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Zum journalistischen Leitbild von t-online.90. Geburtstag Wie Armin Mueller-Stahl in Hollywood glänzen konnte
Kein anderer deutscher Schauspieler hat es jemals so weit gebracht wie Armin Mueller-Stahl. In den Neunzigern war er Stammgast in Hollywood – und spielte namhafte US-Stars an die Wand. Heute wird er 90 Jahre alt.
George Clooney, Nicole Kidman, Robin Williams, Michael Douglas, Jessica Lange, Sean Penn, Morgan Freeman und James Gandolfini – sie alle standen gemeinsam mit Armin Mueller-Stahl vor der Kamera. Sein schwerer deutscher Akzent konterkarierte dabei die Leichtigkeit, mit der der in Ostpreußen geborene Schauspieler auch große Hollywoodstars alt aussehen ließ. Der Mann mit der Weltkarriere, er wird heute 90 Jahre alt.
Das Handwerk der Schauspielkunst beherrschte Armin Mueller-Stahl in Perfektion, über 20 Jahre lang hatte er Theater gespielt oder wie er es sagen würde: gearbeitet. Barry Levinson, der berühmte amerikanische "Rain Man"-Regisseur wies ihn Anfang der Neunziger an, seinen Hollywoodkollegen das Spiel mit der Kamera zu veranschaulichen – darunter Elijah Wood in "Avalon", der Jahre später mit "Der Herr der Ringe" zum Megastar wurde.
Er wäre lieber Dirigent oder Komponist geworden
Er selbst wurde seinem Vater zuliebe Schauspieler. Der stand als Laie auf der Bühne – wurde jedoch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs erschossen. Eine besondere Motivation für Mueller-Stahl, der als drittes von fünf Geschwistern den Großteil seines Lebens ohne Vater aufwächst. Doch eigentlich, so formulierte er es vor wenigen Jahren rückblickend, wäre er viel lieber Dirigent oder Komponist geworden. Die Musik, sie begleitete ihn seit frühester Kindheit. Er spielte Gitarre – und studierte später elf Semester Geige und Musikwissenschaft.
In der Schauspielerei verlief der Karriereweg kurvenreich. Wegen angeblich "mangelnder Begabung" flog er nach einem Jahr in Ostberlin von der Schauspielschule, zusammen mit Manfred Krug. Als er 1976 einen offenen Brief gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann unterzeichnete, bekam er keine Angebote mehr. Erst 1980 ging er in den Westen. "Lieber ein Knick in der Karriere als einer im Rückgrat", pflegte Mueller-Stahl in Anspielung auf seine schwere Zeit in der DDR mal zu sagen. Günstlinge der SED-Oberen, die auf der Karriereleiter emporstiegen, konnte er nicht ausstehen.
Hollywooddurchbruch trotz mangelnder Englischkenntnisse
In Westdeutschland wurde er schnell durch Rollen wie in Rainer Maria Fassbinders "Lola" zum Leinwandstar – und rangierte in den Beliebtheitswerten mit Mario Adorf auf Augenhöhe. Doch er galt als sperrig. So lehnte der seit 1973 mit der Hautärztin Gabriele Scholz verheiratete Schauspieler die gut bezahlte Hauptrolle für den Straßenfeger "Die Schwarzwaldklinik" ab. Er wollte nicht als Serienfigur berühmt werden. Die große Leinwand, sie war seine Heimat – und tatsächlich behielt der Sohn eines Bankkaufmanns und einer Ärztin recht.
Obwohl er anfangs kaum Englisch sprach und sich mit Tricks behalf, die er sich unter anderem bei Helmut Schmidt abschaute – er studierte dessen Parlamentsreden – etablierte er sich auch in Hollywood. Rollen in Oscar-nominierten Filmen wie "Bittere Ernte" und "Oberst Redl" oder sein Kultauftritt in Jim Jarmuschs "Night on Earth" als Taxifahrer in New York, der kein Englisch sprach, brachten ihm in den Neunzigern reihenweise Angebote ein. 1996 wurde Armin Mueller-Stahl für seine Vaterfigur in "Shine" für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert – und musste sich am Ende Cuba Gooding Jr. geschlagen geben, der mit "Jerry Maguire – Spiel des Lebens" triumphierte.
Er liebte "die Heiterkeit" der Amerikaner
Mit "Die Manns" räumte er fünf Jahre später trotzdem noch einen internationalen Preis ab: den Emmy, wenn auch "nur" die weniger renommierte Auszeichnung fürs Auslandsfernsehen. Dennoch kann kein zweiter deutscher Schauspieler auf eine vergleichbare Hollywoodkarriere zurückblicken. Mueller-Stahl liebte Amerika – vor allem "die Heiterkeit" der Menschen dort, wie er es in einem Gespräch mit Inga Kühn im Jahr 2018 beschrieb. Neben einem Haus in einem kleinen Ort an der Ostsee nahe Lübeck und einem Wohnsitz in Berlin, lebte er auch in Los Angeles. Der strahlende Sonnenschein und das sonnige Gemüt der Menschen dort zogen ihn immer wieder in die Staaten.
Nach seinem Abstecher in die Traumfabrik Hollywood gab es 2007 den Deutschen Filmpreis und 2011 die Goldene Kamera für sein Lebenswerk. Zwischendrin, im Jahr 2009, duellierte sich Mueller-Stahl noch einmal in "Illuminati" mit Tom Hanks in einer großen internationalen Verfilmung. Über Hanks sagte Mueller-Stahl später: "Der beherrscht sein Handwerk." Tom Hanks mag über deutsche TV-Marotten wie "Wetten, dass..?" mit Thomas Gottschalk gelacht haben, Spott über das Lob von Armin Mueller-Stahl hingegen ist nicht überliefert.
"Es ist der einzige Job, in dem ich fliegen kann"
Zu dieser Zeit war er längst nicht mehr nur Schauspieler. Er schrieb mehrere Bücher. Vor allem aber malt er seit Langem und stellt mit Erfolg aus. "Ich bin hier und heute ein Maler, der auch schauspielert", eröffnete Mueller-Stahl vor einigen Jahren eine Ausstellung mit seinen Bildern und er ergänzte mit Blick auf seine Malerei in einem Gespräch mit dem Fernsehsender Phoenix im Jahr 2018: "Es ist der einzige Job, in dem ich fliegen kann." Seinen durchdringenden Blick, die "stahl"-blauen Augen, dieser Mund mit den gepressten Lippen – all das macht ihn auch noch im hohen Alter unverkennbar.
Der Ruhm, der ihm das Filmgeschäft eingebracht hat, er war Armin Mueller-Stahl derweil nie egal. "Ich lache wie ein Kind, wenn die Leute glücklich sind", schrieb er einst in seinem selbstverfassten Gedicht "Der Gaukler". In seiner 2010 erschienenen Biografie vermerkte er: "Der Gedanke von Unsterblichkeit als produktivem Überleben, der bedeutet mir schon etwas."
Heute lebt Mueller-Stahl zurückgezogen, ihn plagen gesundheitliche Probleme – nur wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag musste er ins Krankenhaus. Seine Frau und sein heute als Arzt in Berlin tätiger Sohn Christian sorgen sich um ihn, wie es sein langjähriger Freund Frank-Thomas Gaulin jüngst im Gespräch mit t-online berichtete. Am Geburtstag "viel Gesundheit" zu wünschen – dieser traditionelle Gruß scheint bei Armin Mueller-Stahl derzeit angebrachter denn je.
- Eigene Recherchen
- Nachrichtenagentur dpa