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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Internet- und Handyverträge So können Verbraucher gegen eine Preiserhöhung vorgehen
Ein Brief kündigt die Preiserhöhung an: Der Internet- oder Handyanbieter will mehr Geld. Aber ist das überhaupt zulässig
Der Handy- oder Festnetzvertrag läuft schon eine Weile und der Tarif passt gut zum eigenen Nutzungsverhalten. Doch plötzlich will der Anbieter mehr Geld für die gleiche Leistung. Darf er das? Es kommt darauf an, was im Vertrag steht.
Klar ist: Der Anbieter kann nicht einfach einseitig den Preis erhöhen. "Grundsätzlich muss ein Vertragspartner Verabredungen einhalten – also ein Produkt zu einem vereinbarten Preis liefern", sagt Michèle Scherer von der Verbraucherzentrale Brandenburg.
Will der Anbieter etwas am Vertrag ändern, bedarf es der Zustimmung des Kunden. "Denn einseitige Vertragsänderungen sind nicht tragbar", erklärt Scherer. Um dem zu entgehen, können Anbieter bei langfristigen Handy- oder Internetverträgen eine Preisänderungsklausel in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) aufnehmen. "Nur wenn die Möglichkeit zur Preisänderung vertraglich vereinbart wurde, ist sie zulässig", so die Verbraucherschützerin.
Dürfen Anbieter die Preisänderungsklausel frei bestimmen?
Nein, dafür gibt es hohe Anforderungen. Die Klausel muss transparent und die Erhöhung für den Kunden nachvollziehbar sein. "Zudem darf die Preisänderung nicht dazu führen, dass die Gewinnmarge dadurch erhöht wird", sagt Scherer. Und die Klausel muss auch mögliche Kostensenkungen mit einschließen – und diese an Kunden weitergeben.
"Legitim ist eine Erhöhung nur, wenn der Anbieter einen klaren Grund nennt – typische Argumente von Kabelanbietern sind etwa gestiegene Energiekosten oder die Investition in den Netzausbau", erklärt Alexander Kuch vom Telekommunikationsportal "Teltarif.de".
So muss der Anbieter die Erhöhung mitteilen
Der Anbieter muss Verbrauchern seine Absicht sowie die weiteren Optionen klar und verständlich vermitteln. Es reicht nicht aus, wenn er sein Vorhaben online in den Kundenbereich einstellt und den Kunden per E-Mail informiert, dass er dort Neuigkeiten findet. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main. Vielmehr muss der Anbieter Preiserhöhungen so mitteilen, dass der Kunde zwingend davon Kenntnis bekommt.
Eine Erhöhung ist weder nach freiem Belieben noch von heute auf morgen möglich. "Anbieter müssen die Erhöhung mit einer angemessenen Frist ankündigen – zum Beispiel sechs Wochen", sagt Scherer. So hat der Kunde die Möglichkeit, zu reagieren.
Gibt es bei Preiserhöhungen ein Sonderkündigungsrecht?
Nein, nicht automatisch. Entscheidend ist, was genau im Vertrag steht – und da gibt es verschiedene Optionen. "Entweder haben Sie ein Widerspruchsrecht, oder ein Sonderkündigungsrecht, oder die Erhöhung wird zum Beispiel erst dann wirksam, wenn der Kunde den Vertrag ordentlich kündigen kann", sagt Scherer. Es lohnt sich also, in den AGB zu prüfen, ob die Preiserhöhung überhaupt wirksam ist.
"Wenn eine Preisänderungsklausel von Anfang an im Vertrag steht und diese rechtswirksam ist, können Verbraucher dagegen in der Regel nicht vorgehen", meint Kuch. Er berichtet von einem Anbieter, der regelmäßig die Preise um 4,8 Prozent pro Jahr erhöht habe. Kunden mussten dies bislang dulden, weil sie mit ihrer Unterschrift den Vertragsbedingungen zugestimmt hatten – dort war eine mögliche Erhöhung um bis zu fünf Prozent festgeschrieben.
Aus Sicht der Verbraucherschützer ist eine solche Preiserhöhung aber unwirksam, da sie die Handlungsoptionen des Kunden an Bedingungen knüpft – der Kunde also bei einer geringen Erhöhung kein Sonderkündigungs- oder Widerspruchsrecht hat, weil die Anpassung im vertraglichen Rahmen liegt.
"Dies entspricht nach unserer Ansicht nicht der EU-Universaldienstrichtlinie. Deshalb haben wir diesen Anbieter abgemahnt", erklärt Michèle Scherer. Bislang gab es noch kein Urteil vom Bundesgerichtshof zu einer solchen Klausel. Unabhängig davon ist klar: Fällt eine Erhöhung höher aus als in den AGB festgeschrieben, "können und sollten Kunden sich wehren", rät Alexander Kuch.
Wie Verbraucher gegen eine Preiserhöhung vorgehen können
Kunden sollten ihre Rechte nutzen. "Die Widerspruchsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem die Ankündigung der Preiserhöhung zugestellt wurde, also der Brief im Briefkasten landet", erklärt Kuch. Plant jemand eine längere Reise, sollte er einen Bekannten beauftragen, seine Post regelmäßig zu öffnen. Grundsätzlich sollte man genau prüfen, ob das Schreiben des Anbieters nur Werbung ist oder den Vertrag betrifft.
Wer ein Sonderkündigungsrecht hat, muss dem Anbieter rechtzeitig schriftlich antworten. "Damit die Kündigung gilt, sollte der Brief vor dem Zeitpunkt eintreffen, zu dem die Preisanpassung wirksam wird", rät Scherer. Am besten schicken Verbraucher die Kündigung oder den Widerspruch per Einschreiben. Dann können sie beweisen, dass das Schreiben angekommen ist.
Wenn Kunden mit einer Preiserhöhung unzufrieden sind, lohnt es sich oft, den Anbieter zu kontaktieren. Denn viele möchten ihre Kunden halten. "Zudem wollen sie einen Imageschaden vermeiden und reagieren entsprechend kulant", sagt Kuch. Er kenne Beispiele, bei denen Provider nach dem Widerspruch die Erhöhung zurückgenommen hätten.
Scherer nennt noch eine Möglichkeit: "Ist die Erhöhung wirksam und nachvollziehbar, sollten Verbraucher prüfen, ob der Vertrag für sie trotz der Erhöhung weiterhin attraktiv ist." Unter Umständen passen der neue Preis und die Leistung ja immer noch zu den eigenen Bedürfnissen, etwa weil Angebote der Konkurrenz nicht günstiger sind.
Das sollten Sie bei einem Neuabschluss beachten
Überraschenden Erhöhungen kann man bis zu einem gewissen Grad auch vorbeugen. Wer vor dem Neuabschluss eines Vertrages mehrere Angebote vergleicht, sollte nicht nur auf den Preis und die Leistung achten. "Lesen Sie sich in den AGB auf jeden Fall auch die Preisanpassungsklauseln durch und vergleichen sie die Bedingungen der Anbieter", rät Verbraucherschützerin Scherer.
Häufig kommt es vor, dass Internet- oder Handyanbieter Kunden mit günstigen Lockangeboten ködern. "Am Ende der Mindestvertragslaufzeit erhöhen sich dann automatisch die Preise. Oder besser gesagt, ab dem 13. oder spätestens dem 25. Vertragsmonat fällt der versprochene Rabatt weg", erklärt Alexander Kuch. In so einem Fall sollten Kunden den Vertrag rechtzeitig – also drei Monate vor Ablauf – kündigen und den Anbieter nach Ende der Laufzeit wechseln.
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Und Kunden sollten prüfen, welcher Vertrag wirklich zu ihnen passt. Zumindest im Mobilfunkbereich gibt es immer mehr Tarife, die Nutzer monatlich kündigen können. "Wer eine kürzere Vertragslaufzeit vereinbart, ist flexibler", sagt Scherer. Dann sind spontane Preiserhöhungen sowieso kein Thema mehr.
- Nachrichtenagentur dpa