Wirksame Sanktionen Russland nimmt neuen Airbus für Ersatzteile auseinander
Abgeschnitten von westlicher Technik: Die russische Luftfahrt spürt die Folgen der Sanktionen und greift zu drastischen Maßnahmen.
Ein nagelneuer Airbus A350 wird zum Symbol der Folgen der Sanktionen gegen Russland. Immer wieder haben Experten und Politiker betont, dass die Auswirkungen der harschen Maßnahmen gegen die russische Wirtschaft erst nach einigen Wochen ihre Auswirkungen zeigen würden.
Die Luftfahrt ist nun eine der ersten Branchen, in der die russische Wirtschaft offensichtlich in Bedrängnis gerät. Russische Airlines wie die staatliche Aeroflot demontieren in ihrer Not Flugzeuge, um an Teile zu kommen. Das sagten vier Brancheninsider der Nachrichtenagentur Reuters.
Mit den vor rund einem halben Jahr verhängten Sanktionen des Westens gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges versiegten die Techniklieferungen. Die Lösung schien für die russische Regierung dabei naheliegend. Bereits im Juni empfahl sie, Flugzeuge für Ersatzteile auszuschlachten, damit im Ausland gebaute Jets – vornehmlich von Boeing und Airbus – bis 2025 in Betrieb bleiben können.
Riesige Herausforderung für Ingenieure
Neben einem Langstreckenjet A350 stehe von Aeroflot noch eine Sukhoi Superjet-100 aus russischer Produktion am Boden, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. Denn auch hier steckt viel Technik aus dem Westen drin. Aeroflot wollte sich dazu auf Anfrage allerdings nicht äußern.
Doch auch das Auseinandernehmen einiger Flugzeuge wird den Luftverkehr nur bedingt stützen, glauben Experten. Denn die neueren Flugzeuggenerationen wie die A320neo oder die A350 von Airbus sowie die 737 MAX und die 787 von Boeing müssen ständig auf den neuesten technischen Stand gebracht werden. Nach Einschätzung von Experten aus dem Westen wird es daher selbst für ausgebuffte russische Ingenieure eine Herausforderung, die Jets flugfähig zu halten, wenn die Sanktionen länger als ein Jahr in Kraft bleiben.
Solange die Sanktionen bestehen, hat Russland allerdings keine Möglichkeit, Technik aus dem Westen zu importieren – auf die das Land in der Luftfahrt angewiesen ist. Hier hilft Russland auch nicht, dass Länder wie China oder Indien keinen deutlichen Stand in dem Konflikt zwischen dem Westen und dem Kreml bezieht.
Drittstaaten werden keine Ersatzteile liefern
Denn auch Umwege über Länder, die keine Sanktionen gegen Russland verhängt haben, hat der Westen bewusst abgeschnitten. Firmen aus Asien und dem Nahen Osten müssten Sekundärsanktionen des Westens fürchten, wenn sie Teile von Airbus oder Boeing nach Russland lieferten.
Jedes Teil sei laut Insidern mit einer Nummer registriert, der Endabnehmer müsse dem Hersteller gemeldet werden. "Wenn in den Dokumenten eine russische Fluggesellschaft als Endabnehmer auftaucht, würde niemand einer Lieferung zustimmen – weder China noch Dubai", sagte ein Insider.
In dem gesamten Konflikt hat China immer wieder deutlich gemacht: Es ist nicht bereit, signifikante Einbußen in seinen Geschäftsbeziehungen mit dem Westen hinzunehmen, um Russland zu stützen.
Größte Airline auf Boeing und Airbus angewiesen
Für Russland bedeutet es, dass sie nicht mit Ersatzteilen rechnen können, solange der Krieg in der Ukraine nicht beigelegt ist. Die Flotte der größten russischen Airline Aeroflot besteht zu 80 Prozent aus Maschinen der beiden westlichen Flugzeugbauer Airbus und Boeing. Ende letzten Jahres zählte Aeroflot 134 Boeing- und 146 Airbus-Flieger sowie fast 80 russische Sukhoi Superjet-100 – die ebenfalls stark auf westliche Technik angewiesen sind.
Nach jüngeren Daten des Portals Flightradar24 hoben 50 Flugzeuge oder 15 Prozent der Flotte zuletzt nicht mehr ab, zumal einige Maschinen im Ausland strandeten. Mit dem Nutzen von Ersatzteilen der ausgemusterten Maschinen sollen nach dem Regierungsplan zwei von drei Flugzeugen aus dem Ausland einsatzbereit bleiben.
Die größte Herausforderung werde es, die Triebwerke und die Elektronik funktionsfähig zu halten, erklärte Oleg Pantelejew, Leiter des Luftfahrt-Think-Tanks Aviaport. "Es wird schwierig sein, sie zu reparieren", sagt er. Selbst wenn ein Großteil der Maschinen in Russland bald wieder abheben könnten, bliebe die Frage bestehen, ob Russland dasselbe Sicherheitsniveau in der Luftfahrt garantieren könnte wie zuvor.
- Mit Material der Nachrichtenagentur Reuters