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Experte zu "Starlink": "Für uns ist das zukünftiger Weltraumschrott"


Gefahr für die Ewigkeit
Wie Elon Musk den Weltraum vermüllt


Aktualisiert am 19.02.2020Lesedauer: 5 Min.
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ESA schlägt Alarm: Warum Weltraumschrott zu einem immer größeren Problem wird. (Quelle: Bitprojects)

Tausende Minisatelliten sollen die Welt mit Internet versorgen. Was nach Fortschritt klingt, bereitet Experten Kopfzerbrechen. Nach der Klimakrise könnte die Erde ein weiteres Problem für die Ewigkeit bekommen.

Das Internet kommt zukünftig aus dem All. Zumindest, wenn es nach Tech-Firmen aus dem Silicon Valley geht. Zehntausende Klein- und Kleinstsatelliten sollen über der Erde kreisen und damit Internet auch in abgelegene Regionen bringen. Doch die Projekte sind umstritten.

Zukunft der Raumfahrt bedroht

Astronomen befürchten, dass sie keine Forschung mehr betreiben können. Andere Experten sehen die Gefahr, dass immer mehr Objekte wie unkontrollierbare Geschosse um die Erde kreisen. Das Problem ist schon jetzt gravierend und bedroht die Zukunft der Raumfahrt. Eine Lösung ist nicht in Sicht, denn das Weltall ist bisher ein nahezu rechtsfreier Raum.

Das SpaceX-System verspricht viele Vorteile

Einer der besonders umtriebigen Akteure im Bereich der Minisatelliten ist Elon Musk. Seine Firma SpaceX hat in dieser Woche weitere 60 Satelliten in den Orbit gebracht. Damit sind jetzt schon 300 Sendestationen des Projekts "Starlink" im All.

Schon bald soll "Starlink" das Internet auch in die entlegensten Gebiete der Welt bringen. Neu daran ist, dass die Sendeeinheiten mit 260 Kilogramm Gewicht deutlich kleiner und leichter sind als bisherige Kommunikationssatelliten. Und aufgrund ihrer flachen Bauweise lassen sie sich gut stapeln, sodass die "Falcon 9"-Rakete von SpaceX gleich mehrere Dutzend von ihnen pro Start transportieren kann.

Satelliten haben Vorteile gegenüber Sendemasten auf der Erde

Gegenüber Sendeanlagen auf der Erde bieten die kleinen Satelliten einen wichtigen Vorteil: Vom Orbit aus lässt sich die Welt mit vergleichsweise wenigen Stationen komplett abdecken. Während das Signal klassischer Sendemasten von hohen Häusern sowie Hügeln und Senken schnell blockiert wird, werden die Signale aus dem Weltall fast nie blockiert. Zudem wäre es völlig unwirtschaftlich, in dünn besiedelten Gebieten oder Wüsten Tausende Handymasten aufzustellen und diese per Kabel mit Strom und Netzanbindung zu versorgen.

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Auch gegenüber klassischen Satelliten bietet das "Starlink"-Projekt Vorteile. Bisherige Internetsatelliten sind teilweise in Umlaufbahnen in einer Höhe von bis zu 36.000 Kilometern über der Erde positioniert. Damit muss das Signal einen langen Weg zurücklegen, bis es auf der Erde ankommt. Nutzer haben dadurch eine vergleichsweise große Verzögerung (Latenz). Die "Starlink"-Satelliten bewegen sich in einer viel niedrigeren Umlaufbahn – etwa 550 Kilometer oberhalb des Meeresspiegels. Somit werden Signale schneller bearbeitet und die Zeitverzögerung ist geringer.

In der ersten Ausbaustufe soll "Starlink" bereits mit 500 Satelliten im Orbit funktionieren. Doch für eine globale Abdeckung reicht das vermutlich bei Weitem nicht. Am Ende werde das Netzwerk aus zwölf- bis fünfzigtausend Satelliten bestehen, schätzen Experten. Genau weiß man das nicht.

DLR: "Für uns ist das zukünftiger Weltraumschrott"

Überhaupt ist nur wenig über das Projekt bekannt, wie Thomas Eversberg vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) kritisiert: "Wir wissen wenig über die Satelliten und wir wissen wenig darüber, was Elon Musk vorhat." Eversberg beobachtet erdnahe Objekte im Weltraum. Sein Urteil zu Elon Musks "Starlink"-Projekt ist eindeutig: "Für uns ist das zukünftiger Weltraumschrott."

Auch Amazon will eigene Satelliten

Und das Problem wird immer größer: Neben SpaceX gibt es noch andere Firmen mit ähnlichen Plänen. Die Firma OneWeb plant mit 650 Satelliten und hat Anfang Februar 34 Stück in die Erdumlaufbahn gebracht. Auch Amazon will in das Geschäft einsteigen. Der Konzern hat über 3.000 Satelliten genehmigen lassen. Aktuell ist der Konzern aber noch auf der Suche nach Mitarbeitern für das Projekt mit dem Namen "Kuiper".

Satelliten-Konstellationen: Astronomen fürchten um Forschungsarbeit

Bei allen Projekten sollen die Satelliten möglichst erdnah platziert werden. Astronomen sehen aber genau diese Erdnähe der Satelliten kritisch. Sie befürchten, dass astronomische Forschung von der Erde aus kaum noch möglich sein wird, da auf den Aufnahmen die Satelliten zu sehen sein werden.

Für Aufsehen sorgte im November ein Tweet von Astronomin Clarae Martínez-Vázquez. Sie postete eine Aufnahme der Cerro-Tololo-Sternwarte in Chile. Auf dem Schwarz-Weiß-Bild seien die Spuren von 19 "Starlink"-Satelliten zu sehen.

Auch die Internationale Astronomische Union (IAU) schrieb in einem Statement, dass noch nicht abzusehen sei, wie sich Megakonstellationen von Satelliten, wie das "Starlink"-Projekt, auf die astronomische Forschungsarbeit auswirken. Die Europäische Südsternwarte hat mitgeteilt, dass sie aktuell Untersuchungen zum Thema durchführe.

Aufnahmen von "Starlink": wie Perlen an einer Schnur

Für Thomas Eversberg vom DLR sind die teils drastischen Warnungen von Astronomen und Hobbyastronomen übertrieben. "Die Behauptung, dass mehr Satelliten als Sterne am Himmel zu sehen sind, stimmt nicht", sagt der Wissenschaftler. Denn hier komme man sich kaum in die Quere.

In dem Bereich, in dem Astronomen die Sterne beobachten, das sei etwa 30 Grad über dem Horizont, würden nur 300 Satelliten fliegen. Zudem gebe es heute schon Software, die die Satellitenspuren aus den Bildern herausrechnet. Auch das getwitterte Bild, auf dem die Satelliten wie Perlen an einer Schnur erkennbar sind, trete laut IAU nur direkt nach dem Start auf. Danach verteilten sich die Satelliten auf ihre geplanten Positionen.

Kollision mit Weltraumschrott zerstört Satelliten

Doch während sich die Astronomen über die Sichtbarkeit beschweren, befürchten Wissenschaftler des Weltraumlagezentrums im nordrhein-westfälischen Uedem ein viel gravierenderes Problem. "Wenn ein Teilchen Weltraumschrott, welches nur 1 Zentimeter groß ist, auf einen Satelliten trifft, dann zerstört es den Satelliten komplett, denn beide Objekte treffen mit über 50.000 Kilometern pro Stunde aufeinander", sagt Thomas Eversberg, der im Lagezentrum Weltraumschrott beobachtet.

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Die dadurch entstehenden Teilchen werden selbst wieder zu Weltraumschrott. "Weltraumschrott bedroht die Raumfahrt", sagt Eversberg. Laut einer Untersuchung der TU Braunschweig wird bis zum Jahr 2100 so viel Weltraumschrott im Orbit sein, dass Raumfahrt unmöglich wird. Aktuell befinden sich über 150 Millionen dieser Teilchen im Orbit, die meisten sind kleiner als 1 Millimeter.

Kommunikation mit SpaceX funktioniert noch nicht

Aber selbst wenn die "Starlink"-Satelliten nicht zerstört werden, werden sie zu Weltraumschrott. Denn die Satelliten haben nur eine Lebensdauer von fünf Jahren. Laut SpaceX sollen sie anschließend in der Atmosphäre verglühen. Gelingt das nicht, müssten sie auf einem Orbit sprichwörtlich geparkt werden.

Und noch ein Problem zeigt sich bereits heute. Die Kommunikation zwischen Elon Musks Weltraumfirma SpaceX und anderen Weltraumorganisationen scheint schlecht zu funktionieren. Der ESA-Satellit "Aeolus" musste einem "Starlink"-Satelliten bereits ausweichen, obwohl der ESA-Satellit quasi Vorfahrt hatte. SpaceX antwortete nicht beziehungsweise zu spät und nur per E-Mail. Man habe ein Problem mit dem Nachrichtensystem gehabt, schrieb SpaceX als Erklärung. "Wenn es jetzt schon Probleme gibt, wie soll das erst mit Zehntausenden Satelliten werden?", fragt sich Thomas Eversberg vom DLR.

"Das Problem mit dem Weltraumschrott wird wohl ewig bleiben"

Trotz dieser problematischen Punkte darf Elon Musk rechtlich gesehen sein Projekt durchführen. Jeder könne Objekte ins Weltall schießen, solang er sich an die Gesetze des Landes hält, erklärt Thomas Eversberg. "Ansonsten können Sie tun, was Sie wollen", sagt der Wissenschaftler weiter. Die Starts von "Starlink" wurden von der US-amerikanischen Kommunikationsbehörde FCC abgesegnet.

Und das Problem mit dem Weltraumschrott? "Es ist wie mit dem Klimawandel. Tun wir jetzt nichts, bekommen wir ein Problem", sagt Eversberg. Doch der Wissenschaftler sieht aktuell keine echte Lösung. Die Teilchen seien mit einer Größe unter 1 Zentimeter zu klein und mit 27.000 Kilometern pro Stunde zu schnell, um diese abzufangen. "Das Problem mit dem Weltraumschrott wird wohl ewig bleiben", so Eversberg.

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