Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Schon gehört? Die Toten Hosen: Warum ihr größter Hit eigentlich ein Graus ist
t-online hat offene Ohren für die wichtigsten Alben der Woche und gibt Ihnen Musiktipps. Diese Woche mit den Toten Hosen, Liam Gallagher, den Sex Pistols und Def Leppard.
Wenn Sie mal wieder richtig Lust auf neue Sounds haben, Ihnen aber die Zeit fehlt, sich durch die Veröffentlichungen der Woche zu hören, stimmt t-online Sie mit der Rubrik "Schon gehört?" ein.
Die Toten Hosen – Alles aus Liebe: 40 Jahre Die Toten Hosen
40 Jahre Opel-Gang. War Düsseldorf Ende der Siebziger und Anfang der Achtziger eher für frühere elektronische Musik wie Kraftwerk, Neu!, La Düsseldorf oder Deutsch-Amerikanische Freundschaft bekannt, sind die bekanntesten Söhne der Stadt mittlerweile wohl die Punkrocker Die Toten Hosen. Warum, kann man nun auf der Best-Of zum 40. Geburtstag der Band noch einmal nachhören.
"Hier kommt Alex", "Zehn kleine Jägermeister", "Bayern" und der vertonte Bierwerbespot "Tage wie diese" haben Sie jetzt sicherlich alleine beim Lesen des Titels im Kopf. Hört man sich diese Zusammenstellung an, fällt einem auf, wie viele unfassbar bekannte Songs Campino und Co. eigentlich noch haben. "Alles aus Liebe", "Bonnie & Clyde", "Paradies", "Pushed Again", "Auswärtsspiel", "Nur zu Besuch" oder "Eisgekühlter Bommerlunder" sind nur einige zeitlose Klassiker.
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Neben altbekannten – vielleicht zum Teil vergessenen, zum Teil doch noch recht präsenten – Songs tummeln sich auf "Alles aus Liebe" noch einige neue Songs. "Scheiss Wessis" etwa. Oder die aktuelle Single "Teufel". Oder eine schöne Neuaufnahme von "Liebeslieder". Andere Songs wurden als "Remix 2022" ein wenig aufpoliert.
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Doch was macht die Faszination Hosen aus? Vielleicht ist es die stilistische Vielfalt. Immerhin gibt es hier nicht nur knackige Punkrocker aus den Frühtagen. Stattdessen hat die Gruppe auch viele Songs mit eher ernsteren Texten veröffentlicht. Sozialkritik, Persönliches, Glauben. All das findet sich in so vielen Stücken der Band wieder. Es ist eben nicht nur "Eisgekühlter Bommerlunder" oder "Zehn kleine Jägermeister". Ich würde sogar meinen, dass gerade der ernste Content, wie das unfassbar mitreißende "Paradies" oder das melancholische "Unsterblich", mit zum besten gehört, was die Band aus der "Modestadt Düsseldorf" gemacht hat.
Nur "Tage wie diese" ... diese Nummer kann ich ihnen nicht verzeihen. Zugegeben, nicht so ein Totalausfall wie "Lasse redn" von Die Ärzte, aber irgendwie ist das die Antithese des Punks. Ich habe immer den Becks-Werbespot mit dem Schiff vor dem inneren Auge. Zur Fußball-WM im ZDF wird der Track auch gerne eingespielt, schön für das Familienprogramm vor dem heimischen Fernseher. Nee, das wäre auch ein Song, den ich bei Musiktruppen mit anderem Background schlimm finden würde. Aber das ist der einzige Ausfall unter den 43 Songs hier. Man kann es verkraften. Zur Not mit einem Bier.
Liam Gallagher – C'mon You Know
Nach dem Ende von Oasis hat es für Sänger Liam Gallagher nun also zwei langweilige Alben mit der Nachfolgeband Beady Eye und zwei starke Soloalben gebraucht, um sich musikalisch auszutoben. "C'mon You Know" ist das wohl vielseitigste Werk, das der Brite jemals gemacht hat. Nicht sein bestes, aber eben das vielseitigste.
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Schon der Kinderchor, der das Album eröffnet, macht ein bisschen stutzig, was einen bei dieser LP wohl erwartet. "More Power" ist ein eher schleichender Einstieg in das dritte Solowerk der Britpop-Ikone. Und auch nach mehreren Durchläufen will die Nummer nicht zünden. Aber ich verstehe sie als interessanten Opener, der prompt beweist: Hier geht Liam nicht auf Nummer sicher. Waren die ersten beiden Alben "As You Were" und "Why Me? Why Not." noch recht geradlinige Rockwerke irgendwo zwischen Oasis, den Rolling Stones und dem unverwechselbaren Großmaul des Sängers, so wagt der jüngere der beiden Gallagher-Brüder hier einiges mehr.
"Diamond in the Dark" ist eine ungewöhnlich tanzbare Nummer, hat aber den wohl besten Refrains des Albums. "Don't Go Halfway" und der Titelsong sind dann wieder typischere Nummern. Die Ballade "Too Good For Giving Up" hätte man so auch auf einer der späteren Oasis-Platten wie "Heathen Chemistry" oder "Don't Believe the Truth" hören können. "It Was Not Meant to Be" besticht durch lässige 60's Vibes. "World's in Need" geht in eine ähnliche Richtung, hier fehlt allerdings die packende Melodie. Das eher psychedelische "Moscow Rules" kann man auch skippen, hier will nichts hängenbleiben, auch wenn man Gallagher attestieren muss: Bei der von Streichern und Klavier getragenen Nummer verlässt er die Comfort Zone endgültig.
Was bleibt also? Liam Gallagher traut sich viel mehr als jemals zuvor in seiner Karriere. Das geht oft gut, manchmal wollen die Songideen jedoch nicht so recht aufgehen. Für seinen Mut, nach gut 30 Jahren Karriere als Profi jetzt endlich mal so viel Neues auszuprobieren, muss man ihm dennoch Respekt zollen.
Sex Pistols – The Original Recordings
Ein Album und ein paar Singles. Das hat bei den Sex Pistols gereicht, um zur Kultband zu werden. Es gibt noch ein paar Demoaufnahmen, Live-Mitschnitte in eher schwacher Soundqualität – und dennoch schaffen es Plattenfirmen alle paar Jahre wieder, mit dem kleinen Fundus der Sex Pistols Geld zu machen. Ob das jetzt noch Punk oder Ramsch ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
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Fest steht: Mit "Nevermind the Bullock, Here's the Sex Pistols" hat die Band 1977 einen zeitlosen Klassiker aufgenommen. Dass man da genauso einen Profit rausschlagen kann wie mit unzähligen Neuauflagen von Alben wie "Nevermind", "Dark Side of the Moon" oder "Queen Greatest Hits I", ist aus Sicht der Labels zu verstehen. Jetzt erscheint mit "The Original Recordings" eine neue Compilation der Briten. Doch hier ist der Spin mal ganz interessant. Gesammelt sind Aufnahmen von 1976 bis 1978. Man erzählt die Bandgeschichte nach – von den frühen Singles bis zum Schlusspunkt, dem Frank-Sinatra-Cover "My Way", das eigentlich eine Solonummer von Sid Vicious war.
Gleichzeitig kann man diese Doppel-LP auch als Soundtrack zur neuen Serie "Pistols" von Disney+ sehen, die die kurze, aber krawallige Karriere der Punk-Originale wiedergibt. Machen wir es kürzer als den durchschnittlichen Punk-Song: "The Original Records" bietet eigentlich nichts Neues, stellt alte Songs aber schön zusammen und sammelt das Wichtigste vom Album, der Zusammenstellung "The Great Rock'n'Roll Swindle" und einigen B-Seiten.
Def Leppard – Diamond Star Halos
In den Achtzigern waren sie die vielleicht größte Rockband des Planeten. Kaum eine Gruppe hatte einen erfolgreicheren Doppelschlag als Def Leppard mit "Pyromania" und "Hysteria". Alben, die sich in den USA allein jeweils über zehn Millionen Mal verkaufen konnten. In den Neunzigern und Nullerjahren probierte man viel: Mal etwas Grunge ("Slang"), mal zeitgemäßer Pop ("Euphoria") oder Radiorock ("X").
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Auf "Diamond Star Halos" vermischen Def Leppard alles, was sie in den letzten 40 Jahren probiert haben. Der Opener "Take What You Want" rockt stellenweise so hart wie das frühe Material der Briten. "Kick" beweist, wie sehr die Gruppe vom Glam Rock der 70er Jahre inspiriert ist. Man denkt im schmissigen Refrain gleich an T.Rex oder David Bowie zu "Ziggy Stardust"-Zeiten. "Fire It Up" geht in eine ähnliche Richtung. Doch nach diesem starken Eröffnungstrio wird das Album recht durchwachsen.
"This Guitar" mit Alison Krauss ist eine langweilige Ballade. "Liquid Dust" hingegen klingt durch seine psychedelischen Hippie-Sounds recht interessant. "U Rok Mi" erinnert mit seiner pumpenden Basslinie irgendwie stark an die Neunzigerjahre. "All We Need" und "Open Your Eyes" sind solider Radiorock, wie Bon Jovi ihn vor Jahren verlernt haben.
Erstaunlicherweise versagt die Band bei den viel zu vielen Balladen. Waren Songs wie "Love Bites", "Hysteria", "When Love and Hate Collide" oder "Have You Ever Needed Someone So Bad" Aushängeschilder für Rockballaden, sind die ruhigen Tracks auf dieser LP Mangelware. "Angels (can't Help You Now)" ist furchtbar belanglos. "Lifeless" wird seinem Namen gerecht, und "From Here to Eternity" hat die Gruppe auch schon besser hinbekommen. Somit ist "Diamond Star Halos" eine durchwachsene Angelegenheit, die nach einem unfassbar guten Start leider viele Höhen und Tiefen hat.
Running Wild – Ready for BoardingRunning Wild – The First Years of Piracy
Alle sprechen immer nur von Accept und Helloween, wenn es um Heavy Metal aus Deutschland geht. Und natürlich Blind Guardian, aber die kamen ein bisschen später. Über Rage müssen wir hier nun wirklich keine Worte verlieren, und Grave Digger waren auch erst in den Neunzigerjahren so wirklich stark. Aber Running Wild werden wegen ihrer Piratenthematik teilweise zu viel belächelt.
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Mit dem Livealbum "Ready for Boarding" und den Re-Recordings "The First Years of Piracy" gehen die Neuauflagen der deutschen Schwermetall-Institution weiter. Das Livealbum "Ready for Boarding" wird um eine zweite LP mit einem weiteren Konzert aufgemotzt. Das 1987 in München aufgenommene Originalkonzert der ersten Platte ist ein Klassiker. Rauer Sound, der vielleicht sogar schon einen Tick zu authentisch ist, gepaart mit einer tollen Setlist voller alter Perlen wie "Under Jolly Roger", "Raise Your Fist" oder "Adrian S.O.S.". Interessant wird die zweite LP, die einen Livemitschnitt von der "Death or Glory"-Tour zwei Jahre später aus Düsseldorf bietet. Ebenfalls rauer Sound mit guter Setlist und hier auch dem Übersong "Bad to the Bone".
"The First Years of Piracy" erschien ursprünglich 1991 und beinhaltete Neuaufnahmen von Songs der ersten drei Alben, die die Band noch wesentlich härter zeigten als die späteren Werke. Klassiker wie "Under Jolly Roger", "Prisoner of Our Time", "Raw Ride" oder "Branded and Exiled" sind im Original um einiges kantiger und ruppiger als die Neueinspielungen. Das hat natürlich Charme. Gleichzeitig sind die geupdateten Versionen noch immer weit weg von Hochglanzproduktionen, bieten jedoch feine Überarbeitungen, die in manchen Details vom Original abweichen.