Musk beschimpft behinderten Mitarbeiter "Welche Arbeit hast du gemacht?"
Ein Twitter-Mitarbeiter wird aus dem System ausgesperrt und fragt bei Elon Musk nach, ob er gefeuert worden sei. Es entspinnt sich ein bizarrer öffentlicher Schlagabtausch.
Seit Elon Musk die Kontrolle bei Twitter übernommen hat, ist in dem Unternehmen nichts mehr, wie es war. In dem verzweifelten Versuch, den Kurznachrichtendienst profitabler zu machen, greift der Milliardär dabei zu teils bizarren Mitteln.
So sollen etliche Rechnungen sowie die Miete für Büroräume nicht gezahlt, Verträge mit Reinigungskräften nicht erneuert worden sein. Büroinventar wurde versteigert – ein anonymer Mitarbeiter berichtete der BBC sogar, dass Twitter versucht habe, Büropflanzen an die Angstellten zu verkaufen.
Deaktivierung von Accounts als Kündigungsvorzeichen
Beliebteste Sparmaßnahme des Milliardärs ist aber weiterhin das Feuern von Mitarbeitern. Direkt nach der Übernahme trennte er sich von nahezu der Hälfte der Twitter-Angestellten. Trotz gegenteiliger Bekundungen schlossen sich seitdem etliche Kündigungsrunden an.
Dabei scheint sich ein typisches Muster abzuzeichnen: Statt den Mitarbeitern ihre Kündigung mitzuteilen, werden einfach deren Accounts deaktiviert. Diese stellen dann fest, dass sie sich nicht mehr in das System des Unternehmens einloggen können.
So erging es vor gut einer Woche auch dem Twitter-Mitarbeiter Haraldur Thorleifsson, genannt Halli. Er leidet an Muskeldystrophie, sitzt bereits seit Jahren im Rollstuhl und kann seine Arme und Hände kaum noch bewegen. Als sich auch auf wiederholte Nachfrage bei der Personalabteilung niemand bei ihm meldete, um ihm seine Kündigung zu bestätigen, verfasste er einen Tweet direkt an Elon Musk mit der Bitte, ob er für Klarheit sorgen könne.
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Am Tag darauf antwortete Musk tatsächlich und fragte Halli schlicht: "Welche Arbeit hast du gemacht?" Die folgende Aufzählung Hallis genügte Musk offenbar nicht, nach einer kritischen Nachfrage legte der Twitter-Chef nach, behauptete, dass der Ex-Mitarbeiter keine "richtige Arbeit" geleistet habe und überdies wohlhabend sei.
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Die "Behauptung" Hallis, eine Behinderung zu haben, die ihn daran hindere zu tippen, sei zudem nur eine Ausrede – schließlich verfasse er doch fleißig Tweets. "Ich kann nicht sagen, dass ich da sonderlich viel Respekt für habe", schloss Musk seinen Tweet – und besiegelte damit seine eigene öffentliche Blamage.
Später legte der Unternehmer noch nach, dass Halli wohlhabend sei und mit seiner öffentlichen Frage bei ihm nur auf eine große Zahlung hoffe. Außerdem habe man Musk berichtet, dass Halli in den vergangenen vier Monaten nahezu keine Arbeit geleistet habe – weder im mittleren Management noch an anderer Stelle. Anschließend wiederholte Musk noch einmal die indirekte Behauptung, Thorleifssons Behinderung sei nur vorgeschoben, schließlich könne er ja twittern.
Die große Unterstützung, die Thorleifsson auf Twitter von ehemaligen Kollegen erfahre, "beschädigt mein Vertrauen in die Menschheit", schließt Musk die Tirade ab.
Thorleifsson führt daraufhin genüsslich in einer Reihe von Tweets aus, wie beeinträchtigt er durch seine Erkrankung tatsächlich sei, nicht länger als eine Stunde am Stück eine Tastatur bedienen könne – und seinen Wohlstand der Tatsache zu verdanken habe, dass er sein erfolgreiches Start-up an Twitter verkauft und "nicht etwa eine Smaragdmine geerbt habe".
Offenbar dämmerte Musk im Laufe des Dienstags, dass er sich mit seinen Äußerungen ins Abseits manövriert hatte – und erklärte unter einem weiteren Unterstützer-Tweet für Halli, dass er nun nach einem Videoanruf habe herausfinden wollen, was von seinen Informationen tatsächlich richtig sei: "Es ist besser mit Menschen zu reden, als via Tweets zu kommunizieren."
Direkt im Anschluss folgte dann tatsächlich eine Entschuldigung von Musk:
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"Ich möchte mich bei Halli entschuldigen", heißt es darin. Er habe die Situation falsch verstanden, was an falschen und teilweise bedeutungslosen Informationen gelegen habe. Halli erwäge bei Twitter zu bleiben, schreibt Musk abschließend noch.
Von Hallis Seite gab es dazu bislang keine Bestätigung. Fest steht nur, dass die Reihe bizarrer Musk-Twitter-Anekdoten nun um eine Geschichte reicher ist.
- BBC: Twitter insiders: We can't protect users from trolling under Musk