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TV-Tipp - Eine Fahrt ins Ungewisse: "Der Alte und die Nervensäge"


TV-Tipp
Eine Fahrt ins Ungewisse: "Der Alte und die Nervensäge"

Von dpa
11.12.2020Lesedauer: 2 Min.
Wilhelm Schürmann (Jürgen Prochnow, r) ist mit dem Ausreißer Felix (Marinus Hohmann, l) im Campingbus auf Tour.Vergrößern des Bildes
Wilhelm Schürmann (Jürgen Prochnow, r) ist mit dem Ausreißer Felix (Marinus Hohmann, l) im Campingbus auf Tour. (Quelle: Martin Rottenkolber/ARD Degeto/dpa./dpa)
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Berlin (dpa) - Ein älterer Mann hat keine Lust mehr auf Bevormundung durch seine Kinder. Ein jüngerer Mann haut von seinem "blöden Vater" ab. Die beiden stoßen zufällig aufeinander.

So beginnt ein ganz besonderes Abenteuer - an diesem Freitag zu sehen in dem Roadmovie "Der Alte und die Nervensäge" um 20.15 Uhr im Ersten.

Wilhelm Schürmann (Jürgen Prochnow) hat kurz vor seinem 75. Geburtstag einen Schwächeanfall, sein Blutdruck ist zu hoch. Zum Glück findet ihn seine Tochter Bettina (Katja Studt) im Garten und macht ihm prompt das Angebot, zu ihr zu ziehen. Doch der Griesgram denkt gar nicht daran und verschwindet lieber mit seinem geliebten Campingbus, einem Oldtimer namens "Wölkchen". Dummerweise bleibt er nicht allein, denn dreist hängt sich der 16-jährige Ausreißer Felix (Marinus Hohmann) wie eine Klette an ihn.

Wohin es gehen soll, ist dem Jungen egal. Doch Wilhelm möchte die Urlaubstour früherer Jahre nachfahren, sich dabei an seine gestorbene Frau erinnern - und Felix so schnell wie möglich loswerden. Derweil heften sich Wilhelms Sohn Martin (David Rott) und Felix' alleinerziehende Mutter Ines (Karolina Lodyga) an ihre Fersen, wobei die zwei sich unverhofft näherkommen.

Die beiden ungleichen Reisenden Wilhelm und Felix haben mehr gemeinsam als es zunächst scheinen mag. Sie wollen beide aus ihrem bisherigen Leben ausbrechen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Felix flieht vor seinem Vater, dem er als Sohn völlig egal ist, Wilhelm vor seiner überfürsorglichen Tochter - und beide haben Angst vor der Zukunft. Ganz allmählich beginnen sie, sich ernsthaft füreinander zu interessieren und miteinander zu reden. Natürlich macht sich auch die zurückgelassene Verwandtschaft ihre Gedanken darüber, warum die beiden überhaupt abgehauen sind. Unterwegs geraten sie in eine turbulente türkische Hochzeit, führen sehr persönliche Gespräche am Lagerfeuer und fliehen sogar vor der Polizei.

Die Regisseurin Uljana Havemann (47, "Geheimnisvolle Freundinnen") hat ein ebenso unterhaltsames wie lebenskluges, aber vor allem verständnisvolles Roadmovie inszeniert. Die Sprache mag stellenweise etwas zu flapsig erscheinen, passt aber gut zu den beiden Hauptfiguren; die ereignisreiche Story ist gut durchdacht und erzählt. Das Drehbuch mit dem viel schöneren Originaltitel "Opa hat die Schnauze voll" stammt von Debüt-Autorin Nadine Schweigardt, die 2017 dafür den Degeto-Nachwuchspreis "Impuls" gewann.

Die Darsteller spielen ihre Figuren charmant und glaubhaft - insbesondere Marinus Hohmann (16, "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl"). Ihm gelingt es mühelos, mit dem Hollywood-Star Jürgen Prochnow (79, "Leanders letzte Reise") mitzuhalten - zumal dieser darauf verzichtet, den Jüngeren einfach an die Wand zu spielen.

Der humorvolle Film steckt voller Lebensfreude und ist insbesondere deshalb unterhaltsam, weil er viel Respekt der beiden Abenteurer füreinander und für ihre Ansichten zeigt. Er bietet hübsche Nostalgie - vor allem der babyblaue Ford Transit (Baujahr 1974) ist ein wahres, gut gepflegtes Schmuckstück, das sich unterwegs schon mal selbstständig macht. Auf der ungewöhnlichen Reise entstehen viele schöne Bilder, denn sie führt von Wuppertal über Monheim am Rhein entlang bis ins Berchtesgadener Land, und sie birgt so manche Überraschung - bis zum versöhnlichen Schluss.

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