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Licht und Schatten - Die Bundesagentur für Arbeit wird 60


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Licht und Schatten - Die Bundesagentur für Arbeit wird 60

dapd, dapd

Aktualisiert am 09.03.2012Lesedauer: 3 Min.
Die BA blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurückVergrößern des Bildes
Die BA blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück (Quelle: dapd)
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Von den Nazis wurde sie zur Rekrutierung von Personal für Rüstungsbetriebe missbraucht, die FDP forderte ihre Abschaffung, für Ursula von der Leyen setzte sie Maßstäbe während der Finanzkrise: Die Bundesagentur für Arbeit wird 60 Jahre alt - Zeit für einen Rückblick.

Präsident muss wegen Manipulation zurücktreten

Mit der Gründung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung am 10. März 1952 wurde vor 60 Jahren der Grundstock für die heutige Bundesagentur für Arbeit (BA) gelegt.

Nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs, der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Wiedervereinigung markiert das Jahr 2002 einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte der BA: Der langjährige Präsident der damals noch Bundesanstalt für Arbeit genannten Behörde, Bernhard Jagoda, trat am 21.Februar 2002 zurück, nachdem der Bundesrechnungshof die Manipulation von Vermittlungsstatistiken aufgedeckt hatte und Jagoda davon seit Jahren gewusst haben soll.

"Moderne, kundenorientierte Dienstleistungsbehörde"

Der Ruf nach tiefgreifenden Reformen der Arbeitsvermittlung wurde lauter und mündete in dem unter Vorsitz des ehemaligen VW-Managers Peter Hartz geschnürten Reformpaket, das als Teil der "Agenda 2010" von der rot-grünen Bundesregierung eingeführt wurde.

2003 traten die ersten beiden Hartz-Gesetze in Kraft, die unter anderem eine stärkere Eigenverantwortung und -initiative der Arbeitssuchenden forderten, aber auch neue arbeitsmarktpolitische Instrumente wie Bildungsgutscheine und Existenzgründungszuschüsse für Selbstständige einführten. Zum 1. Januar 2004 folgte das Hartz-Gesetz Nummer III, das den Umbau der Arbeitsverwaltung zu einer "modernen, kundenorientierten Dienstleistungsbehörde" mit privatwirtschaftlichen Strukturen vorsah.

Regionaldirektionen müssen eigenverantwortlich Ziele erreichen

Die Bundesanstalt für Arbeit hieß von nun an Bundesagentur für Arbeit (BA), die Arbeitsämter wurden zu Agenturen für Arbeit und die Arbeitslosen kurzerhand zu Kunden. Mit den neuen Bezeichnungen änderte sich auch die Struktur der BA: Von nun an gab die Zentrale strategische Ziele vor, die die Regionaldirektionen und Agenturen eigenverantwortlich erreichen müssen.

Zu den umstrittensten Neuerungen der modernen Arbeitsvermittlung gehört aber das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, kurz Hartz IV. Damit wurde nicht nur die aus Steuern finanzierte Arbeitslosenhilfe zum Arbeitslosengeld II umbenannt und mit der Sozialhilfe zusammengelegt. Es verkürzte sich auch die Bezugsberechtigung für das aus Beiträgen finanzierte Arbeitslosengeld I.

Über fünf Millionen Arbeitslose 2005

Wer unter 55 Jahre alt ist, bekommt im Falle seiner Arbeitslosigkeit maximal zwölf Monate lang ALG I, selbst wenn er davor jahrzehntelang in die Versicherung eingezahlt hat. Für Arbeitslose, die über 55, aber unter 58 Jahre alt sind, wird das ALG I insgesamt 24 Monate ausgezahlt.

Im Zuge der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe rückten auch die bisher nicht als arbeitslos erfassten Sozialhilfeempfänger in die offizielle Arbeitslosenstatistik: Ein Effekt, der sich in einem kräftigen Anstieg der Arbeitslosenzahl im Januar 2005 auf mehr als fünf Millionen bemerkbar machte.

Politik schönt die Arbeitslosenstatistik

Heute liegt die Zahl der Arbeitslosen wieder bei drei Millionen. Mit der erfolgreichen Vermittlung Arbeitssuchender allein hat diese Entwicklung aber nichts zu tun. Denn in die offiziell veröffentlichte Arbeitslosenzahl der BA fließen - ganz legal und von der Politik so vorgegeben - längst nicht alle ein, die eine Arbeit suchen.

Unter anderem beschloss die große Koalition 2008, über 58-Jährige, die mindestens zwölf Monate Arbeitslosengeld II (Hartz IV) beziehen, ohne ein Jobangebot bekommen zu haben, nicht mehr als arbeitslos zu führen. Außen vor bleiben auch Arbeitslose, die vorübergehend in einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme stecken, krank sind, an Weiterbildungsmaßnahmen, Arbeitsgelegenheiten wie Ein-Euro-Jobs teilnehmen, einen Gründungszuschuss oder Einstiegsgeld auf den Weg zur Selbstständigkeit beziehen. Auch in Altersteilzeit befindliche Arbeitslose oder von privaten Vermittlern betreute bleiben außen vor.

"Selbstdarstellung kritisch hinterfragen"

In einer Sonderbeilage der BA-Mitarbeiterzeitung zu 80 Jahren Arbeitslosenversicherung (eingeführt 1927) heißt es, die BA sei "ein Ort, an dem Menschen für Menschen da sind, Menschen in Lebenskrisen helfen. Ihr fürsorgliches Herz und ihren sozialpolitischen Charakter hat sie niemals verleumdet oder gar verloren. Nicht einmal in schwierigen Kriegsjahren".

Nicht alle Arbeitslosen würden diese Aussage unterschreiben. "Die BA wäre gut beraten, ihre Selbstdarstellung noch mal kritisch zu hinterfragen", erklärt der Sprecher des Erwerbslosen Forums Deutschland, Martin Behrsing.

Denn spätestens mit Beginn des Umbaus habe die BA ihren sozialpolitischen Charakter verloren. Schwerer Vermittelbaren werde von der Bundesagentur nicht geholfen, sie würden vielmehr "kostengünstig auf Halde" in zweifelhafte Maßnahmen oder in prekäre Billigjobs gedrängt, lautet der Vorwurf Behrsings. "Inzwischen fühlen sich schon Menschen durch die Bundesagentur und die Auswirkungen der Hartz IV-Gesetze in Lebenskrisen gedrängt".

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