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Analoge Fotografie: Ohne Netz und doppelten Boden


Fotografie
Der Reiz analoger Bilder

Film kaufen, einlegen, nach 36 Fotos aus der Kamera nehmen und beim Händler abgeben oder einschicken. Warum machen sich manche Menschen noch immer so viel Mühe mit , wenn billige Speichermedien nahezu unbegrenzt Platz bieten und ausgefeilte Automatiken und Bildbearbeitungsprogramme eigene Fehler minimieren?

Aktualisiert am 22.05.2017|Lesedauer: 3 Min.
dpa, t-online, Clemens Schöll
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"In unserer durchdigitalisierten Welt sind immer mehr Menschen auf der Suche nach kreativen, mit den eigenen Händen erzeugten Produkten", erklärt Wolfgang Heinen, Herausgeber des Fachmagazins "PhotoKlassik", das Phänomen. Und dazu gehören eben auch selbst entwickelte Bilder.

Analoges Fotografieren hat einen besonderen Reiz.Vergrößern des Bildes
Analoges Fotografieren hat einen besonderen Reiz. (Quelle: Symbolfoto/Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Ursprünge der Bildbeabeitungs-Apps

Dazu kommt ein gewisser Spannungsmoment, den sich viele Fotografen erhalten wollen: "Ich halte einen Moment fest, und dann muss ich warten, ob das Bild etwas geworden ist", sagt Constanze Clauß vom Photoindustrie-Verband. Außerdem hätten gerade junge Menschen über Instagram, Hipstamatic und Co. Fotoeffekte wie Sepiatonung oder Tontrennung kennengelernt und interessierten sich für die Ursprünge dieser Bildbearbeitungs-Apps. "Und alle kommen letztlich aus der analogen Fotografie", so Heinen.

Ein weiterer Grund: Gute Objektive für analoge Kameras gibt es inzwischen für sehr wenig Geld. "Ein lichtstarkes 1:1,4-Objektiv mit M42-Gewinde bekommt man für 50 Euro", nennt Fotopädagoge Thilo Grüllich ein Beispiel für den Preisverfall. Ein vergleichbares Objektiv für eine Digitalkamera koste mehr als 300 Euro.

Grüllich schätzt aber auch, was er den "anderen Workflow" nennt: "Ich muss vorher wissen, wie das Bild aussehen soll." Ähnlich sieht das auch Redakteur Heinen: "Durch das bewusstere, sorgfältigere Gestalten der Fotos in der analogen Welt entsteht eine andere, nachhaltigere Bildsprache", ergänzt Heinen.

"Man muss lernen, sich wieder zurückzunehmen, wenn man weiß, dass der Film die Zahl der Fotos begrenzt", sagt Constanze Clauß. Neben der begrenzten Bilderzahl warten auf Analog-Fotografen aber auch noch andere Überraschungen. "Wer noch nie analog gearbeitet hat, wird erstaunt sein, dass die vielen Programme fehlen", erklärt die Expertin.

"Zeit- und Blendenautomatik haben die meisten Fotoapparate, sonstige Features aber eher nicht." Ein paar Vorkenntnisse, etwa über das Zusammenspiel von Blende und Verschlusszeit, erleichtern daher den Einstieg.

Doch nicht jeder Analogfotograf ist ein Einsteiger. Rund die Hälfte seiner Kursteilnehmer sei mit Filmen und Papierbildern groß geworden und wolle die Kenntnisse wieder auffrischen, die andere Hälfte sei digital geprägt, erzählt Grüllich. Den Komplettumstieg macht kaum jemand - fast alle Hobbyfotografen arbeiten abwechselnd digital und analog.

Manchmal geschieht das auch aus ganz pragmatischen Gründen: Wer im Urlaub schnorcheln geht, kauft dafür oft eine Einfach-Unterwasserkamera, statt die teure digitale wasserfest zu machen, erklärt Constanze Clauß. "Und wer lange Touren in abgelegen Gegenden plant oder länger bei Minustemperaturen arbeitet, sollte eine Kamera dabei haben, die zur Not auch ohne Batterie funktioniert."

Schwarzweiß oder Farbe?

Bei den Verkaufszahlen liegt Clauß zufolge der Farbnegativfilm vorn. Schwarzweiß werde vor allem von Kunden genutzt, die ihre Bilder anschließend auch selbst entwickeln wollen. Dieser Wunsch nach einem echten Original-Bild spielt laut Heinen eine wichtige Rolle bei der Renaissance des Analogen: "Selbstvergrößerte Fotografien sind in Nuancen immer unterschiedlich und deshalb Originale ? im Gegensatz zu digitalen Prints." Wer die Arbeit scheut, kann den Analogfilm aber nach wie vor zum Entwickeln beim Fachhändler abgeben.

Und wie kommen Einsteiger zur Kamera? Unterhalb des Profibereichs gibt es kaum noch Hersteller von neuen Geräten, doch bieten im Internet zahlreiche Portale analoge Kameras in jeder Preisklasse an. Viele Händler verkaufen auch gebrauchte Fotoapparate, "durchgecheckt, mit Beratung und bei Mängeln mit Gewährleistung", so Clauß.

Außerdem hätten zu Beginn des digitalen Zeitalters mehr als 80 Prozent aller Haushalte in Deutschland einen analogen Fotoapparat besessen, erklärt die Verbandssprecherin. Sie vermutet, dass dieser Anteil nur wenig gesunken ist: "Man verbindet viele Erinnerungen mit seiner Kamera, deshalb würden nur wenige sie für 50 oder 100 Euro verkaufen." Eventuell ist die Kamera fürs analoge Ausprobieren zu Hause also noch vorhanden.

Legendäre Rolleiflex aus den 1950er Jahren nachbauen

Wer mag, kann sich sogar noch selbst einen Fotoapparat zusammenbasteln: Den 75-teiligen Bausatz "Spiegelreflexkamera selber bauen" aus dem Franzis-Verlag gibt es für rund 50 Euro im Buchhandel oder im Internet. Die Kamera, die dabei entsteht, ist der legendären Rolleiflex aus den 1950er Jahren nachempfunden. Allerdings werden die Fotos nicht wie früher auf einen Roll-, sondern auf den verbreiteteren und günstigeren Kleinbildfilm gebannt. Und der Hersteller Ilford bietet unter dem Namen Obscura und ab etwa 240 Euro Lochkameras an, Fotomaterial inklusive.

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