FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Radar-Hersteller Hensoldt will angesichts der hohen Nachfrage nach Rüstungsgütern personell weiter kräftig aufstocken. Im laufenden Jahr plane der Rüstungselektronik-Spezialist rund 1.000 neue Mitarbeiter einzustellen, erklärte Hensoldt-Chef Oliver Dörre am Dienstagabend beim Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW). Vor allem IT-Angestellte spielten in der Branche eine immer größere Rolle. "Daten sind aus meiner Sicht so wichtig wie Munition", sagte Dörre. Schon jetzt seien 60 bis 70 Prozent der Ingenieure bei Hensoldt Software-Ingenieure.
Für entscheidend hält der Manager den engen Kontakt zur Autoindustrie. Hensoldt übernehme derzeit ganze Teams des Zulieferers Continental. "Wir kriegen die Fachkräfte", betonte Dörre. Es sei allerdings eine große Herausforderung, sie ins Arbeiten zu bringen und mit den für die Rüstungsbranche nötigen Fähigkeiten auszustatten. Nach der Übernahme der ESG-Gruppe beschäftigte Hensoldt zuletzt etwa 8.400 Mitarbeiter.
Derweil sieht Dörre einen Konsolidierungsprozess im Rüstungssektor - der Hensoldt aber keine Angst mache. "Wir wollen selbstbewusst in dieser europäischen Konsolidierung auftreten und sie mitgestalten", sagte Dörre. Aus seiner Sicht mache das Wachstum der vergangenen Jahre und die Marktkapitalisierung nach der jüngsten Rekordjagd der Aktie das Unternehmen stark. Außerdem gebe der Bund als Ankeraktionär mit einem Anteil von 25,1 Prozent Stabilität. Der MDax-Konzern verfüge zudem über finanziellen Spielraum für die Übernahme anderer Unternehmen.
Insgesamt wünscht sich der Manager in der Branche mehr Mit- statt Gegeneinander. "Jeder will natürlich am meisten vom Kuchen abkriegen", stellte Dörre mit Blick auf das milliardenschwere Finanzpaket fest, das Union und SPD mit Unterstützung der Grünen vereinbart haben. Dies gelte auch für Unternehmen, die bisher gar nicht im Verteidigungsgeschäft aktiv seien. Im Dialog innerhalb der Industrie, aber auch mit Politik und Bundeswehr könne noch eine ganze Menge mehr getan werden, sagte Dörre.
Hensoldt sei jedenfalls bereit für die zusätzlichen Rüstungsinvestitionen und könne die steigende Nachfrage bedienen. Der Radar-Hersteller habe in den vergangenen drei Jahren rund eine Milliarde Euro in den Ausbau von Produktion und Lieferketten sowie Innovation investiert. Dörre hält das Finanzpaket für einen "Paradigmenwechsel". Es gebe Planungssicherheit für weitere Investitionen.
Der Manager sieht das Finanzpaket auch als ein gigantisches Konjunkturprogramm. Jeder Euro, der in die Verteidigung fließe, wirke sich auf die Wirtschaft insgesamt aus, sagte er. Die angekündigten Milliardensummen würden allerdings nicht nur für neue Rüstungsgüter, sondern auch für Infrastruktur und Personal benötigt. Angesichts der anhaltenden Bedrohung durch Russland sei es wichtig, sich bei Investitionen nicht zurückzulehnen./niw/stw/stk
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