der Bank J. Safra Sarasin.
"Der Start ins neue Jahr ist zwar geglückt, die Stimmung unter den Anlegern hat sich jedoch verschlechtert", zogen die Experten der LBBW ein erstes Fazit vom noch jungen Börsenjahr 2025. Spekulationen rund um die Zollpolitik des designierten US-Präsidenten Donald Trump hatten die Stimmung der Anleger in den vergangenen Tagen schon beeinflusst und dies dürfte in den kommenden Tagen erst recht so bleiben. Denn laut Zurek wird dessen unberechenbare Handelspolitik den geldpolitischen Spielraum beeinflussen.
Bevor Trump am Montag, dem 20. Januar ins Weiße Haus zurückkehrt, dürften in den kommenden Tagen die Spekulationen über seine ersten Amtshandlungen weitergehen. Aus seiner ersten Amtszeit wirkt die Erkenntnis nach, dass sie nicht lange auf sich warten lassen. "Die Wirtschaftspolitik des designierten US-Präsidenten, geprägt durch Zölle und Steuersenkungen, könnte das Wachstum in den USA fördern, birgt jedoch das Risiko einer beschleunigten Inflation", so Weberbank-Experte Zurek.
In Trumps letzter Amtszeit von 2017 bis 2021 waren die Börsen gut gelaufen: Der Dax hatte in dieser Zeit mehr als 2000 Punkte gewonnen, obwohl die Corona-Pandemie zwischenzeitlich für einen Einbruch gesorgt hatte. An den US-Börsen war es ebenfalls deutlich hinauf gegangen. Ob sich dies so wiederholen kann, ist strittig.
"Die neue Regierung wird eine Wirtschaft übernehmen, die sich stark von der unterscheidet, die Trump in seiner ersten Amtszeit aufgebaut hat", hieß es hierzu von J. Safra Sarasin. Die Finanzmärkte würden dieses Mal wahrscheinlich weniger tolerant gegenüber Maßnahmen sein, die möglicherweise die Inflation und die Haushaltsdefizite in die Höhe trieben. Laut Deka-Bank-Chefvolkswirt Ulrich Kater macht sich bei Marktteilnehmern zunehmend eine Müdigkeit gegenüber Trumps Kommunikationsstil breit. Seiner Einschätzung nach könnte dessen Glaubwürdigkeit an den Kapitalmärkten darunter leiden.
Was den Spielraum der großen Notenbanken für weitere, von Anlegern erhoffte Zinssenkungen betrifft, wird es in den kommenden Tagen wichtige Wirtschaftsindikatoren geben, nachdem am Freitag der Jobbericht ein starkes Bild für die US-Wirtschaft zeichnete. Dazu zählen der Verbraucherpreisindex und die Einzelhandelsumsätze, die in den USA am Mittwoch und Donnerstag auf der Agenda stehen. "Insgesamt lässt eine klare Entspannung bei der US-Inflation wahrscheinlich weiter auf sich warten", kommentierte Thorsten Weinelt von der Commerzbank. Aber auch in Europa werden Inflationszahlen im Laufe der Woche zu den Daten-Höhepunkten zählen.
Auf Unternehmensseite wird in den USA die Berichtssaison eingeläutet. Am Mittwoch fällt diese Aufgabe mit JPMorgan, Wells Fargo, Goldman Sachs und Citigroup erneut den großen Banken zu. Bank of America und Morgan Stanley runden am Tag danach die Wochenagenda ab. Für den internationalen Chipsektor könnten am Donnerstag auch die Resultate von TSMC aus Taiwan von Bedeutung sein. Umsatzzahlen hat der Konzerns bereits vorgelegt.
Geht es nach dem Commerzbank-Anlagestrategen Weinelt, könnte die Berichtssaison vor der Trump-Rückkehr in der neuen Woche der wichtigste Trendsetter werden. Er rechnet mit Rückenwind durch die anstehenden Unternehmensberichte. "Wir gehen davon aus, dass die US-Gewinnsaison in den kommenden Wochen positive Akzente setzen sollte, da sich die Konjunktur in den USA weiterhin sehr robust entwickelt hat."
Etwas skeptischer blickt Weinelt nach Europa, wo die Saison erst später in Fahrt kommt. Seiner Meinung nach zeichnet sich 2025 ein ähnliches Bild wie im Vorjahr ab. "Die Unternehmensgewinne in Europa dürften deutlich schwächer wachsen als in den USA, sodass wir erneut eine unterdurchschnittliche Entwicklung europäischer Aktien erwarten", so Weinelt./tih/ajx/he
--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---
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