"Tatort" aus München Schleppend, unlogisch, dröge
Kindesmissbrauch und selbst ernannte Rächer, darum geht es im Münchner "Tatort". Die Täter bedienen sich einer Smartpuppe, um Zugang zu den Herzen der Kinder und zu den Häusern der Väter zu bekommen. Eigentlich kein schlechter Stoff, aber er zündet so gar nicht.
Mensch, was ist bloß mit Kalli los? Es sei technisch nicht möglich, einen bestimmten Post im Netz zurückzuverfolgen, klärt der sympathische Oberchecker seine angegrauten Kollegen auf. Wenn schon Kalli (Ferdinand Hofer) ein Computerproblem nicht lösen kann, dann sieht es wirklich düster aus. Wie überhaupt dieser gar nicht adventliche Münchner "Tatort" meistens düster und grünstichig daherkommt.
Die Münchner Kriminalhauptkommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) nähern sich betulich und brav dem Fall (Regie: Sven Bohse). Seit 1991 schon ist das Team gemeinsam unterwegs, da hat sich alles eingespielt, aber es fehlt an Reibung zwischen den beiden, an Spannung.
Smart sind nur die Puppen
Und im Verlauf der Handlung fragt man sich immer wieder – wie das jetzt? Smartpuppen, die Kinder abhören und manipulieren, gibt es tatsächlich und sie sind, wie im "Tatort", in Deutschland verboten. Aber andere Ungereimtheiten stören doch. Eine ganze Wagenladung dieser Smartpuppen ist im Einsatz, und schwuppdiwupp finden die Kommissare alle Puppen.
Dann schleicht sich Ivo (Miroslav Nemec) in eine Männergruppe ein, alle dort sind selbst ehemalige Missbrauchsopfer. Ein wichtiges Thema, zweifelsohne. Das hier aber allzu lapidar verhandelt wird. Und soll man dem Kommissar jetzt glauben, dass er als Jugendlicher im Sportverein missbraucht wurde? Und wieder: Zack, der erste Ansatz ist gleich der passende. Die Münchner Ermittler haben den richtigen Gesprächskreis aufgestöbert. Und finden auch gleich einen Verdächtigen, der sich genauso bewegt wie der potenzielle Täter, den die Überwachungskamera beobachtete (Buch: Michael Proehl, Michael Comtesse).
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Gut gelingt es jedoch, außer dem schicken München immer auch schrabbelige Gegenden einzubauen. Und gruselig ist tatsächlich die Puppe, nicht wegen der im Dunkeln blau leuchtenden Augen, sondern wegen ihrer grenzenlosen Spionagefähigkeiten.
Doch nur normal böse
Die bedrückende Geschichte – Männer, die als Kinder in ihren Familien zu Missbrauchsopfern wurden und nun Täter werden, aber so aus ihrem Opferdasein nicht herauskommen – dreht sich am Ende in die ganz normale Rache eines nicht missbrauchten, nur bösen jungen Mannes. Damit löst sich die Dringlichkeit des Missbrauchsthemas am Ende auf. Als hätte man dem eigentlichen Handlungsstrang nicht ganz vertraut.
"Gschaftler!", grummelt Kalli einmal nach einem Telefonat mit den Kommissaren. "Wichtigtuer", heißt das in etwa übersetzt. Die Zuschauer aber denken sich schon lang: Kalli – übernehmen Sie!
- "Tatort" vom 2. Dezember 2018