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"Tatort: Der Fall Reinhardt": Gute Perspektive für Kölner Zukunft


"Tatort: Der Fall Reinhardt"
Am Abgrund: Ben Becker als gebrochener Familienvater

t-online, Nina Bogert-Duin

Aktualisiert am 24.03.2014Lesedauer: 3 Min.
Ben Becker spielt im "Tatort: Der Fall Reinhardt" den abtrünnigen Familienvater Gerald Reinhardt.Vergrößern des Bildes
Ben Becker spielt im "Tatort: Der Fall Reinhardt" den abtrünnigen Familienvater Gerald Reinhardt. (Quelle: ARD)

Es wurde nicht viel gesagt in diesem "Tatort" aus Köln. Die Episode "Der Fall Reinhardt" war selbst für eingefleischte Krimigucker schwere Kost. Was als Fahndung nach einem Brandstifter begann, in dessen jüngster Feuersbrunst drei kleine Kinder verbrannten, endete in einer Familientragödie voller Sprachlosigkeit, Trauer und vergeudeter Lebenschancen. Ben Becker in der Rolle des gescheiterten Familienvaters Gerald Reinhardt und noch mehr Susanne Wolff als dessen unglückselige Ehefrau Karen zündeten ein Feuerwerk schauspielerischer Glanzleistungen.

Der Plot ist schnell erzählt: Nach einem Brand in einem Kölner Nobelviertel werden drei Kinderleichen geborgen. Der erste Verdacht fällt auf einen Brandstifter, der die Stadt seit Wochen in Atmen hält. In unmittelbarer Nähe des ausgebrannten Hauses wird die Mutter, Karen Reinhardt (Susanne Wolff), in desolatem Zustand aufgefunden. Sie ist jedoch kaum verletzt und ruft nach ihrem Mann. Der heißt Gerald Reinhardt (Ben Becker) und ist spurlos verschwunden. Die toten Kinder will sie nicht wahrhaben. Ihr Gedächtnis ist ausgelöscht.

Die neue Franziska heißt Tobias

Die Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) ermitteln mit tatkräftiger Unterstützung von Tobias Reisser (Patrick Abozen), dem vorläufigen Nachfolger der verstorbenen Franziska. Sie finden heraus: Der Luftfahrtingenieur Reinhardt war bereits seit Jahren arbeitslos, konnte die Schmach um den verlorenen Job nicht verwinden und die Fassade, die er für Freunde, Nachbarn und Kinder eine Zeitlang aufrecht gehalten hatte, war zerbröselt. Der soziale Abstieg unvermeidlich.

Das langsame Zerbröseln einer Familie

Er sah keinen anderen Ausweg, als seine Familie zu verlassen. In Holland hat er sich mit einer neuen Frau ein neues Leben aufgebaut. Sie erwartet ein Kind von ihm. Als seine Frau Karen das erfährt, beginnt sie zu straucheln. Sie hängt an ihm und will ihn nicht gehen lassen. Sein letztes Lebenszeichen an sie ist eine holländische Postkarte, auf der er ihr schreibt: "Ich kann nicht mehr, bitte verzeih mir!"

Showdown im Kinderzimmer

Zum Showdown kommt es schließlich im Kinderverhörzimmer der Kripo: Zwischen Sternen- und Vögelchentapeten, Teddybären und Bauklötzen begegnen sich die Eheleute erstmals seit dem Tod ihrer Kinder wieder und Karen berichtet monoton von ihrer Tat. Sie habe den Kindern ein Schlafmittel in das Essen gemischt, sie ins Bett gebracht, alles aufgeräumt, mit Benzin übergossen und angezündet. Sie endet mit den Worten: "Dann bin ich nach unten gegangen und habe mich erhängt!"

Der Zuschauer musste lange schlucken, um diesen Kloß durch die Kehle zu zwingen. Unendlich schwer wog die Bedeutung dieser Worte, die nichts anderes heißen als: Die Kinder sind tot und mich gibt es auch nicht mehr.

Brutale Stille, die den Zuschauer aufhören lässt

Es war genau dieses Ungesagte zwischen den Zeilen, das während des gesamten Films mitschwang, das die Stärke des Krimis ausmachte. Laute Action, rasante Verfolgungsfahrten und erbitterte Schusswechsel suchte man in "Der Fall Reinhardt" nach dem Buch von Dagmar Gabler vergeblich. Die leisen Töne und die kaum erfassbare Tragik erzeugten eine Wucht, die den Zuschauer aufhorchen ließ.

Susanne Wolff spielt alle an die Wand

Die enorme Präsenz von Schauspielerin Susanne Wolff, die die völlig traumatisierte Karen Reinhardt spielte, hielt einen gefangen. Wolff kommt eigentlich von der großen Bühne. Sie ist seit 2009 im Deutschen Theater in Berlin beheimatet und wurde erst im letzen Jahr mit dem Fernsehpreis in der Kategorie "Beste Schauspielerin" für ihre Rolle im Film "Mobbing" ausgezeichnet.

Ihre Bühnenerfahrung kam der 40-Jährigen in diesem "Tatort" zugute. Regisseur Torsten C. Fischer holte ihr Gesicht häufig nahe an die Kamera (herausragend: Kameramann Holly Fink) heran, ihre Verzweiflung, ihr Entsetzen über das Auseinanderbrechen ihres Lebens und ihre Suche nach der brutalen Erinnerung waren so überdeutlich zu erkennen.

Ben Becker, der zuletzt 1998 in einem "Tatort" auftrat, spielte ihren Ehemann und verhalf ihrer Rolle durch seine Zurückhaltung und das zwar eindringliche, doch sparsame Spiel zu noch größerer Dynamik. In seine Rolle packte der Ziehsohn von Otto Sander dennoch jede Menge Trauer und Melancholie, um Reinhardt so gebrochen wie möglich darzustellen. "Das Melancholisch-Traurige am Dasein ist ein Extrem. Extreme auszuloten hat mich schon immer fasziniert", so Becker.

Weniger Buddy-Business

Auch das übliche Buddy-Business ist in "Der Fall Reinhardt" nicht angesagt: Bei den Kölner Kripobeamten zählt vielmehr Team-Arbeit. Ballauf und Schenk haben an der Aufklärung des ersten Falls nach Franziskas Tod genauso viel Anteil wie Neu-Assistent Tobias, Kriminalpsychologe Reiche (Peter Benedict) oder Brandkommissar Schatz (Roland Silbernagl). Eine leise Story, die von vielen Schultern getragen wird - eine gute Perspektive für die Zukunft des Kölner "Tatorts".

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