t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeUnterhaltungKinoOscars

Steven Gätjen im Interview: "Der Academy fehlt die Risikobereitschaft"


Oscars
Steven Gätjen im Interview: "Der Academy fehlt die Risikobereitschaft"

t-online, mth

Aktualisiert am 27.02.2012Lesedauer: 6 Min.
Steven Gätjen führte bei den Oscars Interviews am roten Teppich.Vergrößern des Bildes
Steven Gätjen führte bei den Oscars Interviews am roten Teppich. (Quelle: dpa-bilder)

Steven Gätjen war wieder live bei den Oscars dabei und konnte am roten Teppich mit bekannten Hollywood-Stars wie Brad Pitt und Angelina Jolie reden. Über sein Treffen mit der Filmprominenz und seine Meinung zu den Preisträgern und der Oscar-Show erzählt Gätjen im Interview mit t-online.de.

Steven, die Oscars 2012 boten keine wirklichen Überraschungen, oder?

Nein, aber ich freue mich trotzdem. „The Artist“ ist einfach ein fantastischer Film. Und man hatte ja doch seine Zweifel, ob er es als Underdog schafft, in den wichtigsten Kategorien zu gewinnen. Auch für Meryl Streep habe ich mich gefreut. Auch wenn „Die Eiserne Lady“ nicht unbedingt ihr bester Film ist. Aber sie war 17 Mal für einen Oscar nominiert und gewinnt jetzt gerade ihren dritten. Gary Oldman hätte ich einen Oscar gegönnt. Der ist einfach ein gigantischer Schauspieler. Das fand ich schade. Ansonsten war die Vergabe der Preise schon eher vorhersehbar und keine Überraschung.

Findest Du auch, dass im Gegensatz zum letzten Jahr die Oscar-Verleihung dieses Mal um einiges spritziger und unterhaltsamer war?

Im letzten Jahr hatte man den Versuch gestartet, die Veranstaltung zu verjüngen. Aber Du kannst keine Show verjüngen, indem Du einfach nur zwei junge Moderatoren aufstellst. Du musst das ganze Korsett auch etwas lockerer machen. Dann hätten James Franco und Anne Hathaway mehr Spaß gehabt. Auf der anderen Seite muss man natürlich auch sagen, dass Billy Crystal ein geiler Moderator ist. Der ist einfach relaxt und improvisiert zwischendurch sehr viel. Und ich habe mich über die Momente mit den Darstellerinnen aus „Brautalarm“ oder mit Will Ferrell und Zach Galifianakis gefreut. Ich fand es insgesamt spritziger, ich fand es runder und homogener. Und ich finde, wenn Tom Hanks die Show eröffnet und Tom Cruise die Show beendet, dann ist das schon mal ziemlich fett.

Du warst also mit der Entscheidung der Academy einverstanden, Billy Crystal als Moderator zu reaktivieren? Man hat den Verantwortlichen ja zum Teil eine gewisse Einfallslosigkeit vorgeworfen.

Es ist natürlich eine sichere Sache, wenn Du zum neunten Mal Billy Crystal holst. Ich glaube, Eddie Murphy (Eddie Murphy war ursprünglich als Moderator der Oscars 2012 vorgesehen, die Red.) hätte sicherlich das Moment etwas verändert. Der ist unberechenbar und hätte viel Spaß gemacht. Ich hätte ihn jedenfalls gerne gesehen. Aber vielleicht klappt das ja in den kommenden Jahren doch noch einmal.

Auch die Präsentatoren der einzelnen Kategorien wie Robert Downey Jr., Will Ferrell oder Emma Stone haben sehr zum Unterhaltungswert der diesjährigen Oscar-Verleihung beigetragen. Wäre da vielleicht jemand darunter, dem man die Moderation der Oscars zutrauen könnte?

Emma Stone hat mich total begeistert, vor allem in der Kombination mit Ben Stiller. Es war ein traumhaftes Bild. Sie ist ja einen Kopf größer als er. Und wie Stiller das auch immer spielt, dieses spießige, zurückgezogene, leicht bösartige und neidische – daran könnte man sich doch in Zukunft mal heranwagen. Ben Stiller hat ja gute Ideen, Der ist sich für nichts zu schade. Vielleicht sollte man sich auch überlegen, ob man nicht eine Kombination aus mehreren Moderatoren macht. Das man vielleicht zwei, drei Paarungen findet, die abwechselnd durch die Show führen. Dann hätte man eine ganz andere Dynamik.

„The Artist“, „Hugo Cabret“ – das sind beides Filme über die Kindertage des Kinos, die sehr nostalgisch sind. Würdest Du sagen, dass Hollywood gerade eher rückwärts gewandt ist?

Ich finde es enttäuschend, dass die Academy immer sehr vorhersehbare Entscheidungen fällt. Das hängt mit Sicherheit auch damit zusammen, dass nur 14 Prozent der rund 6000 Academy-Mitglieder unter 50 Jahren sind. Das sagt ja schon viel über die Auswahl der Filme aus. Kommerziell erfolgreiche Filme werden kaum berücksichtigt, sieht man von Ausnahmen wie „Avatar“, „Der Herr der Ringe“ oder „Titanic“ ab. Dass in diesem Jahr „Brautalarm“ in zwei Kategorien nominiert wurde, war da schon die totale Überraschung. Ich weiß aber nicht, ob man sagen kann, die Academy bewege sich rückwärts. Es ist ja ein unglaubliches Wagnis, einen Schwarz-Weiß-Stummfilm zu drehen. Da finde ich es schon gut, dass die Academy das beachtet – gerade im Kontrast zu Filmen wie „Hugo Cabret“, die mit Special Effects überladen sind. Dennoch könnte sie etwas mehr Risiko eingehen. Zum Beispiel ist Michael Fassbender – ein fantastischer Schauspieler – gar nicht berücksichtigt worden. Ryan Gosling, den haben sie alle als den neuen Superstar gefeiert, ist auch nicht aufgetaucht. George Clooney war zwar gut in „The Descendants“, aber er war auch nicht so wahnsinnig toll, dass ich dachte, er müsste dafür einen Oscar bekommen. Oder Brad Pitt für „Moneyball“: Ich fand ihn auch gut, aber umgehauen hat mich das nicht. Da fehlt die Risikobereitschaft. Da traut sich die Academy, so wie sie im Moment aufgestellt ist, einfach zu wenig.

Schon im Vorfeld der Oscars 2012 wurde die eher konservative Einstellung der Academy kritisiert. Das wurde häufig an der Nichtberücksichtigung von „Drive“ festgemacht, der ja in Cannes groß abgeräumt hat. Wie siehst Du das?

„Drive“ ist ein Superbeispiel. Das ist ein fantastischer Film, vielleicht aber der Academy zu progressiv und zu brutal. Wobei man dann natürlich auch zurückschauen muss auf Filme wie „The Departed“ oder „Der Pate“. Da ist es auch richtig zur Sache gegangen. Ich weiß jedenfalls nicht, woran das liegt, dass Filme wie „Drive“ ignoriert werden. Vielleicht sagt man, wir bewegen uns lieber auf der sicheren Seite. Ich hoffe, dass sich das ändert. Und ich hoffe auch, dass man bei der Academy sieht, dass nicht nur der amerikanische Filmmarkt interessant ist, sondern eben auch der internationale. Ich glaube, dass sie einfach etwas globaler denken müssen. Deshalb ist auch der Erfolg von „The Artist“ als komplett von Franzosen gemachter Film ein Schritt in die richtige Richtung.

Wie siehst Du den Auftritt von Sacha Baron Cohen in seinem Kostüm aus „Der Diktator“? Kann man so etwas machen oder ist das despektierlich gegenüber den Oscars?

Nein, quatsch. Sacha Baron Cohen hat ja die perversesten Filme auf die Leinwand gebracht – ob das jetzt „Brüno“ war oder „Borat“. Die waren unglaublich erfolgreich. Und er selbst ist ja auch unglaublich smart. Alleine durch die Diskussion, ob er als Diktator auf den roten Teppich darf, hat er so viel Promotion gemacht, wie überhaupt nur geht. Und ich glaube, wenn ihm die Academy diesen Auftritt verweigert hätte, dann hätte sie in einem schlechten Licht dagestanden. Ich fand Sacha Baron Cohens Aktion überhaupt nicht despektierlich. Ich fand das einfach nur smart. Das belebt ja auch den roten Teppich, wo die Frauen glattgebügelt und hochgestylt herumlaufen. Und dann kommt da so ein Typ mit Bart und Fantasieuniform. Ich finde das super! Außerdem ist er ja auch ein guter Schauspieler. Das hat er in „Hugo Cabret“ gezeigt. Ich glaube, dass er auch in den nächsten Jahren oben auf der Bühne stehen wird. Den werden die auch mal nominieren. Das Potenzial hat er ja.

Loading...
Loading...

Stichwort „roter Teppich“: Was waren denn deine persönlichen Highlights in diesem Jahr?

Dieses Jahr haben wir gerockt! Wir haben Steven Spielberg gehabt. Das war für mich ein absolutes Highlight. Er ist eine Regielegende und mit seinen Filmen bin ich groß geworden. Dann hatten wir Brad und Angelina. Wir hatten Sandra Bullock, Christopher Plummer, Jessica Chastain, Michelle Williams… Dann die Geschichte: George Clooney trifft auf Wim Wenders – völlig absurd, aber dafür umso schöner. Und das Spannende war: Wir waren zwischen mehreren internationalen Teams, und wir haben wirklich alle Stars bekommen. Die anderen Teams aber nicht. Die haben uns nachdem der rote Teppich zugemacht hat dann applaudiert.

Was gab es denn sonst noch Interessantes am Rande der Veranstaltung, was die TV-Zuschauern nicht mitbekommen haben?

Brad Pitt und Angelina Jolie sind extrem spät auf den Teppich gekommen und haben Brads Eltern mitgebracht. Der Teppich ist zweigeiteilt. Vorne laufen die Nominierten, hinten die anderen Gäste und in der Mitte ist ein Gang für die ganz wichtigen Superstars. Die können dann direkt hineingeschleust werden, wenn die Zeit knapp wird. Als Angelina und Brad kamen, hat man sie direkt in diesen Mittelgang gebracht. Wir wollten gerne mit Angelina sprechen und irgendwann hat sie zu einem der Security Guards gesagt: „Lasst mich hier bitte raus.“ Dann hat sie die Kordel zur Seite genommen und ist zu Brads Eltern gegangen. Auf einmal kamen dann die ganzen ABC-Leute und sagten: Ihr müsst rein, ihr müsst rein. Es geht gleich los!“ Das hat sie aber gar nicht gestört. Sie kam dann auch noch zu uns und hat mit uns geschnackt. Und Brad kam dann ebenfalls noch zu uns. Die sind echt cool. Die lassen sich nichts vorschreiben. Die wollen gerne mit uns über die Filme und ihre Projekte sprechen, und das merkt man ihnen auch an.

Steven, vielen Dank für dieses Interview.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website