Er ist Elite-Soldat in Israel Andrea Kiewels Mann zieht in den Krieg: "Ich zittere, ich weine"
Der "Fernsehgarten" am Sonntag versprühte gute Laune. Doch die Realität sieht anders aus. Andrea Kiewel befindet sich aktuell in Tel Aviv und verrät, wie sie den Angriff auf Israel erlebt hat.
Am 8. Oktober zeigte das ZDF die letzte "Fernsehgarten"-Folge 2023. Zu Ende ging die diesjährige Saison mit einer "On Tour"-Ausgabe aus Hamburg. Mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht und in einem knallgelben Hosenanzug begrüßte Andrea Kiewel um kurz vor 12 Uhr ihre Gäste.
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Voller guter Laune startete sie in die fast zweieinhalbstündige Sendung am Sonntagmittag. Sie kündigte Künstler wie Joey Heindle oder Sonia Liebing an, kochte mit Jimi Blue Ochsenknecht und Joachim Llambi, scherzte mit Steffen Henssler und ließ sich von Miyabi Kawai modisch beraten.
Wie jedes Wochenende tauchte Andrea Kiewel auch diesen Sonntag mit ihren Zuschauern in eine bunte Welt ab. Eine bunte, heile und friedliche Welt, fernab der negativen Schlagzeilen, weit weg vom Krieg – und dem Angriff der Hamas auf Israel. Doch die Realität sieht anders aus.
Andrea Kiewel sitzt im Schutzraum in Israel
Denn Andrea Kiewel befindet sich gar nicht in Hamburg. Sie ist in Tel Aviv, sitzt dort in ihrem Schutzraum und bekommt die schweren Kampfhandlungen in Israel hautnah mit. Die Sendung vom 8. Oktober ist eine Aufzeichnung, gedreht wurde sie bereits Ende September.
Wenige Tage später ging es für die Moderatorin zurück in ihre Wahlheimat. Am 1. Oktober flog die 58-Jährige von Deutschland nach Israel, in das Land, das seit Samstagmorgen von der Terrorgruppe Hamas angegriffen wird. In einem Gastbeitrag für die "Jüdische Allgemeine" hat Andrea Kiewel erzählt, wie sie den Angriff auf Israel erlebt hat.
"Dies ist der Live-Ticker eines Morgens, der vorbei ist – und noch lange andauern wird", beginnt sie ihren Text. Um 7 Uhr morgens wacht Andrea Kiewel auf, liest eine Nachricht von ihrer Schwiegermutter in spe. Nur drei Minuten später befindet sich die Moderatorin mit ihrem Hund in dem Schutzraum ihrer Wohnung.
Es liegt am Klang der Sirene. Dieser Ton. Er geht durch Mark und Bein.
Andrea Kiewel
"Beim hektischen Schließen der Metallfensterläden bemerke ich, dass meine Hände zittern. Es liegt am Klang der Sirene. Dieser Ton. Er geht durch Mark und Bein. Tief ins Herz. Und er öffnet alle Schleusen. Ich weine. Der Hund presst sich an mich. Die Sirene stoppt, und es macht 'Bumm Bumm'."
"Nicht schon wieder"
Freunde und Familie sorgen sich um Andrea Kiewel, ihr Handy steht nicht mehr still. Sie selbst hat zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz begriffen, was gerade passiert. "Wir werden angegriffen. Von Raketen aus Gaza. 'Nicht schon wieder', denke ich mit meiner inzwischen vorhandenen stoischen israelischen Mentalität. Und ich weiß in diesem Augenblick noch nicht, wie sehr ich mich irre."
Mit ihren Hausbewohnern ist sie über eine WhatsApp-Gruppe im Austausch, die Nachrichten liest sie im Sekundentakt. Um 7.30 Uhr weiß sie: "Terroristen haben die Grenze zu Israel durchbrochen und töten in den Orten und Kibbuzim im Süden Frauen, Männer, Kinder, Soldaten. Sie nehmen Geiseln und rasen, Salven aus ihren Maschinengewehren schießend, durch die Straßen."
Szenen wie aus Horrorfilmen, beschreibt Kiewel. "Ich finde keine Worte, die auch nur annähernd beschreiben können, was ich fühle. Mein Magen ist ein einziger Krampf. Ich zittere. Innerlich. Äußerlich. Ich weine. (…) Ich weine um die Menschen, die eiskalt abgeschlachtet werden. Jawohl! Abgeschlachtet. Ich weine um die Geiseln, die in den Gazastreifen verschleppt werden."
"Sätze, die ich am meisten gefürchtet habe"
Halt gibt ihr in dieser schwierigen Zeit vor allem ihr Freund. "Der Mann, den ich liebe, ist der Fels in der Brandung. 25 Jahre als Elitesoldat haben ihn viele schlimme Ereignisse erleben und überleben (Baruch HaShem) lassen." Er beruhige sie, allerdings nur bis zu einem Punkt. "Seine Lippen sind schmal. Ich kenne diesen Gesichtsausdruck. Es geht etwas vor in ihm."
Zweieinhalb Stunden später bekommt ihr Lebensgefährte einen Anruf. "Ich gehe", sagt er. "Es sind die Sätze, die ich am meisten gefürchtet habe. Mein Mann zieht die Jeans aus und die Uniform an. Die kugelsichere Weste liegt neben der großen Blumenvase, deren Orange leuchtet wie die Sonne, wenn sie allabendlich im Mittelmeer versinkt. Noch gestern sangen und tanzten wir. Es ist absurd. Makaber. Unrealistisch."
Sie ist nun die Freundin eines Soldaten, der in den Krieg zieht. "Er würde sein Leben für dieses, sein Land geben. Es ist in seiner DNA verankert. Ich liebe ihn unendlich dafür", so Kiewel. "'Ich komme zurück', sagt er. Ich stehe auf der Straße und winke seinem Auto nach. Ich winke auch noch, als er längst abgebogen ist. Ich winke und winke. Und ertrinke in meinen Tränen."
"Wie lange werde ich nichts von ihm hören?"
Die Moderatorin hat ihren Schutzraum verlassen, fährt zu einem Supermarkt und deckt sich mit Lebensmitteln ein. Zur Not könnte sie die Stadt verlassen. "Ich packe einen kleinen Rucksack mit Dingen für zwei Tage. Inklusive Deo und Augencreme. Diese Dinge, die zur Routine meines normalen Lebens gehören, beruhigen mich."
Kurz darauf erfährt sie von toten Soldaten. "Eiskalt ermordet. Während sie schliefen. Sie sind im Alter meines Sohnes Johnny. Auch er war einst Soldat. Hier und in Deutschland." Johnny ist mittlerweile 22 Jahre alt. Ihr ältester Sohn kam 1986 zur Welt.
Sie weint um die Toten – und sorgt sich um ihren Liebsten. "Wie lange werde ich nichts von ihm hören? Bis er wieder zu mir zurückkommt, schlafe ich in seinem T-Shirt, welches er trug, bevor seine Augen von blau zu grau wechselten und er sich in einen Kämpfer verwandelte. Um den einzigen jüdischen Staat der Welt zu schützen: unser Israel!"
Nach zwölf Stunden hört Andrea Kiewel auf zu schreiben. "Um 21 Uhr soll angeblich Tel Aviv bombardiert werden", ist ihr letzter Satz.
- ZDF: "Fernsehgarten" vom 8. Oktober 2023
- juedische-allgemeine.de: "Wie TV-Star Andrea Kiewel die Terrorangriffe in Tel Aviv miterlebt"