Fabrikbesichtigung in Texas Apple in der Klemme zwischen China und Trump
Austin (dpa) - Für US-Präsident Donald Trump war der Abstecher zur neuen Apple-Fabrik im texanischen Austin eine willkommene Ablenkung vom laufenden Amtsenthebungsverfahren in Washington. Hier konnte er stolz Erfolge seiner Wirtschaftspolitik anpreisen.
"Ich habe immer gesagt, es wird den Tag geben, an dem Apple Fabriken in unserem Land eröffnet und nicht in China. Und dass passiert gerade", sprach Trump in die TV-Kameras. Die neue Apple-Fabrik sei Teil des amerikanischen Traums. "Unserem Land ging es noch nie so gut. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie nie zuvor."
Die Arbeitsplätze in der Fertigungshalle des Apple-Dienstleisters Flex in Austin haben allerdings nur in einem bescheidenen Maß zum Aufschwung auf dem US-Arbeitsmarkt beigetragen: Gerade mal gut 500 Jobs sind hier nach Angaben von Apple entstanden, um den neuen Spitzencomputer von Apple zusammenzumontieren.
Bei der Vorstellung des Rechners auf der Entwicklerkonferenz WWDC im vergangenen Juni hatte sich das Apple-Management noch in Schweigen gehüllt, ob die Neuauflage des Mac Pro wie das Vorgängermodell in Texas produziert wird. Vor dem Hintergrund des von US-Präsident Trump angezettelten Handelskriegs mit China hat sich in der Konzernzentrale im kalifornischen Cupertino aber schnell die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Entscheidung gegen Texas großen politischen Ärger auslösen würde.
Die symbolische Entscheidung für den Standort Austin wird wegen der vergleichsweise geringen Stückzahlen des Mac Pro kaum Spuren in der Apple-Bilanz hinterlassen, auch wenn die Produktionskosten in Texas höher sind als in einer asiatischen Fabrik. Um so wichtiger ist die Standortauswahl für den US-Präsidenten, der bei seiner Kampagne zur Wiederwahl im Jahr 2020 immer wieder betont, wie positiv sich die US-Wirtschaft unter seiner Regentschaft entwickelt hat.
Apple-Chef Tim Cook steht nicht im Verdacht, aus eigener politischen Überzeugung heraus dem konservativen US-Präsidenten leichtfertig Punkte im Wahlkampf zuzuschanzen. Cook gilt als liberal und hat in seinem Büro ein Porträt des US-amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King Jr. hängen. Als offen homosexuell lebender Mann spricht er oft über die Diskriminierungen, die er als Jugendlicher wegen seiner sexuellen Orientierung erlebt hat. Cook setzt sich auch dafür ein, dass Migranten, die als Kinder in die USA kamen, eine sichere Zukunft in den Vereinigten Staaten haben.
Als Konzernchef von Apple ist Cook allerdings auf den guten Willen des US-Präsidenten angewiesen. Sollten alle angekündigten Strafzölle gegen Produkte aus China hart durchgesetzt werden, würde vor allem das iPhone getroffen und in den USA spürbar teurer werden. Gleichzeitig bedroht der Handelskrieg die Stellung von Apple in China. Die Volksrepublik ist für den iPhone-Hersteller ein riesiger Absatzmarkt. Allein im jüngsten Geschäftsquartal machte Apple in "Greater China" (inklusive Taiwan) 9,2 Milliarden US-Dollar Umsatz. Das entspricht 17 Prozent des Gesamtumsatzes. Sollte sich der Handelskrieg weiter verschärfen, könnten sich die Verbraucher in China schon aus patriotischen Gründen gegen Apple-Produkte entscheiden. Der von US-Sanktionen betroffene einheimische Rivale Huawei verbucht bereits Absatzsprünge.
Der Apple-Chef hat also handfeste wirtschaftliche Interessen, Gehör bei Trump zu finden. Deshalb hat er auch die Einladungen von Trump zu verschiedenen Beraterrunden im Weißen Haus und im Trump Tower an der 5th Avenue in New York angenommen. Cook wurde auch zwei Mal zu Abendessen in den Trump-Golfclub in Bedminster im US-Bundesstaat New Jersey eingeladen. Bei diesen Gelegenheiten sucht er insbesondere die Nähe zu Trumps Tochter Ivanka, die als Beraterin in Weißen Haus agiert. Cook begleitete Ivanka Trump auch auf einer Reise, um Schulen im US-Bundesstaat Idaho zu besuchen. Nebenbei konnte er auch Werbung für den Einsatz von iPads und MacBooks an den US-Schulen machen.
Beim der Fabrikbesichtigung am Mittwoch in Austin hielt Cook dem US-Präsidenten einen längeren Vortrag darüber, wie wichtig der Produktionsstandort USA für Apple sei. Das Unternehmen beziehe Teile von rund 9000 amerikanischen Zulieferbetrieben und werde bis zum Jahr 2023 für eine Wirtschaftsleistung von rund 350 Milliarden Dollar im Heimatland verantwortlich sein.
Trump schrieb nach dem Besuch auf Twitter, er könne sich auch vorstellen, dass Apple sich am Aufbau eines 5G-Mobilfunknetzes in den USA beteiligen könne. "Sie verfügen über alles Notwendige - Geld, Technologie, Vision & Cook!", twitterte der Präsident.
Hoffnungen, dass die Produktion des iPhones von Asien in die USA verlagert wird, kann der Präsident sich allerdings nicht machen. Das mit Abstand wichtigste Apple-Produkt wird vor allem in chinesischen Fabriken des taiwanesischen Produktionsgiganten Foxconn hergestellt. Dort sind nicht nur hunderttausende Arbeiter mit der Montage beschäftigt, sondern auch unzählige hoch qualifizierte Ingenieure.
Vor zwei Jahren hat Cook auch ausführlich erläutert, warum Apple weiterhin vor allem in China produzieren lässt. Dabei spielten die niedrigeren Montagekosten nur eine untergeordnete Rolle, sagte er auf dem Fortune Global Forum im chinesischen Guangzhou. "In China findet man die Schnittstelle zwischen handwerklicher Kompetenz, anspruchsvoller Robotik und der Welt der Informatik." Diese Art von Geschicklichkeit sei für das Geschäft von Apple sehr wichtig. "Uns gefällt die Präzision und das Qualitätsniveau." Viele China-Pläne von Unternehmen richteten sich an der Größe des chinesischen Marktes aus. "Aber für uns ist die Attraktion Nummer eins die Qualität der Leute."
Im Vorfeld des Trump-Besuchs in Austin schlug Cook einen anderen Ton an. Eigentlich werde das iPhone überall produziert, sagte Cook dem TV-Sender ABC News: "Das Glas des iPhone, das jeder den ganzen Tag berührt, wird in Kentucky hergestellt. Wenn man das iPhone auseinandernehmen würde, würde man viele Chips sehen, die auch in den Vereinigten Staaten hergestellt werden. Das iPhone ist das Produkt einer globalen Lieferkette."