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Absprache zwischen Lindner und Porsche: Das große Hin und Her


ZDF-Bericht
Absprache zwischen Lindner und Porsche? Das große Hin und Her

Von t-online, fho

Aktualisiert am 24.07.2022Lesedauer: 4 Min.
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FDP-Chef Lindner und Porsche-Chef Blume (Fotomontage): Das "ZDF" berichtet über Absprachen während der Koalitionsverhandlungen. (Quelle: IMAGO/Malte Ossowski/SVEN SIMON)

Linder soll während der Koalitionsverhandlungen der Ampel engen Kontakt zu Porsche gepflegt haben. Was bisher bekannt ist.

Die Diskussionen um eine mögliche Einflussnahme auf die Koalitionsverhandlungen der Ampel-Parteien halten an. Porsche-Chef Oliver Blume soll während der Gespräche zwischen FDP, Grünen und SPD in regelmäßigem Kontakt zum FDP-Chef und aktuellen Finanzminister Christian Lindner gestanden haben.

Losgetreten wurde die Debatte durch die ZDF-Satiresendung "Die Anstalt". In der Folge vom 29. Juni wurde eine Aussage Blumes gegenüber Mitarbeitern zitiert: Porsche habe einen "sehr großen Anteil" daran, dass E-Fuels im Koalitionsvertrag stünden. "Da sind wir Haupttreiber gewesen mit ganz engem Kontakt an die Koalitionsparteien", so Blume. Und: "Der Christian Lindner hat mich in den letzten Tagen auf dem Laufenden gehalten." Lindner streitet entsprechende Einflussnahme ab.

Lindner und Blume bestreiten, dass es regelmäßigen Kontakt gegeben habe. Doch eine SMS, die wohl zufällig an "Bild" ging, legt nahe, dass die Teams von Lindner und Blume sich zumindest bei der Krisenkommunikation abstimmen wollten. Mit mäßigem Erfolg, wie ein Überblick über die verschiedenen Statements zeigt.

Was sagt Lindner?

Auf Twitter teilt der FDP-Chef am Freitag mit, seine Position zu E-Fuels sei seit Jahren bekannt. "Entsprechend hat er sich im Juni zum von der EU geplanten Verbrenner-Aus geäußert und innerhalb der BReg gehandelt. Es gab zuvor keinerlei Kontakt mit Herrn Blume und auch keinerlei anderweitige Einflussnahme", schreibt sein Team weiter.

Ein hartes Dementi, das sich so eventuell nicht halten lässt. So liest sich zumindest auch die Präzisierung des FDP-Sprechers am Samstag: Es habe während der Koalitionsverhandlungen im Oktober vergangenen Jahres "lediglich ein kurzes Telefonat" Lindners mit Porsche-Chef Blume "zu Fragen der Verwendung von E-Fuels" gegeben. Der spätere Bundesfinanzminister habe "auch mit Konzernchefs von Fahrzeugherstellern, die E-Fuels nicht unterstützen", telefoniert.

Tatsächlich standen E-Fuels bereits im Wahlprogramm der FDP und es gibt aus den Jahren zuvor verschiedene Äußerungen von Lindner zu dem Thema. Bei E-Fuels handelt es sich um Treibstoffe für Benzin- oder Dieselmotoren, die durch ein schwieriges chemisches Verfahren hergestellt werden. Kritiker führen gegen synthetische Kraftstoffe an, die Herstellung brauche extrem viel Energie und sei deswegen sehr teuer und ineffizient. Zudem stießen die Autos bei der Verbrennung von E-Fuels anders als E-Fahrzeuge klimaschädliches CO₂ aus.

Was sagt der Porsche-Chef Blume?

Porsche-Chef Blume bestreitet ebenfalls, während der Koalitionsverhandlungen in engem Austausch mit Lindner gestanden zu haben. Das "ZDF" beruft sich unterdessen auf Belege für die Äußerungen vor der Belegschaft.

Dazu sagt Blume mittlerweile: Bei dieser internen Veranstaltung habe er "falsche Worte gewählt". Dadurch sei ein "falscher Eindruck" entstanden. "Das tut mir leid", so Blume in der "Bild am Sonntag".

Ein Sprecher der Porsche AG sagte der "Welt am Sonntag", bei dem Termin sei "überspitzt formuliert" worden. "Dafür entschuldigen wir uns." Die Wortwahl habe "nicht den Tatsachen" entsprochen. "Der Austausch hat so nicht stattgefunden und es gab keine Einflussnahme."

Die Porsche-Mutter Volkswagen reagierte am Freitag auf Twitter zunächst scherzend und kommentierte Lindners Aussage mit: "Christian Lindner ist bekanntlich Porsche-Fan, das freut uns. Einen Liveticker hat es aber nicht gegeben." Mit einem weiteren Posting setzte der Konzern dann hinterher: "Jetzt einmal ganz sachlich: Porsche hat keinen Einfluss auf den Koalitionsvertrag genommen."

Kurioser Zufall: Nur wenige Stunden später gab VW am Freitagabend bekannt, dass der aktuelle Chef Herbert Diess sein Amt zum September niederlegen werde. Nachfolger soll dann Blume werden.

Was sagen die Kritiker?

Auf sozialen Medien gab es im Anschluss an die ZDF-Sendung einen Aufschrei. Unter dem Hashtag #RuecktrittLindner forderten User den Rücktritt des Finanzministers. Der Verein Lobbycontrol setzt sich seit Jahren für mehr Transparenz in der Interessenvertretung ein. Auch sie schalteten sich in die Twitter-Debatte ein.

Sie halten Lindners Vorgehen für falsch; es dürfe keine Sonderzugänge zur Politik geben. Darüber hinaus sind sie aber auch verwundert. "Das ist ein erstaunlicher Vorgang, den wir kritisch sehen", sagt Sprecher Timo Lange im Gespräch mit t-online.

Aus der Opposition gab es ebenfalls Kritik: Die Linkspartei warnte vor einer Gefährdung der Demokratie. "Es kann nicht sein, dass der Porsche-Chef augenscheinlich besser über den Stand der Koalitionsverhandlungen informiert wurde als der Rest der Bevölkerung", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, der "Welt am Sonntag". "Das wäre eine weitere Aushöhlung der Demokratie." Die Sache habe "mindestens ein 'Geschmäckle'".

Warum ist der Fall brisant?

Politische Interessenvertretung ist zwar vielen ein Dorn im Auge, doch grundsätzlich ist sie in Deutschland erlaubt. Der Austausch von Politik und Wirtschaft findet etwa über Verbände auch ganz offiziell statt. Doch dass ein Konzernchef so deutlich damit angibt, kommt fast nie vor. "Dass Porsche sich mit diesem Vorgehen brüstet, ist ungewöhnlich." Normalerweise hielten sich – gerade bekannte – Großkonzerne mit solchen Äußerungen zurück, sagt Lange von Lobbycontrol.

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Hinzu kommt: Das Thema E-Fuels und die Zukunft von Verbrennern ist wieder aktuell. Ende Juni hatte es innerhalb der Ampelkoalition Streit über ein Verbot für die Neuzulassung von Verbrennerautos ab 2035 auf EU-Ebene gegeben. Lindner hatte die Verbotspläne abgelehnt. In den Koalitionsverhandlungen im Herbst 2021 hatte sich die Ampel noch darauf geeinigt, Neuzulassungen für Verbrennermotoren ab 2035 zu verbieten – für Autos, die nur mit E-Fuels betrieben werden können, sollte es jedoch eine Ausnahme geben.

Mit Blick auf Lindners Vorgehen Ende Juni erklärte die FDP, dass es auch vor dieser Entscheidung "keinerlei Kontakt in der Sache mit Herrn Blume und auch danach keinerlei Versuch einer Einflussnahme auf die lange bestehende Position von Herrn Lindner gegeben" habe.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Timo Lange (Lobbycontrol)
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und AFP
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