Stimmt die Balance zwischen Krimi und Komödie? So wird der neue "Tatort" aus Münster
Freundschaft, Liebe, Treue: Im "Tatort" aus Münster wird es grundsätzlich. Thiel ermittelt in einem Mordfall. Boerne hängt irgendwie mit drin – blind vor Liebe.
Im "Tatort: Ein Freund, ein guter Freund" muss Frank Thiel (Axel Prahl) den Mord an einem Anwalt aufklären. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) hat mit persönlichen Problemen zu kämpfen. Das erwartet die Zuschauerinnen und Zuschauer im neuen Fall aus Münster, den das Erste am Sonntagabend um 20.15 Uhr zeigt.
Los geht es mit einer Szene, in der Boerne vor der versammelten besseren Gesellschaft Münsters eine Abschiedsrede hält. Auf ein befreundetes Ehepaar, das die Stadt verlassen will.
Er (Jan Georg Schütte) ein Topanwalt mit Kontakten in alle Gesellschaftsbereiche und sie (Proschat Madani), Boernes heimliche Liebe. Bei der Gartenparty lässt es der Professor erst mit Worten, dann mit Alkohol krachen. Der Kater am nächsten Tag wird fürchterlich.
Hinter Boernes Rücken machen sich die Gäste lustig – über die angeblich spontane und nicht vorbereitete Rede. Geladen sind auch Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann), Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Boernes Assistentin Silke Haller (Christine Urspruch). Boerne protzt mit seinen akademischen Titeln – und Thiel wünscht sich, der Professor möge endlich die Schnauze halten.
Schnitt: In einer heruntergekommenen Kanzlei knüpft sich Mafiaboss Nino Agostini (Claudio Caiolo) seinen Verteidiger vor. Der hat einen Prozess vergeigt und wird jetzt bedroht. Kurz darauf ist er tot. Regisseurin Janis Rebecca Rattenni führt das Publikum mit einem ungewohnten Stilmittel, einem geteilten Bildschirm, durch die Szenen. Für sie ist es die erste Regie bei einem "Tatort". Bei Fällen aus Münster für sie herausfordernd: "die Balance zwischen Krimi und Komödie zu finden".
Das gelingt ihr. Sie verknüpft Handlungsstränge kurzweilig miteinander und garniert die Geschichte um den toten Anwalt, eine Entführung und die Mafia im Münsterland gekonnt mit den gewohnt witzigen Wortduellen zwischen den Figuren.
"Druck von unten, sagt er von oben herab"
Drehbuchautor Benjamin Hessler spielt bissig mit Wortakrobatik. Als Boerne auf Laborergebnisse wartet, fordert er seine kleinwüchsige Assistentin auf, "Druck von unten bei den Kollegen auszuüben". "Druck von unten, sagt er von oben herab", empört sich Haller – und greift dennoch zum Telefonhörer, um die Kollegen zu drängen.
Nach dem Finale erlaubt der Professor einen seltenen Einblick in seine Gefühlswelt, mit Tränen in den Augen – getarnt als Vorlesung über Evolutionsbiologie. Liebe, sagt Boerne zu Thiel, sei nichts anderes als eine Fehlfunktion, die fatale Konsequenzen haben könne. "Für die Erhaltung der Gattung gänzlich unnötig." Dieser Münster-"Tatort" ist durch und durch Krimi und Komödie.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und spot on news