#MeToo Hausarrest und Fußfessel: Bill Cosby wartet auf Strafmaß
Norristown (dpa) - "Serien-Vergewaltiger" - mit schwarzem Marker hatte jemand diese Worte auf Bill Cosbys rosafarbenen Stern am "Walk of Fame" in Hollywood geschmiert. Dort, wo eigentlich beliebte Stars geehrt und gefeiert werden.
Seit Cosby wegen sexueller Nötigung in drei Fällen schuldig gesprochen wurde, ist das Image des einst so beliebten Entertainers in den USA wohl endgültig gekippt. Am Montag oder Dienstag will das Gericht in Pennsylvania verkünden, wie lange der 81 Jahre alte Cosby ins Gefängnis muss.
Fünf Monate hat er seit Verkündung des Urteils in seinem goldenen Käfig ausgeharrt. Das grüne, stattliche Anwesen der Cosbys in einem Vorort von Philadelphia überzieht eine Fläche von fast drei Fußballfeldern, aber Hausarrest bleibt Hausarrest: Verlassen darf Cosby es nur für Besuche beim Arzt oder Anwalt und mit entsprechender Genehmigung des Gerichts. Und Tag für Tag wacht er mit der GPS-Fußfessel auf, die Richter Steven O'Neill angeordnet hatte - eine tägliche Erinnerung daran, dass der einstige TV-Papa Amerikas nun ein verurteilter Sexualstraftäter ist.
Wie in Zeitlupe war der Komiker ins Bodenlose gefallen. "Skandal und Schock" titelte das Magazin "People" schon Ende 2014 und fragte: "Hat die TV-Ikone Frauen für Jahrzehnte unter Drogen gesetzt und angegriffen?" 60 Frauen haben Cosby sexuelle Übergriffe vorgeworfen, auch wenn es im Prozess nur um einen Fall aus dem Jahr 2004 ging. Dass der Strafprozess darüber im Juni 2017 wegen einer uneinigen Jury ergebnislos endete und erneut aufgerollt werden musste, zog das träge Verfahren weiter hin.
All die Lacher mit der "Bill Cosby Show" kann Cosby heute niemand nehmen. Doch die Lorbeeren seiner Karriere sind verwelkt: Das Kennedy Center in Washington widerrief Auszeichnungen an ihn, die Oscar-Akademie schloss ihn aus. Der Schuldspruch machte Cosby zum ersten verurteilten Prominenten in Zeiten der #MeToo-Bewegung, noch bevor bei Produzent Harvey Weinstein die Handschellen klickten. Wie sich der ganze Rummel auf Cosbys Gesundheit niedergeschlagen hat, kann man nur ahnen. Er ist offiziell als blind eingestuft, bei Gericht erschien er mit einem Gehstock.
Auch abseits des Prozesses haben die Cosbys turbulente Monate hinter sich. Ihre Tochter Ensa war im Februar mit nur 44 Jahren an einem Nierenleiden gestorben. Von den fünf gemeinsamen Kindern - der einzige Sohn Ennis wurde 1997 bei einem Raubüberfall auf der Autobahn in Kalifornien ermordet - leben nun noch drei. Zumindest nach außen vermitteln sie Geschlossenheit. Cosbys jüngste Tochter Evin (42) hatte sich im Prozess hinter ihren Vater gestellt und den Medien-Rummel in einem hitzigen Post auf Facebook als "öffentliche Verurteilung" bezeichnet.
Cosbys Frau Camille scheint die Hoffnung auf eine Wende unterdessen nicht aufgegeben zu haben. Am Montag reichte sie Antrag bei Pennsylvanias Beschwerdekammer ein, um Richter O'Neill kurz vor knapp noch vom Fall abziehen zu lassen. Staatsanwalt Kevin Steele sprach von einem "verzweifelten Versuch in letzter Minute", ihren Mann doch noch vor dem Gang hinter Gitter zu bewahren. Bis zu zehn Jahre Haft könnte O'Neill für jeden der drei Anklagepunkte verhängen, auch wenn Cosbys hohes Alter das Strafmaß verringern könnten.
Zwei Tage sind im Örtchen Norristown geplant, um Zeugen und Cosby selbst die Chance zu letzten Bemerkungen zu geben. Dann, am Montag oder spätestens Dienstag, verhängt O'Neill das Strafmaß. Das letzte Wort im Fall William Henry Cosby Jr könnte auch dann aber noch nicht gesprochen sein: Seine Verteidiger haben bereits angekündigt, Berufung einzulegen. Möglich ist ein Gang bis zum State Supreme Court - dem höchsten Gericht Pennsylvanias. Der Fall könnte sich dann noch Monate oder sogar Jahre hinziehen.