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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Morden im Namen Allahs Lohnt sich der Dortmund-"Tatort" am Montag?
In einer Bank sitzt ein Mann mit einer Sprengstoffweste, davor sterben zwei Polizisten im Kugelhagel. Eine Bombenexplosion droht. Steht ein Terroranschlag bevor?
Darum geht's:
In den frühen Morgenstunden werden zwei Polizisten in ihrem Streifenwagen mitten in der Dortmunder Innenstadt kaltblütig erschossen. Die Tat gleicht einer Hinrichtung. Als kurz darauf die Mordkommission eintrifft und erste Spuren sichert, bemerkt Kommissar Faber (Jörg Hartmann), dass in einer Bank in unmittelbarer Tatort-Nähe noch Licht brennt. An einem Rechner des Geldinstituts macht sich ein Mann zu schaffen. Nach einem Wortgefecht schlägt Faber kurzerhand die Scheibe ein und muss feststellen, der Mann, der sich Muhammad Hövermann (Felix Vörtler) nennt, ist nicht nur vollkommen verzweifelt - er trägt auch eine Sprengstoffweste.
Die Botschaft:
Ursprünglich sollte "Sturm" bereits am 01. Januar ausgestrahlt werden, wurde aber wegen des Terroranschlags am Berliner Breitscheidplatz auf Ostermontag verschoben. Die Botschaft der Geschichte ist so simpel wie stereotyp: Es gibt die guten Gläubigen und es gibt die bösen Gläubigen. Auch Deutsche konvertieren zum Islam. Die einen finden im Glauben Frieden und Nächstenliebe, die anderen radikalisieren sich und finden blinden Hass. Antworten gibt es nicht, dafür aber mehr Fragen.
Der Nebenstrang:
Für das Dortmunder "Tatort"-Quartett ist es bereits der zehnte Einsatz. Während die "alten Hasen" Faber (Jörg Hartmann) und Bönisch (Anna Schudt) am Tatort ermitteln, haben die beiden jüngeren Kollegen Nora Dalay (Aylin Tezel) und Daniel Kossik (Stefan Konarske) diverse andere Probleme, die der Zuschauer nur versteht, wenn er die vorherigen Dortmunder Tatorte verfolgt hat. Falls nicht, muss er sich selbst zusammenreimen, wieso ständig von "Düsseldorf" die Rede ist. Vier Ermittler - das bedeutet auch mehrere Handlungsstränge und Schauplätze - wovon aber kein einziger in Düsseldorf handelt.
Die Macher:
Regie führte Richard Huber. In einem Interview sagte der Grimme-Preisträger, dieser "Tatort" sei "nicht ganz leicht zu gucken". Man solle unbedingt vor dem Krimi zur Toilette gehen, "danach sei keine Zeit mehr". Fürs Drehbuch sind das Autoren-Duo Martin Eigler und Sönke Neuwöhner verantwortlich, die in "Sturm" "eine Geschichte der Grenzerfahrungen" sehen. "An der Grenze zwischen Nacht und Tag, an der Grenze zwischen Normalität und Irrsinn". Auch wenn dieser Ansatz stellenweise gelingt, wird das Fahrwasser, gerade zum Finale hin, doch sehr unruhig.
Lohnt sich das Einschalten?
Wer mit dem Vorschlaghammer belehrt werden möchte, bitteschön. "Sturm" gibt vor, nahezu in Echtzeit zu passieren. Aber manchmal ist die Echtzeit ganz und gar nicht so spannungsgeladen, wie es die Macher dem Zuschauer suggerieren wollen. Man kann also, sollte man einschalten, mitten im Geschehen die Toilette aufsuchen.
Wermutstropfen:
Der ruppige Umgangston der Ermittler untereinander, auch wenn er sich aus vorangegangenen Folgen ableiten lässt, wirkt in Anbetracht des Szenarios oft gekünstelt und mitunter deplatziert.
Fazit:
6 von 10 Punkten. "Sturm" will zu viel auf einmal. Wirkt die Tatsache, dass dieser "Tatort" an vorherige dieser Reihe anknüpft, in etlichen Szenen eher störend, so ist der Terror-Plot, gerade zum Ende hin, ziemlich abenteuerlich. Die alten Hasen stumpfen ab, die jungen haben Probleme mit sich selber. Ja, es ist traurig, wenn eine Liebe nicht erwidert wird, aber da ist ja immer noch Düsseldorf.