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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Über sein Leben hinter Gittern Boris Becker weint im TV: "Er wollte mich umbringen"
Seit dem 15. Dezember ist Boris Becker raus aus dem Gefängnis. An Tag fünf seiner Freiheit gibt der 55-Jährige ein Interview – und spart nicht mit Details.
Seit 236 Tagen hat es von der einstigen Tennislegende keine offiziellen Bilder mehr gegeben. Mit dem Schuldspruch am 29. April in London saß Boris Becker im Gefängnis, seit seiner Entlassung am 15. Dezember war er wie vom Erdboden verschluckt. Ein Rätselraten um seinen Aufenthaltsort begann. Nur eines stand seit vergangener Woche Freitag fest: Boris Becker wird sich den Fragen von Steven Gätjen in einem Sat.1-Interview stellen – fünf Tage nach seiner vorzeitigen Haftentlassung.
"Keine Tabus, keine Ausreden, kein Blabla", beginnt Steven Gätjen das Spezial um 20.15 Uhr an diesem Dienstag. Zu diesem Zeitpunkt ist Boris Becker nur im Hintergrund zu sehen. Er sitzt allein im Studio, vor ihm ein Tisch ohne Gesprächspartner. Doch eine offensichtliche Veränderung lässt sich bereits erkennen: Boris Becker ist schlanker geworden. Die Erfahrungen hinter Gittern sind nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Später sagt er auf Nachfrage: "Ich habe monatelang wenig gegessen."
Gätjens erste Frage im Vieraugengespräch zielt auf die Schuldfrage. "Natürlich war ich schuldig", gibt Boris Becker zu und betont dennoch, nur in vier Punkten schuldig gesprochen worden zu sein. "Es ging fast um Leben und Tod", so Becker. Hätte ihn die Richterin Deborah Taylor Ende April am Southwark Crown Court für alle 24 Punkte in Haftung genommen, wäre er niemals mit einer Strafe von 30 Monaten davongekommen. Doch so kam es. Zweieinhalb Jahre Strafe, aus denen er vorzeitig nach rund sieben Monaten entlassen wurde. Mehr dazu lesen Sie hier.
Als es um Lilian geht, kommen ihm die Tränen
Erstmals emotional wird es, als Gätjen von Becker wissen will, wie Lilian De Carvalho Monteiro den Prozess und das Gerichtsurteil aufgefasst habe. Beckers Freundin lebt in London, begleitete ihn regelmäßig zu den Verhandlungen in der britischen Hauptstadt. Er habe ihr gesagt, sie solle ihr Leben leben – er wisse nicht, wie lange er einsitzen müsse. "Meine Liebe, du musst nicht auf mich warten", so Becker.
Seine Partnerin ist 22 Jahre jünger als er. Als es um die Trennung von ihr durch die Haftzeit geht, spricht Becker mit tränenerstickter Stimme, seine Augen werden rot – der 55-Jährige muss seine Emotionen zurückhalten.
Einen Promi-Bonus habe es für Becker nicht gegeben. "Im Gefängnis bist du niemand. Du bist nur eine Nummer. Meine war A2923EV", erzählt Becker. "Ich wurde nicht Boris genannt. Ich war eine Nummer. Und es interessiert sie einen Scheißdreck, wer du bist."
Erschütternde Details: Mithäftling soll Becker bedroht haben
Auch teils erschreckende Erfahrungen habe Becker machen müssen. Im Gespräch mit Steven Gätjen schildert er eine akute Bedrohungslage. "Er wollte mich umbringen", sagt Becker über einen Mithäftling, den er "John" nennt. Dieser habe bereits "über 16 Jahre lang im Gefängnis" verbracht. Der Mann sei neidisch gewesen und habe ihm deshalb nach dem Leben getrachtet. Der wegen Mordes einsitzende Mitgefangene habe "verbal alles erklärt, was er mit mir machen wird".
"Er hat meine Position unterschätzt", so Becker, der angibt, von anderen, offenbar befreundeten Mithäftlingen beschützt worden zu sein. Diese seien dazwischengegangen. Zehn an der Zahl seien auf Beckers Seite gewesen. Sie sollen dem Mitgefangenen gesagt haben, dass er jetzt gehen müsse oder sonst Schläge bekomme.
"Ich habe so gezittert, bin in meine Zelle zurück." Boris Becker schluckt, kann nicht weiter sprechen. "Gefängniswelt ist etwas anders", wirft er ein und schildert, wie "John" ihn später "um Vergebung gebeten" habe. "Ich habe ihn umarmt und ihm gesagt, dass ich großen Respekt vor ihm habe", so Becker, der anschließend um eine Auszeit bittet, weil er seine Tränen unterdrückt und nicht weitersprechen kann.
"Die kamen um halb acht, schlossen auf und fragten: Bist du fertig?"
Über die letzten Stunden vor seiner Freilassung und Abschiebung nach Deutschland sagt Becker: "Ich saß ab sechs Uhr in der Früh auf meiner Bettkante und hoffte, dass die Zellentür aufgeht. Sie kamen um halb acht, schlossen auf und fragten: 'Bist du fertig?' Ich sagte: 'Los geht's!' Ich hatte auch schon alles gepackt."
Während seiner Zeit in Haft habe Becker Mut und Kraft aus zahlreichen Briefen geschöpft, die ihm Fans und Bekannte schickten. Darunter seien auch berühmte Persönlichkeiten gewesen.
- Sat.1: "SAT.1 Spezial. Boris Becker" vom 20. Dezember 2022