Anstehende Hauptversammlung Deutsche Bank: Aktionäre wollen Chef-Riege grillen
Der Unternehmenswert schmilzt, die Gewinne sind mickrig, Ermittler führen Razzien durch: Die Deutsche Bank steht vor großen Problemen. Das bringt ihre Aktionäre auf die Palme.
Die Hauptversammlung der Deutschen Bank könnte zum Scherbengericht werden. Vor allem Aufsichtsratschef Paul Achleitner droht bei dem Aktionärstreffen an diesem Donnerstag (23.5.) in Frankfurt harsche Kritik der Anteilseigner – bis hin zu einer Klatsche bei der Abstimmung über die Entlastung des Kontrollgremiums für die Arbeit im Geschäftsjahr 2018.
Von der einst stolzen Deutschen Bank ist wenig geblieben. 2018 brachte zwar den ersten Jahresgewinn seit 2014. Doch der Jahresauftakt 2019 zeigte einmal mehr, wie angespannt die Lage bleibt: Im ersten Quartal verdiente Deutschlands größtes Geldhaus gerade einmal 201 Millionen Euro, während die US-Konkurrenz in den drei Monaten Milliardengewinne einfuhr.
Der Börsenwert des Dax-Konzerns schrumpfte auf etwas über 14 Milliarden Euro zusammen. Seit Achleitner im Juni 2012 antrat, hatte die Deutsche Bank inklusive des seit gut einem Jahr amtierenden Christian Sewing vier Vorstandsvorsitzende.
Berater: Aufsichtsrat und Vorstand zur Rechenschaft ziehen
Bei der Deutschen Bank ist die Geduld vieler Aktionäre überstrapaziert. Es sei an der Zeit, dass die Anteilseigner Aufsichtsrat und Vorstand für die vielen Jahre mit Strafzahlungen und Imageverlust zur Rechenschaft zögen, meint der Stimmrechtsberater ISS.
Die Negativserie setzte sich 2018 fort: Die Finanzaufsicht Bafin verpasste der Bank einen Sonderaufpasser, um die Umsetzung von Vorgaben gegen Geldwäsche zu überwachen. Im November verschreckte eine öffentlichkeitswirksame Geldwäsche-Razzia in den Frankfurter Zwillingstürmen Kunden und Investoren.
"Ab einem bestimmten Zeitpunkt sollten die Aktionäre ihren Bedenken Gehör verschaffen", folgert ISS und rät erstmals dazu, Aufsichtsrat und Vorstand der Deutschen Bank die Entlastung zu verweigern. Der Stimmrechtsberater Glass Lewis schlägt in die gleiche Kerbe und verweist unter anderem auf den drastischen Einbruch des Aktienkurses.
Nach den Empfehlungen der Stimmrechtsberater richten sich viele Fonds und Großanleger, insbesondere aus den USA und Großbritannien. Eine Nicht-Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand hat zwar keine rechtlichen Konsequenzen, gilt aber als schallende Ohrfeige. Als erster amtierender Chef eines Dax-Konzerns wurde auf diese Weise jüngst Bayer-Chef Werner Baumann wegen der Monsanto-Übernahme abgestraft. Bei der Schweizer Großbank UBS wurde das Führungsteam mit Ex-Bundesbank-Präsident Axel Weber ebenfalls nicht entlastet.
Großaktionäre könnten Gegengewicht bilden
Für ein Gegengewicht zu den Gegnern einer Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand könnten bei der Deutschen Bank Großaktionäre wie das Emirat Katar, der Finanzinvestor Cerberus und der US-Vermögensverwalter Blackrock sorgen.
Keine Chance auf Mehrheit wird einem Antrag der Riebeck-Brauerei auf Abberufung Achleitners eingeräumt. Der "Niedergang der Deutschen Bank" sei "untrennbar" mit der Person des 62-jährigen Österreichers verbunden, argumentiert der Aktionär. Falsche Personal- und Strategieentscheidungen hätten "zum desaströsen Zustand der Bank geführt".
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Die Deutsche Bank erklärt dazu nüchtern: "Bereits für die ordentliche Hauptversammlung 2018 hatte die Riebeck-Brauerei von 1862 Aktiengesellschaft die Abberufung von Herrn Dr. Achleitner als Mitglied des Aufsichtsrats vorgeschlagen. Dieser Beschlussvorschlag wurde durch die Hauptversammlung 2018 mit einer Mehrheit von 90,95 Prozent der abgegebenen Stimmen abgelehnt."
- Nachrichtenagentur dpa