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Zum 10. Todestag: Schauspielerin Inge Meysel: "Widersprecht, geht raus, lebt!"


Zum 10. Todestag
Schauspielerin Inge Meysel: "Widersprecht, geht raus, lebt!"

dpa, t-online, Nibo

09.07.2014Lesedauer: 3 Min.
Nahm Zeit ihres Lebens selten ein Blatt vor den Mund: Die "Mutter der Nation" Inge Meysel.Vergrößern des Bildes
Nahm Zeit ihres Lebens selten ein Blatt vor den Mund: Die "Mutter der Nation" Inge Meysel. (Quelle: imago teutopress)
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Sie sprach, wie ihr der Schnabel gewachsen war: "Widersprecht, geht raus, lebt!" Das war das Motto von Inge Meysel. Mit ihrer resoluten Art eckte sie zwar oft an, wurde jedoch gleichzeitig eine der beliebtesten Schauspielerinnen Deutschlands. Am 10. Juli vor genau zehn Jahren ist die "Mutter der Nation" gestorben.

Komiker Karl Dall vermisst im Showgeschäft Kratzbürsten wie Inge Meysel. "Auch wenn sie manchmal unberechenbar fies war, aber das war mir lieber als diese angepassten, ewig schleimenden Menschen, die nur einen guten Eindruck machen wollen. Darauf hat sie gepfiffen", sagte Dall 2012. "Heute hat noch die Hälfte der Maskenbildner so einen Hals, wenn sie den Namen Meysel hören, weil sie diese wohl am meisten fertig gemacht hat", meinte der Komiker.

Gedenktafel an ihrem Berliner Geburtshaus

Das Licht der Welt erblickte "die Meysel" in Berlin, als Tochter eines jüdischen Tabakhändlers und einer Dänin. Zu ihren Ehren wird Berlins Kulturstaatssekretär Tim Renner eine Gedenktafel an ihrem früheren Wohnhaus in Schöneberg enthüllen. Das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse hatte sie 1981 abgelehnt: "Einen Orden dafür, dass man anständig gelebt hat?"

Unter den Nazis hatte sie Berufsverbot

Ihre Theaterkarriere begann Inge Meysel 1930 in Zwickau, Berlin und Leipzig. Im August 1933 wurde die Schauspielerin von den Nazis mit einem Auftrittsverbot belegt. Bei einem Engagement in Leipzig lernte die mit ihren 1,56 Metern zierliche Schauspielerin ihren ersten Mann Helmut Rudolph kennen, der ihr während des zwölfjährigen Berufsverbots seelischen Halt und Schutz bot.

"Ich bin immer in Kampf- und Abwehrstellung, weil ich mit 23 wegen der Nazis nicht mehr arbeiten durfte. So habe ich eine Abwehr in mir hochgezüchtet, damit mich niemand mehr verletzen kann", sagte sie einmal über sich.

Am Hamburger Thalia Theater lernte sie 1945 den jüdischen Regisseur John Olden kennen, der die große Liebe ihres Lebens war. Zusammen mit ihm näherte sie sich dem Charakterfach in Stücken von John Priestley, Tennessee Williams oder Gerhart Hauptmann.

Die "Mutter der Nation" empfand sich selbst nicht als mütterlich

Den endgültigen Durchbruch schaffte sie 1959 als Portiersfrau in dem Stück "Das Fenster zum Flur" von Curth Flatow, das allerdings auch ihren späteren Ruf als "Mutter der Nation" begründete, obwohl sie nach eigenem Bekunden alles andere als ein mütterlicher Typ war. Es folgten mehr als 100 Fernsehproduktionen, in denen sie immer wieder resolute Frauengestalten des Alltags spielte, darunter Käthe Scholz in "Die Unverbesserlichen" oder die Londoner Putzfrau Ada Harris.

Politisch aktiv und das Herz auf der Zunge

Couragiert war Meysel nicht nur in ihren Rollen. Ende der 1970er Jahre lief sie zusammen mit der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer Sturm gegen die Vermarktung der Frau als Sexualobjekt im Magazin "Stern". Die kinderlos gebliebene Künstlerin engagierte sich in der "Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben" und wandte sich gegen die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen.

Spaß am Leben habe sie "solange, wie es Spaß am Kampf für mich gibt", sagte sie einmal. Viel zu wenig Menschen hätten im sogenannten Dritten Reich den Mund aufgemacht - und das sei so geblieben. "Ich bin da eine Ausnahme. Ich mache immer den Mund auf - wenn auch manchmal zu viel."

"Du hättest den Mut gehabt!"

Hinter ihrer aufbrausenden Art verbarg sie jedoch eine empfindsame Seele. "Ihre Empfindsamkeit versteckte sie hinter kratzbürstigem Humor", meinte Regisseur Dieter Wedel bei der Trauerfeier auf dem Ohlsdorfer Friedhof, als Inge Meysel im Juli 2004 im Alter von 94 Jahren starb.

"Widersprecht, geht raus, lebt!", das war ihre Parole. Ihre Freundin Ingeborg Wölffer schilderte die beliebte Schauspielerin bei der Trauerfeier als einen humorvollen Menschen: "Wenn Du zu meiner Beerdigung gehst, hatte sie einmal gesagt, dann zieh einen roten Hut auf. Wie Du siehst, Inge, habe ich das nicht gemacht, weil ich den Mut dazu nicht hatte. Du hättest den Mut gehabt."

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