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Deutsche Erfindung veränderte die Musikwelt: MP3 wird 20


20 Jahre MP3
Als ein deutsches Dateiformat die Musikbranche für immer veränderte

Einst waren Musikdateien riesengroß. Nutzer konnten nur wenige davon auf dem PC speichern. Erst die Erfindung des MP3-Datenformats machte möglich, was heute selbstverständlich erscheint: Ganze Musiksammlungen lassen sich auf kleinen MP3-Playern oder Smartphones spazieren tragen.

Aktualisiert am 14.07.2015|Lesedauer: 4 Min.
dpa, Lena Klimkeit
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Die Revolution der Musik begann vor 20 Jahren in Deutschland. Am 14. Juli 1995 erhielt das Format für digitale Musik seinen Namen. "MP3" lautete die griffige Dateiendung für das Audiokompressionsverfahren mit der komplizierten technischen Bezeichnung "ISO Standard IS 11172-3 MPEG Audio Layer 3".

Karlheinz Brandenburg, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT in Ilmenau.Vergrößern des Bildes
Einer der Erfinder des MP3-Formats: Karlheinz Brandenburg. (Quelle: dpa-bilder)

Diese Innovation kam nicht aus dem kalifornischen Silicon Valley, sondern aus Mittelfranken. Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) tüftelten seit Anfang der 90er Jahre daran, wie Musik in adäquater Tonqualität über Telefonleitungen übertragen werden könnte.

MP3 machte Musik mobil

Den Wissenschaftlern gelang es damals, Audiodateien so zu komprimieren, dass die digitale Musik im Vergleich zum Original nur noch zehn Prozent des Speicherplatzes einnahm, ohne dass der Klang für das menschliche Ohr hörbar schlechter wurde.

"Es ist doch der Traum jedes Forschers, etwas Nützliches für die Menschheit zu entwickeln", sagt Karlheinz Brandenburg. Der Elektrotechniker und Mathematiker entwickelte unter anderem mit seinen Kollegen Harald Popp und Bernhard Grill das Verfahren zur Kompression von Audiodaten in eine MP3-Datei. "Wir träumten damals vom digitalen Hör-Rundfunk und Millionen von Nutzern. Jetzt sind es viele Milliarden Geräte, die mit dem Format arbeiten, das übersteigt die damaligen Träume noch deutlich."

MP3 wurde Anfangs wenig Chancen gegeben

Nachdem das insgesamt acht Entwickler umfassende Fraunhofer-Team den technischen Durchbruch geschafft hatte, war lange Zeit nicht klar, ob sich das Format auch wirklich am Markt durchsetzen wird. "Die Anfangszeiten waren sehr schwierig", sagt Popp. Die Pessimisten fragten, ob es je Geräte geben werde, die eine Musiksammlung im Mini-Format wiedergeben könnten.

Nach ursprünglichen Plänen war die Encoder-Software, die Musikstücke ins MP3-Format wandelte, vor allem für die Musikindustrie gedacht und sollte teuer sein. Doch 1997 kaufte ein australischer Student ein solches Programm, durchschaute das Funktionsprinzip dahinter und stellte den Encoder für alle frei verfügbar ins Netz.

Fortan konnte jeder CDs in handliche MP3-Dateien umwandeln, die auch für damals noch langsame Internet-Verbindungen nicht zu groß waren. "Er hat unser Geschäftsmodell weggegeben", beschwerte sich Brandenburg in einem Interview mit dem US-Rundfunksender NPR 2011.

1998 tauchten die ersten MP3-Player in den Läden auf. Allerdings erst als Apple-Chef Steve Jobs im Herbst 2001 den ersten iPod präsentierte, begann der richtige Siegeszug der MP3-Abspielgeräte. Mittlerweile übernimmt meist das Smartphone auch die Aufgabe eines MP3-Players.

MP3 machte Musik mobil

Das MP3-Format veränderte damals das Leben der Musikfreunde: Sie konnten ihre Lieblingssongs einfacher denn je unterwegs hören. Keine CD-Hüllen mehr, die man neben dem Discman noch ins Handgepäck stopfen muss. Ganz einfach konnte jeder sich seine Lieblingslieder von einem Album in eine Playlist sammeln.

Weil sich diese revolutionäre Entwicklung nicht auf Musikplayer beschränkte, sondern auch das Musikhören im Internet möglich machte, wurde Karlheinz Brandenburg als Miterfinder des MP3-Standards im vergangenen Jahr in die "Internet Hall of Fame" aufgenommen.

Dank MP3 war es leichter geworden, Musik zu versenden und zu kopieren. Diese Entwicklung wurde auch missbraucht: 1999 ging die Musiktauschbörse Napster online, zwei Jahre später wurden dort Monat für Monat rund zwei Milliarden Songs (meist illegal) getauscht.

MP3 arbeitet nicht verlustfrei

Der MP3 hängt auch aus anderen Gründen ein schlechter Ruf nach: Das Format habe die Klangqualität der Musik verschlechtert, heißt es. Das Kompressionsverfahren funktioniert nämlich nicht verlustfrei, das heißt, es gehen Teile des Klangspektrums verloren – der Frequenzbereich in einem Song wird zusammengeschrumpft.

Die Wissenschaftler machten sich dafür die Eigenschaften des menschlichen Gehörs zunutze: MP3 stellt nur die Teile der Musik besonders genau dar, die für den Menschen auch gut hörbar sind. Wird etwa eine Flöte von einer Trompete übertönt, wird das Musiksignal der Flöte nach der Kompression abweichend dargestellt. Alle verzichtbaren Töne werden also gefiltert – und so Daten gespart.

Über die Frage, wie stark die Audioqualität unter der Kompression zu leiden hat, können sich Audiophile die Köpfe heißreden. Für viele Hörer dürften die Einbußen häufig kaum wahrnehmbar sein, insbesondere wenn höhere Datenraten bei der Umwandlung der Musik verwendet werden. Die Klangqualität hängt aber auch von anderen Faktoren ab, etwa den verwendeten Verstärkern, Lautsprechern oder Kopfhörern.

Speicherplatz ist heute kam mehr relevant

Die aktuelle Entwicklung der Audio-Kompression hat die Ära der MP3-Player schon hinter sich gelassen. Zum Musikhören unterwegs braucht man heute nicht mehr unbedingt viel Speicherplatz, zumal dieser immer billiger wird. Stattdessen ist es mittlerweile die Bandbreite fürs Streaming, die in den Mittelpunkt rückt.

Auch hier spielt die Erfindung aus Erlangen ein maßgebliche Rolle: "MP3 steht ja nicht nur für Musik auf dem PC", sagt Grill. Vielmehr sei MP3 der Standard für Musik überall. "Auch heute sind vermutlich Zehntausende Streamingdienste mit MP3 aktiv." Die meisten anderen verwendeten das Nachfolgeformat AAC, das ebenfalls von Grill und Kollegen entwickelt wurde.

Weil in Zukunft immer mehr Bandbreite zur Verfügung stehen wird, fragen Experten schon jetzt, wann MP3 durch verlustfreie Formate verdrängt wird. Immerhin können Musikfreunde darauf vertrauen, dass ihre in MP3 codierten Songs nicht obsolet werden. MP3-Miterfinder Grill prophezeit: Auch in 100 Jahren werde man die Dateien von heute noch immer abspielen können.

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