Wilhelm Wieben wird 80 So hält sich der Ex-"Tagesschau"-Sprecher fit - trotz 20 Zigaretten am Tag
"Guten Abend, meine Damen und Herren!" Von 1972 bis 1998 brachte Wilhelm Wieben nach dem 20-Uhr-Gong die Themen der "Tagesschau" in die Wohnzimmer der Zuschauer. Seit dem Ruhestand wurde es still um ihn, dennoch wird der Einzelgänger noch immer auf der Straße erkannt. Heute feiert der Nachrichtensprecher seinen 80. Geburtstag - und hat der "Bild"-Zeitung im Interview unter anderem erzählt, wie fit er noch ist. Trotz der etwa 20 filterlosen Roth-Händle-Zigaretten, die er täglich raucht.
Seit seinem 18. Lebensjahr rauche er, so Wieben. Bislang scheinbar ohne negative Konsequenzen: "Ich hatte ein Lungenbild machen lassen, mein Arzt sagt, alles ist gut", erzählt er der Zeitung. Er fühle sich mit seinen 80 Jahren auch gut. Er zwinge sich zu langen Spaziergängen und schlafe mindestens acht Stunden. Und: "Ich höre mit dem Essen auf, wenn ich keinen Hunger mehr habe. Mein Teller ist deshalb nie leer, Abendessen nach 19 Uhr ist eine Qual für mich."
"Überzeugter Single"
Seine ehemalige Kollegin und gute Freundin Dagmar Berghoff beschrieb ihn einmal als "total kompromisslos" - und Wieben pflichtet ihr bei. "Ich bin auch ein Einzelgänger", erzählt der gebürtige Dithmarscher im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, "deshalb ist selbst die Zeit mit Freunden limitiert." Er sei überzeugter Single, gibt er gegenüber der "Bild"-Zeitung an: "Und das schon ein Leben lang. Ich hab gern Gäste, aber irgendwann muss die Wohnung dann wieder mir allein gehören."
Den Wunsch nach Ehe oder Kindern habe er nie gehabt, sagt Wieben, dessen Homosexualität seine Freundin Inge Meysel (1910-2004) mal in der Öffentlichkeit zum Thema machte: "Eigentlich habe ich nur schwule Freunde. Ich verreise zum Beispiel gerne mit Wilhelm Wieben", plauderte die Schauspielerin 1995 in einem Interview aus. Das Votum der Iren für die Homo-Ehe hat Wieben mit Freude verfolgt. Es habe sich schon viel getan, betont er, aber: "Je mehr Fortschritte in den Ländern gemacht werden, desto positiver."
Kein Kontakt mehr zur "Tagesschau"
26 Jahre lang war Wilhelm Wieben Sprecher bei Deutschlands bekanntester Nachrichtensendung, Musiker wie Falco ("Jeanny") und Udo Lindenberg ("Mein Ding") verewigten ihn in ihren Songs. Kontakt zur "Tagesschau" hat er heute nicht mehr. "Es war für mich eine wunderschöne Berufszeit. Aber wenn es vorbei ist, ist es vorbei", sagt er. Zu seinen schönsten Momenten habe gehört, 1974 verkünden zu können: "Guten Abend, meine Damen und Herren, Deutschland ist Fußball-Weltmeister."
Auf der Straße wird er noch erkannt
Für Fußball interessiere er sich auch gelegentlich, sagt Wieben. "Aber ins Stadion gehe ich nicht, das überlasse ich Dagmar". Berghoff saß mal im HSV-Aufsichtsrat, da waren sie beide noch beim ARD-Nachrichtenflaggschiff. Sie verabschiedete sich dort 1999 aus dem Studio, er im Jahr zuvor. "Ich habe vor 17 Jahren aufgehört und seitdem keinen Tag gedacht: Oh Gott, wie schade", sagt er. Noch immer werden auf der Straße sein Gesicht und seine Stimme erkannt. "Aber wenn man mich anspricht, ist das immer sehr maßvoll." Der distanziert wirkende, hagere Mann ist nicht der Typ, dem man mal eben kumpelhaft auf die Schulter klopft.
Zu den traurigsten Augenblicken seiner Zeit bei der "Tagesschau" zählten jene, in denen er den Tod von Menschen mitteilen musste, mit denen er selbst verbunden war, etwa Schauspielerin Brigitte Horney. Auch Wieben hatte einst Schauspiel studiert und stand später unter anderem in der Hamburgischen Staatsoper und im Schmidts Tivoli auf der Bühne. Leidenschaftlich gern besucht er Theatervorstellungen, oft mit Freundin Dagmar.
"Ich bin ja generell ein Spieler"
Den Fernseher, der hinter Schranktüren verborgen ist, schaltet er meistens nur abends ein, um sich über das aktuelle Geschehen zu informieren. Aber am Computer daddele er gern immer wieder mal, erzählt er. "Ich bin ja generell ein Spieler", sagt er und bekennt: "Spielcasinos meide ich, weil ich weiß, dass ich da sehr gefährdet bin. Ich war mal in so einer Situation, in der ich zwar nicht viel verloren habe, aber einiges dafür gegeben hätte, noch mehr Geld zu haben." Damals, vor mehr als 30 Jahren, habe er die Konsequenz für sich daraus gezogen, nie wieder ein Casino zu betreten.
Genauso entschlossen hat er inzwischen seine Arbeit beendet, die er nach der "Tagesschau" etwa mit Lesungen und Hörbüchern fortgesetzt hatte. "Als ich feststellte, ich habe gar keine Lust mehr dazu, war das ein Warnschuss", erzählt er. "Man muss dann eben auch - wenn man das finanziell kann - einen Schlussstrich ziehen." Er genieße die Zeit jetzt, sagt er. Bevorzugt verbringt der Klassikliebhaber und Sammler wertvoller Porzellanfiguren sie allein in seiner Wohnung im Hamburger Stadtteil Winterhude. "Und, auch wenn das jetzt wie eine Floskel klingt: Ich fühle mich überhaupt nicht wie 80."
Geburtstagsfeier mit Dagmar Berghoff und Rummikub
Seinen Geburtstag feiert Wieben mit einer traditionellen Rummikub-Partie mit Dagmar Berghoff und zwei weiteren Freunden. "Es gibt Spargel mit zerlassener Butter, junge Kartoffeln, Holsteiner Katen-Schinken und Riesling", erzählt er der "Bild"-Zeitung. "Zum Nachtisch gezuckerte Erdbeeren. Dann spielen wir Rummikub, ein Steinspiel aus Israel. Wir klönen, danach waschen die drei ab, ich räume auf, gegen 22 Uhr ist Schluss."