Matthias Reim "Ich bin neidisch auf meine Freundin"
Eine Schlagerikone wird 60: Mit t-online.de spricht Matthias Reim über das Älterwerden, den Tod und das Liebes-Chaos rund um seine 32 Jahre jüngere Freundin Christin. (Das Interview erscheint in zwei Teilen).
Vom Plattenmillionär zur Privatinsolvenz: Sein Leben gleicht einer Achterbahnfahrt, seine Karriere besteht aus jeder Menge Höhen und Tiefen. Doch weder von seinem Schuldenberg in Millionenhöhe noch von den leeren Konzerthallen hat sich der Musiker unterkriegen lassen.
Noch immer steht der blonde Schlagerbarde auf der Bühne, gibt Klassiker wie "Verdammt, ich lieb' dich" zum Besten. Aufhören will er erst, wenn er tot ist. Das Leben als Musiker hat jedoch auch seine Schattenseiten. Im ersten Teil des Interviews verriet Matthias Reim: Das Warten sei für ihn das Schlimmste an seinem Beruf.
Das Interview führten Ricarda Heil und Florian Wichert.
t-online.de: Was meinen Sie damit genau?
Matthias Reim: Du spielst Samstagabend in Berlin und fliegst Freitagabend hin, damit du auf keinen Fall zu spät bist. Dann sitzt du erstmal 16 bis 18 Stunden im Hotelzimmer – und das kann grausam sein. Da kommt die Einsamkeit. Du kannst nicht mal eben sagen: Ich gehe raus und unternehme was, wenn du allein bist. Das kannst du als Matthias Reim nicht machen.
Warum?
Das endet immer in einer Fotosession, das hört nie auf. Manchmal willst du einfach den Kopf einziehen, einen Bart ankleben und in Ruhe gelassen werden. Dann ziehst du dich zurück. In Berlin geht das sogar noch. Da habe ich eine Kneipe, in die ich mich dann setze. Das mache ich seit 20 Jahren – mit Aschenbecher auf dem Tisch, leckerem Bier und ganz normalen Leuten. Da spiele ich dann eine Runde Darts gegen den Wirt.
Haben Sie keine Angst vor der Ungewissheit, wie es weitergeht?
Nein, das habe ich nicht, weil ich so viele stabile Jahre hinter mir habe und eine Fanbase. Am Anfang ist das anders, keine Frage. Nach dem ersten Hit-Album weißt du nicht, ob du noch ein zweites oder drittes bekommst. Das ist ein harter Weg. Es gibt ein paar Leute, die können ihr Leben lang spielen, wie Herbert Grönemeyer – aber auch da ging es irgendwann mal bergab.
Wo sehen Sie sich mit 80 Jahren?
Auf der Bühne! Was soll ich denn machen? Sobald ich aufhöre, zu denken, zu schreiben, auf der Bühne zu stehen, würde ich altern. Da hätte ich keinen Lebensinhalt mehr. So wie früher: unsere Großeltern. Die gingen in Rente, haben den Fernseher angemacht und auf den Tod gewartet. Das gibt es heute nicht mehr. Viele, die heute in Rente gehen, spazieren erstmal in den Harley-Laden und holen sich einen dicken Hobel. Die machen einen Rockerklub auf, gehen auf Tour, haben alle dicke Bäuche und suchen sich eine Beschäftigung. Oder schauen wir uns die Rolling Stones an: Die spielen, bis sie von der Bühne fallen. Joe Cocker hat auch bis zwei Wochen vor seinem Tod gespielt.
Haben Sie Angst vor dem Tod?
Das nicht, aber vor dem Sterben. Da denke ich ungern drüber nach. Zum 40. Geburtstag hast du gesagt: "Boah, ich werde alt." Zum 50.: "Scheiße!" Was willst du zum 60. sagen? "The time is ticking"? Und zum 80.? Ich gucke mir meinen Manager an, der ist 87. So what? Geht doch!
Ist man nicht immer so alt, wie man sich fühlt?
Das schwankt. Meistens fühle ich mich jung, aber wehe, ich habe eine Erkältung oder einen Schnupfen. Da leide ich wie ein Hund. Ich sterbe. Ich rufe dann gleich meinen Kardiologen an und sage: "Mit mir geht's zu Ende – kann ich mal vorbeikommen?" Der verdreht immer die Augen, wenn ich komme. "Matthias, du hast eine Grippe – aber wir können gern alles checken." Das machen wir dann. Hinterher sagt er: "Matthias, wir haben alles gecheckt. Du hast eine Grippe."
Sorgt Ihre 32 Jahre jüngere Freundin Christin auch dafür, dass Sie sich jünger fühlen?
Den Altersunterschied merken wir gar nicht. Sie hat nur weniger Falten als ich. Darauf bin ich ab und zu neidisch. Wenn ich sage: "Guck mal, was ich hier für Falten habe", sagt sie: "Bekomme ich doch auch noch." Dann sage ich: "Zum Glück bekomme ich das nicht mehr mit." (lacht).
Sie waren drei Mal verheiratet. Was hat Christin, was die anderen Frauen nicht haben?
Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, alles hat seine Zeit. Ich würde bei den anderen nicht sagen, dass sie etwas nicht hatten. Es hat halt nicht funktioniert und dann ist es heute eben so, dass du es nicht mehr bis zum Tod durchziehst. Heute ziehst du weiter, verliebst dich von neuem und fängst von vorne an. Und wir sind jetzt seit mehr als vier Jahren zusammen. Das funktioniert. Und dann ist da Open End.
Zwischendurch sind Sie jedoch zu ihrer Ex-Frau Sarah zurück.
Das musste ich, weil ich meine Kinder so vermisst habe.
Also für die Kinder und nicht für die Liebe?
Das ist alles nicht so einfach. Du hast Verantwortung für die Kinder und überlegst, wie du es richtig machst. Da rattert dein Hirn. So kannst du aber nicht glücklich sein.
Hat Christin während dieser Zeit um Sie gekämpft?
Wir haben uns damals nicht vergessen. Aber ich musste erst erkennen, dass ich mit meiner Ex-Frau am Ende war. Du kannst eine Frau nicht einfach ersetzen. Eine Frau weg, klack, neue Frau da. Das geht nicht. Du musst das eine abschließen, bevor du das andere wirklich beginnen kannst. Und das tat uns allen gut.
Sie haben sechs Kinder von fünf Frauen. Wünschen Sie sich mit ihrer Freundin auch noch ein Baby?
Das Gerücht ging wohl rum – eine Ex rief mich gerade an und sagte: "Wie bitte?" Nein, wir wünschen uns kein Baby. Das einzige, was ich gesagt habe, ist: Wir schließen es nicht aus. Das wäre auch nicht fair. Wenn Christin und ich wirklich den Rest des Lebens zusammen verbringen würden – und ein paar Mal im Jahr schauen sechs Kinder von mir vorbei – dann möchte eine Frau das auch. Ob ich ihr das nehmen kann, weiß ich noch nicht. Da habe ich mich noch nicht entschieden.