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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Bares für Rares"-Star Waldi: "Hört er auf, bin ich sofort weg"
Walter Lehnertz hat durch "Bares für Rares" den Sprung in die Öffentlichkeit geschafft. Hier erzählt er, wie die Sendung sein Leben verändert hat – und unter welcher Bedingung er damals überhaupt zusagte.
Seit der ersten Stunde ist er bei "Bares für Rares" dabei, steht regelmäßig vor der Kamera und hat sich durch seine Startgebote von 80 Euro einen Namen gemacht. Doch Walter "Waldi" Lehnertz ist nicht nur Antiquitätenhändler und TV-Gesicht. Jüngst ist er unter die Autoren gegangen und hat sein erstes Buch ("Mord im Antiquitätenladen") geschrieben. In den Krimi hat der 57-Jährige Facetten seines Lebens einfließen lassen. Mit t-online spricht er über sein Leben und seine Arbeit bei "Bares für Rares".
t-online: Vom Antiquitätenhändler zum Buchautor: Wie kam es dazu?
Walter Lehnertz: Als man mich fragte, ob ich mir vorstellen könnte, einen Krimi zu schreiben, habe ich erst einmal verneint. Irgendwann habe ich es mir dann aber doch anders überlegt. Und das hat sich gelohnt. Meine Co-Autorin und ich haben ein tolles Buch verfasst. Ich bin sehr stolz darauf.
Kann es sein, dass Siggis Geschichte Ihre eigene ist?
Für mich war es wichtig, dass der Krimi authentisch ist. All das, was die Leser im Buch erfahren, verkörpert 100 Prozent Waldi. Viele Dinge sind tatsächlich passiert.
Beruhen auch die anderen Figuren auf echten Menschen?
Ja. Beispielsweise Anton. Er ist "Bares für Rares"-Experte Detlev Kümmel. Die Liebesgeschichte beruht auch auf meiner eigenen. Ich habe meine Holde damals in meinem Laden kennengelernt. Sie wollte einen Schrank kaufen. Da habe ich gesagt, dass ich ihr den ungern überlassen möchte, er gefiel mir nicht. Deshalb hat sie etwas Besseres von mir bekommen.
Sind Sie auch schon mal wie in Ihrem Buch auf eine Fälschung hereingefallen?
Ja. Wir machen alle zwei Jahre einen Schätztag und jemand hatte einen acht Zentimeter großen Löwen aus Sterling Silber mitgebracht. Und weil da immer unfassbar viele Leute sind, muss ich beim Schätzen Gas geben. Also habe ich den Löwen für 350 Euro abgekauft, aber schon da kurz den Gedanken gehabt: Der ist etwas leicht. Dann aber aus Stress nicht weiter drüber nachgedacht. Abends habe ich dann mit einem Akkuschrauber hineingebohrt und gemerkt, dass er innen gefüllt, also gefälscht war. Solche Fälschungen bestehen aus einer Kunststoffmasse und werden mit Silberblech überzogen. Seit diesem Fehlkauf weiß ich genau, wo ich besser aufpassen muss.
Sie scheinen Fehlkäufe gelassen zu nehmen.
Ja, dann ist es halt so. Das gehört dazu. Ich habe schon Originale gekauft, von denen ich dachte, sie seien der Renner. Doch die wollte keine Sau. Dann wiederum habe ich Sachen aus Not gekauft und die gingen wie geschnitten Brot. Da steckst du nie drin.
Was war Ihr teuerster Kauf?
Es gab viele teure Käufe. Unter anderem habe ich eine Isetta – ein Dreirad und einer der ersten BMWs – für 17.500 Euro gekauft.
Experten dürfen bei "Bares für Rares" nicht hinzugezogen werden. Dürfen Sie vorab eine Internetrecherche machen?
Wir brauchen meistens keine Hilfe. 80 Prozent der Sachen kennen wir, weil wir jeden Tag in dem Bereich arbeiten. Aber wenn wir einen Künstler haben, den wir alle nicht kennen, haben wir einen Laptop in unserer Mitte und schauen kurz nach, wie er gehandelt wird.
Ich mache so lange mit, wie Horst Licher mitmacht. Hört er auf, bin ich sofort weg.
Walter Lehnertz
Horst Lichter schreibt im Vorwort zu Ihrem Buch, dass Ihr Leben wie ein Krimi sei. Was meint er damit?
Ich mache viele Sachen, die ich eigentlich nicht kann. Ich habe beispielsweise auch ein Coverlied von Udo Lindenberg aufgenommen. Und der nächste Plan ist: Ich will in den Vorentscheid für den Eurovision Song Contest. Wenn ich für Deutschland singe, werden wir definitiv nicht Letzter.
Trotz der vielen Projekte wollen Sie "Bares für Rares" aber noch weitermachen?
Ich habe immer schon gesagt: Ich mache so lange mit, wie Horst Lichter mitmacht. Hört er auf, bin ich sofort weg. Denn Horst Lichter ist "Bares für Rares". Mit dem Moderator steht und fällt die Sendung.
Wie bekommen Sie die ganzen Projekte unter einen Hut?
Es ist schwierig. Ich habe die Drehtage für "Bares für Rares" herunterschrauben müssen. Früher hatte ich 70 im Jahr, jetzt nur noch 40. Mit den Viertel-nach-acht-Sendungen, den Lieblingsstücken und den Händlerstücken wurde alles etwas viel. Ich muss mich schließlich auch noch um meinen Laden kümmern.
Die Sendung ist doch sicherlich auch eine wichtige Einnahmequelle.
Nein. Es geht mehr darum, sich einen Namen zu machen. Und das habe ich geschafft – ich bin der "80 Euro Waldi". Den Namen habe ich mir sogar schützen lassen und steht jetzt als Künstlername auf meinem Personalausweis.
Lohnt sich die Sendung dann wenigstens für Ihren Antiquitätenhandel?
Kaufmännisch gesehen lohnt sich "Bares für Rares" für uns nicht. Wir kaufen die Objekte fast zum Verkaufswert ein. Manchmal bezahlen wir auch mehr als den Verkaufspreis. Da ist die Gewinnspanne also gleich null. Im Verkauf kannst du nur ein bisschen draufschlagen, weil das Objekt aus der Sendung ist und es dem Kunden somit einen Mehrwert bietet. Aber es geht uns Händlern eben nicht immer nur um die Objekte, sondern auch um das Überbieten. Ich habe Sachen schon für den dreifachen Wert gekauft, nur weil ich es unbedingt haben wollte.
Sie machen trotzdem viel für den guten Zweck …
Muss man auch. Gerade, wenn man in der Öffentlichkeit steht. Da hat man ganz andere Möglichkeiten zu helfen. Bei der Flut im Ahrtal habe ich 75.000 Euro Bargeld und 300 Tonnen an Hilfsgütern bekommen, die eins zu eins an die Betroffenen gegangen sind. Das schaffst du als Normalo gar nicht. Diese sogenannte Prominenz, die ich habe, geht mir ansonsten am Allerwertesten vorbei.
Klingt so, als wäre Ihnen Ihre Bekanntheit und Ihr Job beim Fernsehen lästig.
Nein, lästig ist es nicht. Es sind eher die Wichtigtuer, die dadurch angezogen werden, die manchmal stören. Aber die triffst du überall, im Alltag und beim Fernsehen. Für mich ist es unheimlich schwierig, mit arroganten Leuten zusammenzuarbeiten. Ich halte mich selbst nicht für wichtig, und wenn dann ein Vogel kommt, der meint, er wäre es, damit komme ich nicht klar. Die kriegen bei mir im Laden gar nichts, da ist dann alles auf einmal reserviert.
Sie haben also nicht das Gefühl, dass der Ruhm Sie verändert hat?
Da kann ich noch zehn Jahre Fernsehen machen: Ich bin und bleibe, wie ich bin. Das ist für mich das Allerwichtigste.
So viele Menschen haben behauptet, die Sendung sei ein Fake. Das könnte sich das ZDF gar nicht leisten.
Walter Lehnertz
Also auch vor der Kamera bleiben Sie immer Sie selbst?
Ich würde mich nie verstellen und habe auch immer gesagt, dass ich bei der Sendung nur mitmache, wenn sie ehrlich ist. Wenn das eine Realityshow wäre, und du zahlst für ein Glas, das fünf Euro wert ist, 50 Euro, würde ich sofort aufhören. Ich habe nur unter dieser Bedingung überhaupt mitgemacht.
Die Authentizität der Show wurde in der Vergangenheit immer mal wieder infrage gestellt.
So viele Menschen haben behauptet, die Sendung sei ein Fake. Das könnte sich das ZDF gar nicht leisten, weil es ein öffentlicher Sender ist. Wenn die zehn Jahre lügen würden und es würde dann rauskommen, dann könnten die den Laden sofort dichtmachen.
Wie sehr achtet der Sender darauf, dass bei "Bares für Rares" alles authentisch bleibt?
Gutachter und Händler sind immer in getrennten Hotels. Auch die Kandidaten bleiben getrennt von uns. Ich wollte einmal für einen Kunden aus meinem Laden eine Kiste mit zu den Dreharbeiten nehmen. Damit er sich keinen Hänger leihen muss. Aber das ist alles verboten. Die passen so auf, damit nicht der kleinste Hauch eines Verdachts aufkommt, dass wir hinter den Kameras Geschäfte machen. Also wenn etwas ehrlich im Fernsehen ist, dann ist es "Bares für Rares". Sobald da jemand unehrlich wäre, wäre er sofort weg.
- Interview mit Walter Lehnertz
- Walter, Lehnertz: "Mord im Antiquitätenladen", Rowohlt Verlag, 2024