Zehnte Staffel GNTM Das ist das Beuteschema beim Casting
Perfekte Schönheiten werden heimgeschickt, freche Mädchen kommen weiter, Nerven liegen blank, es wird ein bisschen gezickt und geheult - "Germany's Next Topmodel" läuft sich warm zur Jubiläumsstaffel. Doch im zehnten Jahr tröpfeln die Bewerberinnen nur noch, längst strömen nicht mehr Tausende von Mädchen zu Heidis Castings. Dabei gehen die Scouts nach einem ganz bestimmten Beuteschema vor.
Schwarze Leggins oder hautenge Jeans, enges ärmelloses Top, lange Haare, offen mit Mittelscheitel getragen und eine große Handtasche am zarten Arm - das ist der inoffizielle Dresscode: Perfektioniert wird der Look im Auto. Das wird zur Modelgarderobe, die Sonnenblende zum Schminkspiegel. Letzte Styling-Tipps kommen von Mama, Freundin oder Freund, noch ein Küsschen, dann geht es raus zum Model-Casting für "Germany's Next Top Model", die zehnte Staffel.
Sie sehen alle nett aus, alle hübsch, alle ein bisschen aufgeregt, alle haben Angst, dass der Dauerregen ihr Styling zerstört. Also noch mal nachstylen in der Top-Model-Toilette des Frankfurter Hotels, in dem das Casting stattfindet. Dann werden die Sneakers gegen die obligatorischen High-Heels getauscht.
GNTM-Casting zur zehnten Staffel
Die ProSieben-Crew übernimmt die Anmeldung, jedes Mädchen bekommt eine Nummer auf das Top geklebt. Alles läuft routiniert, schließlich ist es ja schon die zehnte Staffel. In sieben deutschen Städten finden zwölf Casting-Termine für die zehnte Staffel von "Germany's Next Topmodel" statt, die Anfang 2015 startet.
Der Andrang hält sich in Grenzen und das liegt nicht nur am Wetter. Ein Beobachter der Szene weiß, es bewerben sich höchstens 150 Mädchen pro Termin.
Und das erwartet die Mädels: Kurze Video-Vorstellung mit Hobbies und Vorlieben und einer Begründung, warum man Topmodel werden will, Foto für die Kartei aufnehmen, ein kleines Interview und einmal über den Catwalk laufen. Zehn Mädchen werden gemeinsam in den Casting-Raum gerufen. Erste Hürde: Die Treppe mit den hohen Absätzen meistern. In Zweifelsfällen wird nachgemessen, schummeln gilt bei der Mindestgröße von 176 Zentimeter nicht.
Ob Online-Bewerbung oder Casting - die Kandidatinnen müssen einige Fragen beantworten, nach Nationalität, Bildungsabschluss, Kindern, Haarlänge, Schuhgröße, Gewicht, Körpermaße und BH-Körbchengröße. Auch Tattoos und Piercings sind von Interesse.
Derweil drücken kleine Schwesterchen Teddys, genervte Papas suchen Parkplatz und Kaffee, Freunde rauchen und wissen nicht so recht, was tun, Mamas bewachen Klamottenhäufchen.
Zwei Mütter-Typen stechen ins Auge, die "Unauffällige", die sich kümmert, als wäre es ein Schultermin oder Sportturnier, die andere ist die "Gestylte", die sich wohl am liebsten selbst bewerben würde und dann gibt es tatsächlich auch ein paar wenige, die im Partnerlook mit der Tochter kommen.
Gegenseitiges Abchecken der Konkurrenz
Kritische Blicke checken beim Warten in der Hotellobby die Konkurrentinnen ab: "Alter - hast du die langen Beine gesehen?" - raunen sich Freundinnen zu, die das gemeinsam durchziehen.
Man hört schon fast Heidi meckern über schlechte Haltung, ungesunde Ernährung, kaputt gestylte Haare, trampeligen Gang.
Blond überwiegt
Die Gruppen der Nachwuchs-Models, die in den Casting-Raum gerufen werden, sind bunt gemischt: da ist der Typ "Steffie", das nette Mädchen, da ist der Typ "Aminata", da ist eine "Model-Mami", die ihr Baby vor dem Catwalk-Lauf schnell an die Tante abgibt, da sind selbstbewusste Schönheiten und blonde Naivchen, Schülerinnen, die über Lehrer reden und Mädels, die heute noch "was für die Uni" machen müssen. Ein paar Bewerberinnen sind aus den Niederlanden, aus Luxemburg und Belgien gekommen.
Alle erfüllen die Bedingungen: größer als 176 Zentimeter und mindestens 16 Jahre alt sein. Blond überwiegt, in allen Schattierungen. Nur wenige stechen wirklich heraus, weil sie atemberaubend schön sind, irgendwie anders, ein bisschen "billig" aussehen oder eine faszinierende Ausstrahlung haben.
So läuft das Casting ab
Rund zwei Stunden dauert ein Durchgang von der Anmeldung bis zum Go für die nächste Runde oder zur Absage. Höchstens ein Mädchen pro Gruppe kommt weiter, so ist der Eindruck. Aus der ersten Gruppe sieht kein Mädchen glücklich aus.
Eine wird weggeschickt, weil sie zu klein ist, eine soll wieder kommen, wenn sie älter ist. Eine schmeißt hin: "Ich halt das nicht aus, das ist nichts für mich".
Keine weint - noch nicht. "Viel Glück" - ruft die Blondine der gelockten Kaffeschönheit mit angestrengtem Lächeln zu und zum Freund getuschelt: "Die ist weitergekommen". Topmodel-Zickereien lassen sich erahnen.
Das ist das Beuteschema beim GNTM-Casting
Dass die exotische Schönheit weiter ist, ist keine Überraschung. Denn die Casting-Profis suchen den perfekten Mix. So sieht das Beuteschema aus: Eine Blondine, eine Türkin, eine Farbige, eine Freche - aber alle bitte nicht perfekt. "Was sollte Heidi denn sonst über die Wochen machen, wenn alle schon perfekt sind?", meint ein Beobachter.
Vor dem Hotel werden Flyer verteilt. Eine Agentur sucht Teilnehmerinnen für regionale "Miss-Wahlen". Der Mitarbeiter kennt den Casting-Ablauf. "Das werden seit Jahren immer weniger. Inzwischen kommen nur noch die ganz Jungen." Wer schon modelt, wird gleich heim geschickt. Die Model-Scouts suchen nur die Ungewöhnlichen. "Da gehen zehn perfekte langhaarige Blondinen heulend raus, keine wird genommen, denn die wollen den Mix."
Es werden wohl am Ende nur gut 1000 Mädchen bei einem Casting gewesen sein, aus denen die Jury mit Heidi Klum, Wolfgang Joop und Thomas Hayo die Kandidatinnen auswählen, nicht mehrere Tausend, wie der Sender gerne erzählt. .
Topmodel-Traum geplatzt
Auf dem Weg zum Auto kullern dann die Tränen, Mascara verläuft. Das war´s - für die meisten ist der Traum von der Topmodel-Karriere zerplatzt. Für sie ist der Slogan der Einladung hinfällig: "Komm zur großen Casting-Tour und lass Dein Märchen wahr werden!"