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"Tatort" aus Münster im Faktencheck: Werden im Zoo wirklich Tiere geklaut?


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Der Faktencheck zum "Tatort"
Werden im Zoo wirklich Tiere geklaut?

Von Barbara Schaefer

Aktualisiert am 28.05.2018Lesedauer: 5 Min.
Der Kommissar und die Pinguin-Dame: Bei seinen Undercover-Ermittlungen im Zoo schließt "Tierpfleger" Frank Thiel (Axel Prahl) Pinguin Sandy (Sandy) in sein Herz.Vergrößern des Bildes
Der Kommissar und die Pinguin-Dame: Bei seinen Undercover-Ermittlungen im Zoo schließt "Tierpfleger" Frank Thiel (Axel Prahl) Pinguin Sandy (Sandy) in sein Herz. (Quelle: WDR/Thomas Kost)
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Boerne seziert Leichen und serviert Entenconsommé, Thiel muss vorkosten bei der Ente, und Staatsanwältin Klemm sich gegen den Verdacht wehren, mit dem Tod einer katzenliebenden Nachbarin in Verbindung zu stehen. Tatsächlich geht es aber im "Tatort" in Münster um etwas ganz anderes: Tiere essen. Und zwar exotische, nicht Nachbars Katz. Wer macht denn sowas?

Legendär, diese Speisenfolge: "Carpaccio vom Koalabären, Souffle an Flamingozungen, Tafelspitz vom Riesenwaran" – ganz so weit wie in Gerhard Polts Persiflage geht es in Münster nicht, aber die Robbe hängt schon mal tot im Gefrierraum. Kommissar Thiel (Axel Prahl) und seine Kollegin Krusenstern (Friederike Kempter) müssen einige Umwege gehen, bis sie dem Mörder von Patrizia Merkens auf die Schliche kommen.

Die tierliebe Nachbarin von Staatsanwältin Klemm (Rauchestimme Mechthild Großmann) wollte ihr Geld dem Zoo vermachen, entdeckt aber, dass im Zoo Tiere verschwinden. Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) macht es sich derweil in seiner alten Arroganz gemütlich und träumt von einer zweiten Karriere als Fernsehkoch. Das entlockt Thiel ein feistes Grinsen, "kesse Lippe" nennt es Boerne.

Thiel soll mit seinem Vater auf Radtour, schleicht sich aber lieber Undercover als Tierpfleger in den Zoo ein. Und trifft dort auf den eigentlichen Star dieser Folge: Sandy, das Brillenpinguin-Weibchen, das schon in Fernsehshows auftrat und im echten Leben tatsächlich im Zoo in Münster herumwatschelt.

Natürlich wird wieder viel gekalauert – routiniert eingebaut von den Drehbuchautoren Stefan Cantz und Jan Hinter, die mit "Schlangengrube" bereits ihren 13. Münsteraner "Tatort" geschrieben haben. Einige Witze haben allerdings mittlerweile einen ziemlichen Bart, wie Thiels kiffender Hippie-Vater und Boernes Alberich-Querschläger. Es war schon lustiger in Münster, auch wenn die Regie (das erste Mal: Samira Radsi) souverän das Drehbuch umsetzte.

"Wenn wir etwas nicht brauchen, dann sind es noch mehr tote Tiere", heißt es im Drehbuch – aber werden wirklich Zootiere geklaut und gegessen? t-online.de hat nachgefragt.

Faktencheck

Fragen an: Zoo-Kuratorin Dr. Simone Schehka, Allwetterzoo Münster

t-online.de: Dr. Simone Schehka, ist Tierdiebstahl ein Problem für Zoos?

Dr. Simone Schehka: Leider ja. Gerade in Nordrhein-Westfalen haben wir es vermehrt damit zu tun. Seit etwa 2015 werden bedrohte Arten nachts aus den Gehegen gestohlen. Etwa Goldene Löwenäffchen aus dem Zoo Krefeld, Totenkopfäffchen aus dem Affen- und Vogelpark in Eckenhagen. Die gingen vermutlich an Liebhaber. Der Handel mit bedrohten Arten ist verboten, aber es gibt einen Schwarzmarkt.

Und wer steigt da nachts im Zoo ein?

Ob die Diebstähle beauftragt wurden, oder ob organisierte Täter losziehen und sie danach anbieten, wir wissen das nicht. All diese Tiere tragen einen Transponder, und werden dennoch nicht mehr gefunden. Die Fälle werden so gut wie nie aufgeklärt.

Wurden und werden auch in Münster Tiere geklaut?

Wir sind noch verschont geblieben, jedenfalls was bedrohte Arten anbelangt. Professionelle Diebstähle gab es bislang nicht, aber tagsüber wurden schon zahme Vögel aus der Tropenhalle eingesteckt. Ein sprechender Beo war auf einmal weg, und der konnte definitiv nicht wegfliegen, weil es mehrere Schleusen gibt. Sogar Pflanzen werden geklaut. Unsere Kakteen wurden irgendwann immer weniger.

Was können Sie dagegen unternehmen?

Wir haben aufgerüstet. Unsere bedrohten Affen können jetzt leider nicht mehr nachts draußen schlafen. Unsere größte Sorge gilt den vier Nashörnern. Westlich von Paris wurde vergangenes Jahr in einem Zoo ein Breitmaul-Nashorn erschossen und das Horn abgesägt. Wir haben nun Kameras installiert und setzen auf die abschreckende Wirkung.

Werden es immer weniger Tiere?

Nun ja, es gibt auch das Gegenteil, wir bekommen "Geschenke". Da werden Schildkröten in unseren Teichen ausgesetzt. Oder mal ein Karton voller Meerschweinchen dagelassen. Aber das geht natürlich nicht. Wir unterliegen dem sogenannten Balai-Status, das ist eine EU-Verordnung, die die tierseuchenrechtlichen Anforderungen regelt. Dafür müssen wir hart arbeiten, alle Tiere werden regelmäßig untersucht auf Seuchen, Parasiten und ansteckende Krankheiten. So schützen wir unsere wertvollen Populationen. Kommen nun nicht untersuchte Tiere mit unseren Tieren in Kontakt, können sie natürlich Krankheiten übertragen – und das gefährdet unsere Zootiere.

Was passiert mit Tieren, die im Zoo sterben?

Unsere Tiere erreichen meist ein hohes Lebensalter, es ist ja nicht wie in der Wildbahn, wo sie zum Beispiel aufgrund von Krankheiten vom Löwen gerissen werden. Unsere kranken Tiere behandelt der Tierarzt, nur aussichtslos kranke Tiere werden eingeschläfert. Die Tierkörper kommen in eine fachspezifische Pathologie, dort werden sie untersucht, zum Beispiel wird nach Parasiten geschaut oder nach ansteckenden Krankheiten, auch der Ernährungszustand wird ermittelt oder der Zustand der Knochen und Gelenke.

Und das war's?

Die Ergebnisse sind wichtige Informationen für uns. Wildtiere zeigen meist erst sehr spät Schmerzen an, denn draußen in der Natur wäre das sofort ein Signal für den Löwen. Aber wir wollen ja nicht, dass Tiere hier mit Schmerzen herumlaufen. Etwa mit Arthrose. Die Ergebnisse der toten Tiere sind also wichtig für unsere lebenden Tiere. Aber die Tierkörper sehen wir nie wieder. Die werden entsorgt oder gehen als Exponat ins Museum.

Im "Tatort" heißt es: "Die Kadaver werden nicht an die Löwen verfüttert, das würde einen Aufschrei unserer Tierschützer hervorrufen" – wie gehen Sie mit dieser Problematik um?

Das ist ein komplexes Thema. Wenn etwa eine Giraffe sich verletzt, wird sie in Narkose gelegt, damit der Tierarzt sie untersuchen kann. Mit dem Narkosemittel im Körper kann das Tier ohnehin nicht mehr verfüttert werden. Wenn es eingeschläfert werden muss, geht es ebenfalls zum Veterinäramt. Aber man muss ja fragen, ob das Leben eines Schweines oder Rindes weniger wert ist, als das einer Giraffe? Und wir können unsere Raubkatzen nicht mit einem Protein-Shake füttern, das wird nix.

Womit füttern Sie also die Raubtiere?

Zum Beispiel mit eigens bei uns gezüchteten Ziegen. Diese werden bei uns geboren, haben ein gutes Leben, und werden schließlich durch extra geschultes Personal geschlachtet. Allerdings gibt es während der Besucherzeiten bei uns keine Ganzkörperfütterung, aber wir lassen zum Beispiel das Fell an den portionierten Fleischstücken. In Deutschland ist die Ganzkörperfütterung noch immer ein sensibles Thema.

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Im "Tatort" werden aus den gestohlenen Tieren exotische Gerichte fabriziert – haben Sie je von so etwas gehört?

In Verbindung mit Zoos – nein. Und das wäre mir sicher in Erinnerung geblieben. Aber es gibt zum Beispiel Kaviar vom Beluga-Stör, und da steht dann, er sei aus Aquakultur. Man weiß aber, dass man Stör im Grunde nicht züchten kann. Was bedeutet: Da hat jemand gewildert und einen Stör aus dem Meer entnommen.

Laut Drehbuch gibt es für so einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz "maximal eine Geldstrafe" – stimmt das?

Im Tierschutzgesetz heißt es: "Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt." Und das ist auch gut so. Tiere in menschlicher Obhut sind zu schützen und respektvoll zu behandeln.

Verwendete Quellen
  • www.allwetterzoo.de
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