Über eine Million Jobverluste "Armutsfalle" – Linke fordert Ende von Minijobs
Die Krise trifft die Schwächsten: Über eine Million Menschen verloren ihren Job. Die Gewerkschaft DGB und die Linke sehen den Staat in der Verantwortung. Minijobs seien eine Armutsfalle. Vor allem Frauen seien die Verlierer.
Hunderttausende Entlassungen im Zuge der Corona-Krise lassen den Ruf nach Reformen auf dem Arbeitsmarkt lauter werden. Im vergangenen Jahr haben mehr als eine Million Menschen ihre Arbeit verloren. Mehr als die Hälfte davon waren Minijobber und Minijobberinnen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte besonders mit Blick auf die vielen betroffenen Frauen Verbesserungen für Minijobber. 477.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte verloren der Regierungsantwort zufolge ihren Job.
Der DGB rief die Regierung dazu auf, grundsätzliche Lehren aus der Krise für den Arbeitsmarkt zu ziehen. Vorstandsmitglied Anja Piel forderte eine Verlängerung der maximalen Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld. Für diejenigen, "die eine Beschäftigung mit Sozialversicherung hatten und sie wegen der Pandemie verloren haben, muss der soziale Schutz an das Problem angepasst werden", sagte sie. "Denn aktuell ist es besonders schwer, überhaupt eine neue Stelle zu finden."
Bei den Minijobs verwies Piel darauf, dass zwei Drittel von ihnen mit Frauen besetzt seien. "Wo der Minijob die einzige Beschäftigung ist, liegt der Frauenanteil sogar bei 70 Prozent." Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Sabine Zimmermann, forderte, Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umzuwandeln. "In der Krise zeigt sich ein weiteres Mal, welche Armutsfalle Minijobs, vor allem für Frauen, sind", sagte sie.
Kurzarbeit verhinderte Massenarbeitslosigkeit
Expertinnen fordern zudem mehr Anstrengungen bei der Qualifizierung. "Über drei Millionen Beschäftigte und 1,4 Millionen Arbeitslose verfügen über keinen Berufsabschluss", sagte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen KfW-Gruppe, im Zuge einer dpa-Umfrage. "Qualifizierung ist der vielversprechendste Weg, um Beschäftigten in den unteren Lohngruppen höhere Einkommen zu ermöglichen und Kurzarbeitenden weitere Perspektiven zu eröffnen." Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm befürchtet langfristig negative Auswirkungen auf die Wirtschaft durch die von der Pandemie angerichtete Bildungsmisere.
Vor allem mit Kurzarbeit hatten Regierung und Bundesagentur für Arbeit den Jobmarkt abgesichert. Zeitweise, im April 2020, waren fast sechs Millionen Menschen bundesweit in Kurzarbeit – 20 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Jüngsten verlässlichen Daten zufolge wurde im Januar 2021 für 2,85 Millionen Menschen Kurzarbeitergeld gezahlt.
Jüngsten Zahlen der Arbeitsagentur zufolge gab es im März dieses Jahres rund 2,8 Millionen arbeitssuchende Menschen in Deutschland. Das waren etwa 492.000 mehr als im März 2019. Rund eine Million gelten als Langzeitarbeitslose. Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, rechne nicht mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, wenn das Instrument der Kurzarbeit auslaufe, sagte er der "Rheinischen Post". Es sei aber eine wachsende Zahl an Langzeitarbeitslosen zu erwarten. "Das werden wir nicht verhindern können."
- Nachrichtenagentur dpa