"Weltmeister der Erotik" Precht: Kraken sind uns überlegen
Menschliches Verhalten sei nicht annähernd so komplex wie das der Oktopusse, sagt Philosoph Richard David Precht. Wir hätten jedoch einen entscheidenden Vorteil.
Wenn es nach Richard David Precht ginge, hätten auf der Erde wohl längst die Kraken das Sagen. Die achtarmigen Tintenfische seien dem Menschen "in vielen Bereichen maßlos überlegen", schwärmte der Autor und Philosoph im Podcast "Lanz&Precht" über seine Lieblingstiere.
"Kraken kommunizieren miteinander über Hunderte, wenn nicht Tausende Farbnuancen, was wir mit Worten machen, machen die mit Farben", erzählte Precht in der jüngsten Ausgabe zum Thema Intelligenz. "Sie können Zuneigung ausdrücken, indem sie die Farbe des anderen annehmen, ein besseres 'Ich versetze mich in dich hinein' gibt es nicht". Auch die Kunst der Täuschung beherrschten die Tiere, zum Beispiel wenn männliche Kraken sich als weibliche tarnten, um einen Rivalen zu verwirren: "Das sind irre Verhaltensrepertoires, wie der Mensch sie nur in ganz zarten Ansätzen hat", sagte Precht, der ein Buch über die Intelligenz von Tieren geschrieben hat.
"Das ist der ganz große Vorteil des Menschen"
"Menschen des Meeres", nennt Precht die Kraken, aber sie würden ihre Intelligenz besser einsetzen als wir: "Sie verbringen einen Großteil ihres Lebens mit Sex und sind die Weltmeister der Erotik." Kraken verfügen über jeweils drei Geschlechtsorgane, von denen aber immer nur eins zur Fortpflanzung gebraucht werde, die übrigen dienten nur dem Vergnügen, so Precht. "Und weil sie so eine großartige Ausstattung haben, machen sie auch unglaublich Gebrauch davon, ihr Liebesspiel zieht sich über Wochen hin. Das ist natürlich weiser, als materielle Güter anzuhäufen und den Planeten zu zerstören."
ZDF-Moderator Markus Lanz erinnerte an die Krake Otto, die im Coburger Aquarium Aufsehen erregte, weil sie gern mit Einsiedlerkrebsen jonglierte und Kurzschlüsse auslöste, indem sie nachts eine störende Glühbirne mit Wasser bespritzte. "Otto hat auch immer wieder den Inhalt seines Beckens neu angeordnet, ganz nach seinem Geschmack", erzählte Lanz. Tatsächlich teilten Menschen und Kraken das Bedürfnis, die Wohnung aufzuräumen, so Precht. Kraken hätten zwar "eindeutig die besseren Anlagen" als der Mensch, doch es gebe eine Tragik in ihrer Existenz.
"Sie werden nicht alt, nur zwei oder zweieinhalb Jahre. Kraken haben keine kulturelle Evolution, sie haben nicht viel Zeit, ihren Kindern etwas beizubringen, sie können nicht viel überliefern", bedauerte der Philosoph. "Das ist der ganz große Vorteil des Menschen."
- lanz-precht.podigee.io: Episode 106: Was ist Intelligenz