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"Tatort"-Kritik: Das Monster, das uns die Kehle durchtrennt


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"Tatort" mit Leitmayr und Batic
Das Monster, das uns grinsend die Kehle durchtrennt

von Verena Maria Dittrich

27.04.2017Lesedauer: 3 Min.
Das Ermittler-Duo Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) steht dem Grauen gegenüber.Vergrößern des Bildes
Das Ermittler-Duo Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) steht dem Grauen gegenüber. (Quelle: BR/X Filme/Hagen Keller)
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Was, wenn er plötzlich vor einem steht? Ein kranker Messerstecher geht um - am helllichten Tag, mitten in der belebten City. Das Perfide: Er wählt seine Opfer nach dem Zufallsprinzip aus. Die sonst so Hartgesottenen, Batic und Leitmayr stoßen an ihre Grenzen.

"Eins, zwei, drei, vier", zählt der Killer wie ein Kind beim Versteckspiel und rammt dann einem ihm vollkommen Unbekannten auf einem öffentlichen Platz ein Messer zwischen die Rippen. Es ist ein sonniger Tag in München: Kinder spielen Hopse, Erwachsene kaufen ein, ein Springbrunnen plätschert sanft im Hintergrund. Der Messermann brabbelt in sich hinein, dann schlendert er seelenruhig von dannen. Niemand hält ihn auf.

Ziemlich harter Tobak, mit dem uns die "Tatort"-Macher des Bayerischen Rundfunks an diesem Sonntag überfallen. Da bekommt der schnelle Gang zum Späti oder das Gassigehen mit "Zorro" oder "Bella" eine völlig neue Dimension. Unsere Gesellschaft gleicht immer mehr einem Freitiergehege, man muss inzwischen mit allem rechnen. Nach dem neuen "Tatort" auch mit dem Pech, von einem trübsinnigen Flaneur einfach so abgestochen zu werden.

Der Täter kennt dich nicht und du kennst den Täter nicht, aber leider kreuzen sich zufällig eure Wege. Eins, zwei, drei, vier - tot. Neben der latenten Terror- und Amokgefahr noch eine Sorge mehr – hoffentlich nicht auf empathielose Gestalten zu stoßen, die den Zwang haben, Passanten zu töten.

Konn moi bitte oana de Polizei ruafn?

"Der Tod ist unser ganzes Leben", so der philosophische Titel des Münchner "Tatort", lässt den Zuschauer schon nach wenigen Minuten schlucken - der Klos im Hals schnürt ihm die Kehle zu. Fassungslos starrt er auf das Geschehen und grantelt Batic-unterstützend auf Bayrisch: Konn moi bitte oana de Polizei ruafn? Do laffd a Wahnsinniga auf da Strass!

Den Täter zur Strecke bringen, damit schlägt sich auch das silberlockige Ermittler-Duo Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) rum. Die Lieblingskommissare aus dem Süden der Republik sehen mitgenommen aus. Völlig zerschunden humpelt "der Franz" nahezu die kompletten 88 Minuten durch die Walachei und Ivo liegt kartoffeltränig neben piependen Krankenhaus-Apparaten. Mei, wia konnte des bloß ois passiern?

Via Flashback erfährt der Zuschauer, was den beiden widerfahren ist. Und das ist natürlich: nichts Gutes. Der Fall zerrt an den Herzblut-Verbrecherjägern, die Nerven liegen blank. Ein Konglomerat aus Lügen, Misstrauen und falscher Loyalität wabert durch die Luft. Und 26 Jahre Freundschaft wirft man ja auch nicht mal soeben in die Isar!

Wissen Sie eigentlich, dass Sie geisteskrank sind?

Inhaltlich fußt "Der Tod ist unser ganzes Leben" auf dem "Tatort: Die Wahrheit" vom 23. Oktober vergangenen Jahres. Dort hatte der Wahnsinnige schon einmal gewütet und eine trauernde Witwe und ihren Sohn in quälender Ungewissheit zurückgelassen.

Doch dieses Mal geht’s dem Schlächter an den Kragen, denn die grauen Eminenzen aus der größten Kleinstadt Deutschlands lassen ihn beim zweiten Mal nicht davonkommen. Cineasten erkennen Parallelen zu David Finchers Psychothriller "Sieben". Eine der berühmtesten Szenen des Kino-Klassikers ist die, als Detektiv Mills (Brad Pitt) den Psychopathen John Doe (Kevin Spacey) fragt: "Wenn ein Mensch geisteskrank ist, wie Sie es ja eindeutig sind, weiß er dann, dass er geisteskrank ist?" Eine berichtigte Frage, die auch Leitmayr und Batic so gestellt haben könnten.

Selbstjustiz: wenn es in den Fingern juckt

Selbstjustiz ist verboten. Für das, was mit Verbrechern passiert, gibt es in unserem Land Behörden, Richter und - Gesetze. Wenn aber das Monster (herrlich durchgeknallt gespielt von Gerhard Liebmann), das ohne mit der Wimper zu zucken, deine Kehle durchtrennen würde, grinsend vor dir sitzt und mit seinen Taten auch noch prahlt, dann kann es so manchem Gerechtigkeitsliebenden schon mal in den Fingern jucken - erst recht, wenn er eine geladene Waffe in der Hand hält.

Kriminalhauptkommissar Batic steht vor dieser Wahl. Um zu erfahren, wofür er sich entscheidet, sollten Sie am Sonntagabend den "Tatort" nicht verpassen!

Tipp, wenn Sie zur Tatortzeit gerade den Hund oder den Partner zum Späti ausführen, laut und bestimmend sagen: Beeil di, mia miassn heim!

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