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Friederike Kempter: "Es sind einfach keine schönen Aussichten für uns alle"


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Friederike Kempter
"Wenn wir das schaffen, werden wir andere Länder mitreißen"

InterviewVon Maria Bode

03.03.2021Lesedauer: 7 Min.
Friederike Kempter: Die Schauspielerin setzt sich für den Klimaschutz ein.Vergrößern des Bildes
Friederike Kempter: Die Schauspielerin setzt sich für den Klimaschutz ein. (Quelle: Jeanne Degraa)

Viele Promis nutzen ihre Stimme, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen. Schauspielerin Friederike Kempter sieht bereits positive Entwicklungen. Doch es gibt auch Dinge, die ihr Sorge bereiten.

18 Jahre lang war Friederike Kempter im Münster-"Tatort" als Nadeshda Krusenstern zu sehen – zum letzten Mal Anfang 2020. Inzwischen hat sie viele neue Projekte am Laufen, steht bei diesen meist selbst im Mittelpunkt, wie sie im t-online-Interview erzählt. Neben Karriere und Familie – die Schauspielerin wird im Sommer zum zweiten Mal Mutter – hat für die 41-Jährige aber noch etwas oberste Priorität: der Klimaschutz.

Deshalb unterstützt Kempter die Initiative "German Zero", deren Ziel es ist, Deutschland bei der Einhaltung des 1,5-Grad-Versprechens des Pariser Klimaabkommens zu helfen und bis 2035 klimaneutral zu werden. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten, Bürgerinnen und Bürgern entwickelt die Kampagne ein 1,5-Grad-Gesetzespaket. Dabei soll ein sehr konkreter, aber durchaus ambitionierter Lösungsweg angeboten werden, dies wirksam, berechenbar und sozial gerecht zu schaffen. Wie sich jede und jeder an der Initiative beteiligen kann, welche alltäglichen Beobachtungen in Bezug auf Nachhaltigkeit sie positiv stimmen und was ihr hingegen Sorge bereitet, erklärt Friederike Kempter im Interview mit t-online.

t-online: Gibt es in Sachen Nachhaltigkeit etwas, worüber Sie sich gerade freuen können?

Friederike Kempter: Ich freue mich einfach, wenn ich Leute aus den nächsten Generationen kennenlerne – beispielsweise bei Drehs – die haben ein ganz anderes Verhältnis zu der ganzen Thematik. Viele junge Menschen ernähren sich vegan, machen darum aber kein großes Aufheben. Doch auch diejenigen, die Fleisch essen, tun dies bewusster, als meine Generation es damals tat. Diese jungen Menschen geben mir Hoffnung. Ich finde auch, dass sich etwas getan hat, was Inlandsflüge angeht. Ich bin beruflich früher relativ viel innerhalb Deutschlands geflogen. Inzwischen bin ich schneller, wenn ich zum Beispiel mit dem Zug von Berlin nach München reise, als wenn ich mit dem Taxi oder mit der Bahn zum Flughafen fahren würde, dann fliege, wahrscheinlich noch eine Stunde Verspätung habe und ja auch noch vom Flughafen in die Stadt kommen muss.

Das Bahnfahren ist da sogar auch bequemer, oder?

Ja, wenn sie denn pünktlich ist, aber auch das scheint besser zu werden. Es ist angenehmeres Reisen, man kann in der Zeit arbeiten oder einen Film gucken, ist nicht so gestresst. Das sind Sachen, die sich ins Positive ändern. Dass die Menschen bewusster werden.

Gibt es auch Entwicklungen, die Sie voller Sorgen zurücklassen?

Wir konsumieren zu viel. Ich habe gelesen, dass wir heutzutage im Vergleich zu vor 20 Jahren absurd viel mehr Klamotten konsumieren. Wir ziehen T-Shirts zweimal an, dann werden sie weggeschmissen oder landen im Schrank ganz hinten und werden nie wieder getragen. Wir ersticken an Klamotten, das macht nicht glücklich. Es macht doch auch viel mehr Spaß, wenn man sich mal ein hochwertiges Teil kauft, über das man vielleicht lange nachgedacht hat. Dann spart man ein bisschen darauf und erfreut sich immer wieder daran. Ich liebe Genuss, ich liebe Mode, ich mag das alles – aber es gibt einen guten und einen nicht so guten Weg, damit umzugehen.

Es gibt heutzutage viele geschmackvolle Fair-Fashion-Teile ...

… genau, oder Secondhand-Läden und -Plattformen. Oder man tauscht mit Freunden oder kramt mal wieder ein altes Teil aus dem Schrank hervor, anstatt sich fünf neue Sachen zu kaufen.

Die Hoffnung ist da, dass sich das Bewusstsein weiterverbreitet. Was tun Sie sonst privat, um nachhaltig zu leben?

Wie gesagt, ich fliege gar nicht mehr innerhalb Deutschlands. Das ist Gesetz. Manchmal muss ich ein bisschen umplanen, aber es ist immer möglich. Ich esse sehr wenig Fleisch und wenn dann wirklich gutes Fleisch. So handhaben es ja inzwischen viele Menschen. Ich kaufe Gemüse und Obst regional und bio. Oft wird gesagt, man bräuchte dafür viel Geld, aber das stimmt nicht. Man kann günstig und gut für wenig Geld einkaufen, es bedarf halt etwas Planung. Man braucht keine Erdbeeren im Januar. Es ist viel schöner, sich auf die richtige Erdbeersaison zu freuen. Dann nutze ich viel die öffentlichen Verkehrsmittel, gehe gern zu Fuß und fahre mit dem Rad. Das ist in Großstädten viel entspannter. Auf dem Land ist es natürlich etwas anderes. Ansonsten liegt mir viel am guten alten Mülltrennen. Alles kleine Sachen, die einfach umsetzbar sind.

Ärgern Sie sich über Nachbarn, die den Müll nicht trennen?

Ja, das ist doch kein großer Aufwand. Wenn man sich kurz damit beschäftigt, läuft das doch schnell automatisch. Das nervt mich wirklich.

Zur Filmbranche: Da tut sich gerade was in Richtung grünes Drehen. Sie waren viele Jahre beim "Tatort". Was hat sich am Set in Sachen Nachhaltigkeit getan?

Einiges. Früher gab es beispielsweise kleine Einwegplastikwasserflaschen für alle am Set und am Abend große Müllberge. Ich habe aber später auch an Sets gearbeitet, wo jeder einen Becher mit seinem Namen hatte, der abends gespült wurde. Das funktioniert gut. Da ist es so wie überall: Jemand muss ein Bewusstsein schaffen, Ideen haben und dafür werben. Alle finden es doch gut, wenn nicht so viel Müll um sie rum ist – auch am Set. Noch ein Beispiel: Früher gab es das Klischee, die Beleuchter bräuchten täglich Fleisch vom Catering, weil sie körperlich hart arbeiten. Jetzt ist es oft so, dass es vor allem die Beleuchter sind, die vegan leben. Es gibt fleischfreie Tage am Set, was gut aufgenommen wird. Man schaut außerdem, wo der Strom herkommt, wo die Kostüme herkommen. Früher hat die Kostümbildnerin manchmal für jede noch so kleine Rolle etwas gekauft. Heutzutage sagen wir, wir würden gern was aus dem Fundus leihen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir Schauspieler etwas bewirken können. Man muss nur den Mund aufmachen und sagen, was einem wichtig ist. Das wird eigentlich meistens verstanden und gut aufgenommen.

Wie viele andere Prominente auch, unterstützen Sie die Initiative "German Zero". Was hat Sie dazu bewogen?

Das kam durch den Regisseur, Produzenten und Autor Lars Jessen zustande, mit dem ich schon öfter gedreht habe. Er ist Mitinitiator von "German Zero" und hat mich im Oktober 2019 angerufen und gesagt: "Friederike, ich glaube, es gibt eine Lösung." Lars beschäftigt sich mit dem ganzen Thema Klimakrise und Umwelt schon lange. An den Anruf erinnere ich mich so genau, weil er einfach Hoffnung und Mut gemacht hat. Das Thema lastet mittlerweile schwer auf meiner Seele. Es sind einfach keine schönen Aussichten für uns alle, was viele ja immer noch von sich wegschieben.

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Wie genau sieht der Lösungsansatz von "German Zero" aus?

"German Zero" arbeitet gerade mit Experten einen Gesetzesvorschlag aus, wie Deutschland bis ins Jahr 2035 klimaneutral werden kann, um die 1,5-Grad-Erwärmung zu halten. Das ist wichtig, denn andernfalls wird die Erde kein lebenswerter Ort mehr sein. Jeder von uns kann sich an der Initiative beteiligen, indem er zur nächsten Bundestagswahl die Abgeordneten wählt, die sich dazu verpflichten, dass der Gesetzesvorschlag auch Gesetz wird. Ich glaube, das ist der einzige Weg. Es bedarf einer großen politischen Veränderung und politischer Entscheidungen. Wenn wir das in Deutschland schaffen, werden wir auch andere Länder mitreißen.


Sie haben schon angesprochen, dass es immer noch Leute gibt, die die Klimakrise leugnen. Wie begegnen Sie solchen Menschen?

Wenn ich jemanden treffe und im direkten Dialog bin, finde ich Themen, auf die man unterschiedlich schaut, interessant. Ich höre mir auch gerne Argumente der Gegenseite an. Dann kann man leidenschaftlich und hitzig diskutieren und nähert sich im besten Falle irgendwie an. Schwierig finde ich diese vereinfachten Diskussionen im Netz. Nur übereinander sprechen, urteilen, schimpfen und Hasskommentare abgeben ist immer schwierig und oft verletzend. Das führt auch zu nichts, weil kein sachlicher Austausch von Argumenten stattfinden kann.

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Eben haben wir schon über Drehs gesprochen. Welche Projekte stehen aktuell bei Ihnen an?

Ich habe 2020 die Tragikomödie "Sweet Desaster" gedreht, die wird gerade geschnitten. Ich spiele die Hauptrolle der 40-jährigen Frieda, die schwanger wird von einem Mann, der sich von ihr trennt. Sie versucht, ihn zurückzubekommen, um dann irgendwann festzustellen, dass sie einen anderen Weg gehen muss. Außerdem mache ich gerade etwas für mich ganz Neues für den SWR: eine eigene kleine Sendung für die Mediathek. Die heißt "Friederike klopft an".

Spannend, worum geht es in der Sendung?

Ich treffe Frauen, die nicht in der Öffentlichkeit stehen, aber besondere Lebensgeschichten oder Lebenswege haben, die mutige Entscheidungen getroffen haben oder die ganz anders leben als ich. Ich besuche die Frauen für ein paar Tage und schaue, wie sie leben. Das ist fast eine feministische Sendung, wir sind auch im Team ganz viele Frauen. Wir wollen den Frauen eine Stimme geben. Es gibt tolle Frauen, deren Geschichte man vielleicht nicht so erfährt, die aber Mut machen und Vorbilder sein können.

Wie kam es denn dazu?

Die Idee hatte Journalist und Produzent Ulrich Bentele, den kenne ich aus Jugendtagen. Wir haben überlegt, welches Projekt wir zusammen machen könnten. Dann haben wir diese Idee dem SWR vorgeschlagen und sind auf Begeisterung gestoßen. Ich bin ziemlich involviert, durfte auch das Konzept mitentwickeln. Wir haben jetzt eine Folge gedreht, wegen Corona war und ist es ein bisschen schwierig, aber wir hoffen, dass es bei den nächsten Folgen wieder einfacher wird. Es ist jedenfalls spannend für mich, ein ganz neues Feld und eine ganz neue Rolle. Keine Ahnung, ob ich das gut kann oder nicht, aber es macht mir großen Spaß.

Verwendete Quellen
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