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Inflation: Katastrophe abgesagt? Eines darf jetzt nicht passieren


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Katastrophe abgesagt?
Eines darf jetzt nicht passieren


Aktualisiert am 14.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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Ein Containerschiff im Hamburger Hafen (Symbolbild): Die Krise trifft die deutsche Wirtschaft wohl nicht ganz so hart. (Quelle: Bloomberg)
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Der Wirtschaftseinbruch dürfte weniger dramatisch werden als zuletzt gedacht, die Inflation niedriger ausfallen. Doch nur unter einer Voraussetzung.

Gaskrise, Mega-Inflation, Arbeitslosigkeit: Es ist keine drei Monate her, da zeichneten Deutschlands Ökonomen ein düsteres Bild von der Zukunft. Von einer tiefen "Winter-Rezession" war die Rede, davon, dass die deutsche Wirtschaft einbreche, die Wirtschaftsleistung – und damit unser aller Wohlstand – 2023 spürbar schrumpfen werde.

Jetzt jedoch zeigt sich: Ganz so schlimm wird es wohl doch nicht.

Das jedenfalls prognostizieren die Forscher vom Münchner Ifo-Institut in ihrem aktualisierten Konjunkturausblick. Die Wirtschaftsleistung dürfte demnach in den kommenden Monaten viel schwächer zurückgehen, als die Experten noch im September schätzten – zumindest, wenn die Gasspeicher nicht leer laufen.

Starker Konsum, volle Auftragsbücher

"Die Wirtschaft wird im kommenden Jahr schrumpfen, aber weniger als zuletzt noch gedacht", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser am Mittwoch in Berlin. Wichtigster Grund dafür: Die aktuellen Wirtschaftsdaten geben Anlass zur Hoffnung auch für das kommende Jahr. So ist etwa die Produktion in den vergangenen drei Monaten nicht so stark zurückgegangen, wie es die Forscher vermutet hatten, weil die Auftragsbücher vieler Firmen weiterhin gut gefüllt sind.

Zudem kaufen die Deutschen trotz steigender Preise weiter fleißig ein – was auch an den in Aussicht gestellten Entlastungen durch die Regierung liegen dürfte. Für 2023 heißt das: "In den beiden Winterquartalen schrumpft das Bruttoinlandsprodukt zwar. Danach aber geht es wieder aufwärts", so Wollmershäuser.

Alles also halb so wild? Nicht ganz. Denn erstens zeigt das Hin und Her bei den Prognosen der Forscher auch: Die Lage ist gerade sehr volatil, jede Prognose sehr unsicher.

Unsichere Prognosen

Allein die Ifo-Experten haben ihre Schätzungen im laufenden Jahr mehrmals in beide Richtungen angepasst. Nach einem sehr positiven Ausblick im Juni und dem deutlich düstereren im September kommt nun die Korrektur hin zu einem Szenario, das nicht mehr ganz so schlimm aussieht.

Zweitens darf der jetzt etwas bessere Ausblick nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Deutschlands Firmen, Arbeitnehmer und Verbraucher auf einige schwere Monate einstellen müssen. Nicht alle in Deutschland werden gleich gut durch die wirtschaftliche Krise kommen, die der russische Überfall auf die Ukraine ausgelöst hat.

Dennoch macht der bessere Ausblick Hoffnung. Und die lässt sich auch in harten Zahlen ausdrücken:

  • Das Bruttoinlandsprodukt wird im laufenden Jahr wohl etwas stärker wachsen als zuletzt angenommen. Das Ifo rechnet nun mit einem Plus von 1,8 Prozent statt der im September erwarteten 1,6 Prozent. Für 2023 gehen Wollmershäuser und seine Kollegen davon aus, dass die Wirtschaft nur ein ganz kleines bisschen schrumpft, am Ende des Jahres dürfte ein Mini-Minus von 0,1 Prozent stehen.
  • Die Inflationsrate wird dieses Jahr bei durchschnittlich 7,8 Prozent liegen. Das liegt zwar deutlich unter den im Herbst geschätzten 8,1 Prozent, ist aber immer noch sehr viel. "Insgesamt machen die jüngsten Daten aber Mut", so Wollmershäuser. "Schon im Dezember wird die Inflationsrate voraussichtlich unter die Zehn-Prozent-Marke fallen." Wichtigster Grund dafür: die staatliche Gas- und Strompreisbremse, die die Energiepreise drückt.
  • Die Arbeitslosigkeit wird kaum merklich steigen. Von derzeit 5,3 Prozent dürfte die Arbeitslosenquote kommendes Jahr auf 5,5 Prozent anwachsen, was angesichts der Rezession nicht sonderlich viel ist. Und: Schon für 2024 erwartet das Ifo, dass die Arbeitslosigkeit wieder auf das aktuelle Niveau sinkt.

Wichtigste Einschränkung bei all dem: Die Prognosen setzen voraus, dass es in diesem Winter nicht zu einer Gasmangellage kommt, also so wenig Gas in Deutschlands Speichern ist, dass die Bundesnetzagentur das Gas rationieren und zuteilen müsste.

Zuletzt hatte Netzagentur-Chef Klaus Müller mitgeteilt, dass angesichts der Minustemperaturen deutlich mehr Gas aus den Speichern abgeflossen sei als zuvor. Allerdings sind die Speicher dank des sehr milden Novembers auch jetzt noch gut gefüllt – insgesamt zu knapp 92 Prozent.

"Die Politik steckt in einem Dilemma"

"Wenn wir wider Erwarten doch in eine Gasmangellage kämen, sähen die Wachstumsraten ganz anders aus", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Die wichtigste politische Frage bleibt deshalb: Wie kriegen wir es hin, dass wir so viel Gas und Energie einsparen, dass wir ohne Mangel durch den Winter kommen?"

Vor diesem Hintergrund hatten zuletzt einige Ökonomen die geplanten Gas- und Strompreisbremsen als kontraproduktiv kritisiert. Ihr Credo: Das Signal eines höheren Preises werde abgeschwächt, Gas zu sparen lohne sich weniger, wenn der Staat für den Großteil des Gasverbrauchs einen niedrigeren Preis fixiere.

Auch Fuest ist skeptisch, was den staatlichen Eingriff in den Preismechanismus angeht, sagt zugleich aber: "Weil es keine besseren Instrumente gibt, mit denen der Staat zielgenau jene unterstützten kann, die die Entlastungen wirklich brauchen, geht es nur so. Die Politik steckt in einem Dilemma."

Entlastungen konterkarieren Zinsanhebung

Dennoch müsse die Bundesregierung aufpassen, mit den Entlastungen die Inflation nicht noch zu befeuern. Denn die staatlichen Hilfen, die vor allem die Nachfrage der privaten Haushalte stützt, konterkarierten die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB).

Diese stemmt sich seit dem Sommer mit einer Anhebung der Leitzinsen in nie gekanntem Ausmaß gegen die Inflation, hob den Leitzins zuletzt um 0,75 Prozentpunkte auf nunmehr 2,0 Prozent an. Ihr Ziel: Durch die höheren Zinsen soll die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen sinken, weil sich weniger Menschen einen Kredit leisten können. Das wiederum soll dazu führen, dass die Firmen die Preise nicht weiter so schnell anheben können wie jetzt – weil sie niemanden finden, der ihnen ihre Ware für noch mehr Geld abkauft.

Bildlich gesprochen lasse sich das so ausdrücken, sagt Fuest: "Die EZB drückt auf die Bremse. Die Regierung aber tritt mit den finanziellen Hilfen aufs Gaspedal. Da dürfen wir uns nicht wundern, wenn das Auto ins Schlingern gerät." Bei aller Hoffnung auf Besserung heißt das wohl, ebenso bildlich gesagt: Ganz über den Berg sind wir noch nicht.

Verwendete Quellen
  • Pressekonferenz des Ifo-Instituts in Berlin
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