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"Germany's Next Topmodel": Marketingstreich statt Aufklärungsauftrag


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"Germany's next Topmodel"
Wenn der Aufklärungsauftrag zum Marketingstreich wird

MeinungVon Sebastian Goddemeier

Aktualisiert am 03.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Heidi Klum sucht auch 2022 wieder "Germany's next Topmodel".Vergrößern des Bildes
Heidi Klum sucht auch 2022 wieder "Germany's next Topmodel". (Quelle: ProSieben/Rankin)
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Bei GNTM soll in diesem Jahr mal wieder alles anders werden – verspricht zumindest Modelmama Heidi Klum. Die 17. Staffel der Sendung sei so vielfältig wie noch nie. Doch dabei bleibt viel auf der Strecke.

Heute Abend startet "Germany's next Topmodel" in die 17. Staffel. Seit 2006 sucht Heidi Klum im TV nach "Deutschlands schönstem Mädchen". Doch in den vergangenen 15 Jahren hat sich einiges geändert. In der letzten Ausgabe versuchten der Sender und die Jurychefin verstärkt mit Curvy Models, People of Color und queeren Menschen zu punkten. Diesmal dürfen auch petite Models, also kleinere Frauen, und ältere Models über den Klum'schen Laufsteg tapsen. Vor allem die Älteren werden stark beworben. An sich nicht verkehrt, die Diversitätskeule zu schwingen – wenn es nicht ein Marketingstreich wäre.

Sensibilität und Fingerspitzengefühl sind gefragt

Als im vorigen Jahr Alex Mariah Peter zum deutschen Topmodel gekürt wurde, war das eine große Überraschung. Dass Transfrauen bei GNTM teilnehmen durften, war nicht neu. Aber dass sich eine den Sieg holt? Das ließ vor allem die queere Community jubeln. Heidi hatte auf einmal einen Stein im Brett, nachdem ihr Format "Queen of Drags" von queeren Menschen eher kritisiert wurde.

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Grundsätzlich ist es lobenswert, dass GNTM mit seinen über zwei Millionen Zuschauern und Zuschauerinnen gesellschaftlichen Minderheiten eine Plattform und damit Repräsentanz verschafft. Neben Alex war im vergangenen Jahr allerdings auch Soulin zu sehen. Sie wurde nicht nur mit ihrer Zielstrebigkeit, sondern auch mit ihrer Fluchtgeschichte aus Syrien hervorgehoben. ProSieben freute sich: Diversität, juhu! Ein aktuelles Thema, an dem sich Menschen aufreiben – noch besser!

Allerdings muss man wissen, mit solchen Themen umzugehen. Sensibilität und Fingerspitzengefühl sind gefragt. Auf einmal war da ein politisches Thema, das ProSieben mit Kriegsbildern untermalte, auf denen vielleicht sogar Menschen starben, während eine Frau von ihren traumatischen Erfahrungen erzählte. Ein Schachzug, der in einer Unterhaltungssendung wie GNTM absolut fehlplatziert und instrumentalisiert wirkte.

Bitte nicht falsch verstehen, Soulin darf ihre Geschichte erzählen. Bitte auch so oft wie möglich. Jedoch sollte dies nicht derart in einem Unterhaltungsformat ausgeschlachtet werden. Schon hier munkelte der ein und andere unter den Zuschauenden: Da wird doch wohl nicht etwa mit Kalkül gehandelt?

Raus mit dem Alten und rein mit dem … Alten

Die beworbene Diversität sieht 2022 buchstäblich anders aus. Während in den Jahren zuvor alle Frauen über 30 wie Wegwerfprodukte behandelt wurden, will man nun auch älteren Damen eine Bühne geben. Liselotte ist 66 und möchte einen "sexy Walk" von Heidi lernen. Barbara ist noch zwei Jahre älter und erfüllt sich mit ihrer Teilnahme einen großen Traum. Und Martina tritt gleich gemeinsam mit ihrer jungen Tochter an.

ProSieben und Heidi Klum scheinen ein Zeichen setzen zu wollen: Wir sind inklusiv. Diverser. Noch besser. Am Puls der Zeit. Frauen aller Altersklassen, Kleider- und Körpergrößen und People of Color dürfen bei uns sein. Könnte man meinen. Wenn man genauer hinschaut, lautet das Motto eher: Raus mit dem Alten und rein mit dem … Alten.

Vielfalt und Sichtbarkeit von diversen Menschen stehen vor allem bei der jungen Zielgruppe hoch im Kurs – und so passt sich eben auch die Klum'sche Unterhaltungsshow an, um möglichst gute Quoten zu fahren. Das war schon immer so – was gerade im Trend ist, findet in dem Format Platz. Das fängt bei Schuhen und Musik an und zieht sich bis zu den Kandidatinnen. Damit werden die Menschen und ihre sehr persönlichen Geschichten letzten Endes zu Produkten.

GNTM – von der Castingshow zum Realityformat

Das Problem ist, dass GNTM mit der Repräsentation von Minderheiten bisher keinem wirklichen Aufklärungsauftrag nachkommt. Die Geschichten der Protagonistinnen werden, wie im vorigen Jahr mit Soulin, skandalisiert, um Quote zu machen – und nicht, um zum Beispiel Verständnis für Transpersonen oder Geflüchtete zu schaffen. Damit bleibt GNTM seinen alten Mustern treu und oberflächlich wie eh und je: Die Size Zero von 1,75 Meter großen Frauen wurde gegen große Größen, Alter, Sexualitäten und Migrationsgeschichten ausgetauscht.

Mittlerweile stehen somit nicht mehr der Kampf um den Titel "Germany's next Topmodel" – von denen es ohnehin schon sehr viele gibt – und die Shootings der Serie im Fokus, sondern die sehr persönlichen Geschichten der einzelnen Kandidatinnen. GNTM mausert sich, ähnlich wie andere Formate à la DSDS, immer weiter von einer Castingshow zu einem Realityformat. Was zuvor noch Glamour hatte, landet zunehmend in der Trash-Ecke.

So besonders die Kandidatinnen auch in diesem Jahr sein mögen, so austauschbar bleiben sie leider in der Welt von GNTM. Überhaupt fällt es meist schwer, sich an die Gewinnerin des Vorjahres zu erinnern – Alex einmal ausgenommen. Die Mädels scheinen sich dessen mittlerweile jedoch bewusst zu sein: Statt die Laufstege der Welt zu erobern, werden sie jetzt Influencerinnen und gehen mit je ein paar Hunderttausend Followern aus der Staffel. Auf Instagram können sie ein Star sein – und ein Model ohnehin.

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