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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Klimbim"-Star wird 85 Wichart von Roëll: "Ich habe für meinen Tod alles vorbereitet"
Vor mehr als 40 Jahren mischte er noch mit "Klimbim" die Republik auf, heute genießt er den Ruhestand: Wichart von Roëll. Im Interview mit t-online spricht er über seinen 85. Geburtstag – und den Tod.
Immer wieder werden wir unterbrochen. Nicht unsympathisch, aber doch unüberhörbar. Am Telefon ist nicht nur Wichart von Roëll sondern auch seine Ehefrau. Während er mit t-online zum Anlass seines 85. Geburtstags m heutigen Mittwoch über sein Leben spricht, ist es immer wieder Anne Althoff-von Roëll, die korrigiert, Hintergründe liefert und die Erinnerungen ihres Mannes auffrischt.
Dabei ist der Schauspieler, der mit der WDR-Comedyserie "Klimbim" in den Siebzigern zum Star wurde, geistig noch topfit. Hier und da spüre er zwar "Alterserscheinungen", aber im Kopf sei er noch ganz helle, so Roëll. Seinen Ruhestand genießt er in einer Mietwohnung in Recklinghausen. Bescheiden und demütig blickt er auf seine Karriere zurück und verrät t-online im Gespräch, wie intensiv er sich bereits mit seinem Ableben beschäftigt hat.
t-online: Herr von Roëll, bedeutet Ihnen die Zahl 85 etwas?
Wichart von Roëll: Diese Zahl bedeutet mir viel. Vor allem, weil ich froh bin, dass ich auch in diesem hohen Alter noch so viel machen kann.
Sie meinen vor allem den Sport, denn damit halten Sie sich fit, oder?
Genau, ich mache seit acht Jahren Yoga und bin Mitglied bei "Fit ab 50". Die bieten dort ein breites Programm an Sportangeboten an. Außerdem gehe ich regelmäßig mit meiner Frau schwimmen.
Krault die Ihnen eigentlich davon, weil Sie jünger ist?
(lacht) Nein nicht unbedingt. Aber es stimmt, meine Frau ist zehn Jahre jünger. Sie ist sehr fit ...
Anne Althoff-von Roëll: ... und flott.
Frau Althoff-von Roëll, dann erzählen Sie uns doch mal kurz: Wie haben Sie Ihren Mann kennengelernt?
Anne Althoff-von Roëll: Das war 1986. Ich war Pressesprecherin der Ruhrfestspiele Recklinghausen. Mein Mann hatte dort damals ein Engagement und so sind wir uns über den Weg gelaufen. Das ist bis heute so geblieben. 1989 haben wir in Köln geheiratet. Jetzt sind wir schon ein altes Ehepaar.
Sie waren beide schon einmal verheiratet oder?
Anne Althoff-von Roëll: Das stimmt. Mein Mann hat eine Tochter aus der ersten Ehe, Christine. Sie lebt als gebürtige Münchenerin in Hamburg. Aber zum Geburtstag ihres Papas wird sie in Recklinghausen sein. Wir wollen alle gemeinsam feiern.
Was genau ist geplant?
Anne Althoff-von Roëll: Also um 11 Uhr wird es einen kleinen Empfang geben und am Abend kommen Freunde. Dann wird kräftig gefeiert.
Haben Sie ein großes Haus mit Garten oder wie müssen wir uns die Party zum 85. Geburtstag vorstellen?
Anne Althoff-von Roëll: Nein, das haben wir nicht. Wir wohnen in einer großen Mietwohnung in Recklinghausen, da ist Platz genug – auch ohne Garten. Es wird ein italienisches Vorspeisenbuffet geben, mediterrane Küche und vor allem: viel Wein.
Grund zum Feiern gibt es genug, 85 Jahre ist ein stolzes Alter. Doch ich muss auch an Ihr Engagement beim ambulanten Hospizdienst denken: Machen Sie das immer noch, Herr von Roëll?
Aber selbstverständlich, das ist mir ein großes Anliegen.
Wieso?
Sterben ist in unserer Gesellschaft ein nicht so beliebtes Thema, obwohl es ja leider für jeden irgendwann so weit ist. Der ambulante Hospizdienst geht auf Menschen mit lebensverkürzender Diagnose zu. In Krankenhäusern oder auch in Altenheimen. Dann werden die Menschen bis zu ihrem Ende begleitet. Ich finde es einfach wichtig, auf dieses Angebot aufmerksam zu machen, damit Menschen in solchen Situationen nicht überfordert sind und Sterbende nicht alleine gelassen werden am Ende ihres Lebens.
Ist es wichtig, dem Tod realistisch ins Auge zu blicken?
Ja, denn das Sterben gehört zum Leben und das muss man den Menschen auch mal sagen. Wir wollen ja immer alle jung und fit sein, möglichst unter 30 bleiben und ewig leben. Aber das ist nicht möglich. Also muss man schon mit aller Liebe zum Menschen sagen: "Leute, irgendwann ist mal Ende."
Führt Ihre Beschäftigung mit dem Tod dazu, dass Sie dem Ende gelassener entgegen sehen?
Ich habe wenig Angst vorm Sterben. Ich gehe eigentlich fröhlich durch die Welt, weil ich gut gehen kann, gesunde Glieder habe und für meinen Tod bereits alles vorbereitet ist.
Alles vorbereitet?
Ja, meine Frau und ich haben unsere Beerdigungen mit einem Bestatter schon vorbesprochen und die sind auch schon bezahlt.
War das auch in Ihrem Sinne, Frau Althoff-von Roëll?
Anne Althoff-von Roëll: Absolut. Wir haben uns auch schon die Plätze ausgesucht, wo wir beerdigt werden wollen. Mein Mann bekommt eine Seebestattung, weil er ja Seemann war und ich bekomme ein Urnengrab.
Was haben Sie noch alles organisiert hinsichtlich Ihres Todes, Herr von Roëll?
Eigentlich alles, was man sich nur vorstellen kann: Vorsorgevolllmacht, Patientenverfügung, es ist alles da.
Ihre Tochter wird sich um alles kümmern?
Es gibt ja nur sie. Meine Frau hat keine Kinder. Aber wir haben uns beide die Frage gestellt: Wollen wir unseren Nachkommen die Organisation unseres Ablebens hinterlassen? Ich finde es ganz schwierig, wenn Eltern und Kinder nicht über diese Situation sprechen, sondern die Eltern sagen: "Ach ja, du machst das schon."
Nicht nur gut das Leben sondern auch den Tod organisieren. Quasi nach der Devise verfahren Sie?
Ich finde, man darf den Kindern oder dem Nachwuchs die Verantwortung in der Art nicht übertragen. Man ist selbst für seinen Tod verantwortlich. Deswegen haben wir vorgesorgt und alles schon geregelt.
Wie stellen Sie sich Ihre ideale Trauerfeier vor?
Es sollen viele Leute kommen und Spaß haben. Kaffee und Kuchen, Sekt, jeder wie er mag. Und natürlich darf jeder Freund oder jedes Familienmitglied etwas über mich sagen, was ihm schon immer auf der Seele gebrannt hat. Aber es wird keine christliche Trauerfeier geben, weil weder ich noch meine Frau in der Kirche sind.
Soll an Ihrem Grab auch gelacht werden?
Ja, auf jeden Fall kann gelacht werden. Ich habe grundsätzlich die Einstellung, dem Tod mutig entgegen zu sehen. Für mich ist der Tod absolut kein Tabuthema.
Wo spüren Sie das Älterwerden am deutlichsten?
Wenn ich die Flaschen in den zweiten Stock hochtragen muss, wo wir wohnen. Da habe ich schon dran zu knabbern. Nach dem Einkaufen und Treppen steigen setze ich mich erstmal hin und trinke ein Glas Wasser. Mein künstliches Kniegelenk, dazu noch mein Defibrillator: Da gibt es nichts drumherum zu reden, die Altersbeschwerden nehmen zu.
Nun sind Sie mit "Klimbim" zu einem TV-Star geworden. Also an Sie die Frage: Was fehlt Ihnen denn heutzutage im Fernsehen?
Was mir fehlt ist guter Humor im Fernsehen. Da gibt es nicht viel. Außerdem sehe ich immer nur die selben Menschen. Man hat das Gefühl, das deutsche Fernsehen wird von 20 Personen gemacht und bestimmt, deren Gesichter man bereits seit Jahrzehnten kennt. Das langweilt mich und da habe ich keine Lust mehr drauf.
Aber Sie gucken noch Fernsehen. Welche Formate bereiten Ihnen denn noch Freude?
Meine Frau und ich gucken Dokumentationen oder politische Sendungen. Das finden wir gut und davon könnte es auch ein bisschen mehr geben.
Bekommen Sie denn auch persönlich noch Angebote vorgelegt, Herr von Roëll? Schließlich ist Ihr letzter Eintrag in der Schauspielakte auf das Jahr 2019 datiert: Damals spielten Sie in der RTL-Serie "Nachtschwestern".
Das war etwas, was ich als interessant empfand, als das angeboten wurde. Aber leider hatte das wenig Erfolg bei den Zuschauern und inzwischen gibt es das schon gar nicht mehr.
Also keine Angebote mehr seitdem?
Doch, es gibt schon Angebote und ich bin in der glücklichen Situation, dass ich auswählen kann und das ist natürlich großartig. Aber ich bin auch vorsichtig, denn vergessen Sie nicht, dass man in meinem Alter nicht mehr der fitteste ist – geistig gesehen jetzt. Und da muss ich einfach aufpassen, dass ich mich nicht lächerlich mache, weil ich den Text nicht kann.
Aber um Ihr Auskommen brauchen Sie sich keine Sorgen machen, wenn Sie keine Angebote mehr annehmen?
Nein, wir können gut von dem leben, was wir an Rente bekommen. Außerdem haben wir auch ein bisschen vorgesorgt. Vor allem nach "Klimbim" konnte ich Geld zur Seite legen.
Sie scheinen sehr zufrieden zu sein.
Ach wissen Sie: Meine Frau und ich sind keine Menschen, die sich beklagen. Wir halten nichts davon durch die Gegend zu laufen und zu jammern. Mein Gott, ja: Andere haben mehr als wir, das ist normal. Aber wir sind zufrieden mit dem, was wir haben, und wir machen aus allem immer das Beste.
- Interview mit Wichart von Roëll (und seiner Ehefrau)