Geburtstagsinterview mit Peter Kraus "Die Zahl 75 ist schon ein bisschen hart"
Er galt als der deutsche Elvis und war in den 50er Jahren das Idol einer ganzen Generation. Nun feiert Rock'n'Roll-Legende Peter Kraus seinen 75. Geburtstag. Im Interview mit T-Online.de sprach das Geburtstagskind über das Älterwerden, sein neues Album "Zeitensprung" und seine Bewunderung für Helene Fischer. Außerdem erzählte Kraus, dass Teenie-Star Justin Bieber ihm leid tut, und verriet das Geheimnis seiner fast 45-jährigen glücklichen Ehe.
T-Online.de: Am 18. März feiern Sie Ihren 75. Geburtstag. Freuen Sie sich auf den Tag oder haben Sie Angst vorm Älterwerden?
Peter Kraus: Angst habe ich nicht, aber die Zahl 75 ist schon ein bisschen hart.
T-Online.de: Wie werden Sie feiern?
Peter Kraus: Wir feiern in München beim Schuhbeck. Ich habe ein paar Leute eingeladen, auch Freunde aus vergangenen Tagen, die ich nicht so oft sehe. Conny Froboess kommt - wir haben uns schon seit Jahren nicht mehr gesehen -, die Spider Murphy Gang und einige andere.
T-Online.de: Wer Sie sieht, kann kaum glauben, dass Sie schon Mitte 70 sind. Was tun Sie, um so jung auszusehen? Wie halten Sie sich fit?
Peter Kraus: Ich bewege mich sehr viel. Ich gehe gerne laufen, fahre Kanu, ich fahre nach wie vor Wasserski, fahre leidenschaftlich Ski. Alles, was noch geht, mache ich sehr gerne und sehr intensiv.
T-Online.de: Gibt es denn schon irgendwas, was nicht mehr geht?
Peter Kraus: Ich hätte große Lust, die modernen Sportarten der Jugend zu machen, aber das fange ich nicht mehr an, das traue ich mir nicht mehr zu. Klettern und diese blöden Sachen, die eigentlich viel zu gefährlich sind. Reizen würde es mich schon, aber da ziehe ich mich zurück und schaue zu.
T-Online.de: Pünktlich zum 75. erscheint am 21. März auch ein neues Album von Ihnen. Auf der Platte "Zeitensprung" haben Sie aktuelle Hits im 50er-Jahre-Sound aufgenommen, von Marterias "Lila Wolken" über "Applaus Applaus" von den Sportfreunden Stiller bis zu "Nur noch kurz die Welt retten" von Tim Bendzko. Hat Sie Ihr Kollege Heino dazu inspiriert, der mit seinem Coveralbum "Mit freundlichen Grüßen" im letzten Jahr noch einmal voll durchstartete?
Peter Kraus: Nein, zu diesem Zeitpunkt waren wir schon mitten in unserem Projekt drin. Das ist ja auch eher eine Erweiterung dessen, was der Heino gemacht hat. Er hat die Rhythmik, das Tempo und das Arrangement nicht wesentlich verändert. Wir verändern es ja wesentlich, das ist eigentlich der springende Punkt. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, nur die Melodie, den Text zu nehmen und das dann so zu arrangieren, wie ich das damals gemacht hätte. Insofern ist es noch ein Schritt weiter.
T-Online.de: Auf der Platte findet sich auch das Duett "Wär' heut mein letzter Tag" mit Helene Fischer. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Peter Kraus: Helene Fischer hat mich eingeladen in ihre Show, die im Dezember lief, und da wollte sie Rock'n'Roll mit mir singen. Dann hab ich ihr einfach von meinem Projekt erzählt und ihr vorgeschlagen, in dem Zusammenhang könnte man auch einen Titel von ihr machen. Das hat ihr so gefallen, dass daraus für die Sendung ein Medley wurde von drei von ihren Hits. Sie hat dann gestattet, dass wir einen auf die Platte nehmen und da bin ich sehr froh drüber und stolz darauf, denn ich bewundere sie und finde, sie ist wirklich eine absolute Nummer eins und ich bin froh, dass es heute wieder so eine Frau gibt wie seit Caterina Valente nicht mehr.
T-Online.de: Im Oktober und November wollen Sie auf Abschiedstournee gehen, das Motto lautet "Das Beste kommt zum Schluss". Wird danach auch mit neuen Alben Schluss sein?
Peter Kraus: Nein, danach ist nur mit Tourneen Schluss. Auch Einzelkonzerte gebe ich noch. Vielleicht findet sich auch wieder einmal ein Regisseur, der mir eine schöne Rolle anbietet. Es wird immer Arbeit geben. Aufhören könnte ich nie. Aber ich möchte mir schon ein wenig mehr Ruhe gönnen. Das Tourleben ist schon sehr anstrengend.
T-Online.de: Ihre Karriere umspannt inzwischen sechs Dekaden. Was war Ihr persönliches Highlight in all diesen Jahren?
Peter Kraus: Das Highlight war natürlich der Beginn, weil das so außergewöhnlich war, vor allen Dinge für diese Zeit. Dass ein junger Bursche mit einer jungen Musik, die es zuvor nicht gab, plötzlich so Erfolg hat, das war einfach gewaltig. Das ging ja wirklich über Nacht. Ich habe in einem Konzert mitgewirkt mit drei Liedern und das letzte haben wir aufgrund des Erfolgs dreimal gesungen, weil wir kein viertes hatten - und das war der Start einer Riesenkarriere. Heute wäre das nicht mehr so einfach.
T-Online.de: In den 50ern waren Sie das Idol der "Bravo"-Generation. Verstehen Sie die Teenies von heute noch oder können Sie mit ihrer Vorliebe für Smartphones, Facebook, Twitter und Co. nichts anfangen?
Peter Kraus: Ich kann schon etwas damit anfangen und beschäftige mich auch damit. Anders geht es ja gar nicht mehr. Aber irgendwie beängstigend ist das schon für mich, muss ich sagen. Ich weiß nicht, wo das hinführt, aber in der Regel ist es ja so: Wenn etwas wirklich unheimlich populär wird, dann schwillt es irgendwann wieder ab. Ich glaube, irgendwann kommt wieder eine Zeit, wo man sich einen Liebesbrief mit der Hand schreibt, mit Tinte.
T-Online.de: Was sagen Sie zu heutigen Teenie-Stars wie Miley Cyrus oder Justin Bieber, die für einen Skandal nach dem anderen sorgen?
Peter Kraus: Das ist das Problem der heutigen Zeit, dass auch mit Skandalen Werbung gemacht wird. Zu meiner Zeit wäre so etwas gar nicht möglich gewesen, weil ich als Teenager-Idol gleichzeitig auch eine Vorbildfunktion haben musste. Wenn ich mich damals so aufgeführt hätte, hätten die Teenager gesagt: "Jetzt spinnt er, jetzt ist er größenwahnsinnig geworden." Damals war Idol-Sein etwas ganz anderes. Aber das musste einmal so weit kommen: Wenn man hergehen kann und bewusst mit Negativschlagzeilen Werbung macht, dann schaukelt sich das irgendwann hoch. Dann fängt man wirklich mal an zu spinnen. Irgendwo tut er mir leid, der Bursche.
T-Online.de: Können Sie das nachvollziehen, dass man irgendwann abgleitet, wenn man so berühmt ist?
Peter Kraus: Das kann ich sehr gut nachvollziehen, denn natürlich habe ich auch Fehler gemacht, mal Wutanfälle bekommen und war oft nahe dran, auch durchzudrehen. Aber es war eine andere Zeit, ich habe mich sofort wieder beherrscht und beruhigt. Und ich hatte ein gutes Team um mich herum. Heute ist es ja so, du machst bei einer Castingshow mit und wirst umgestylt, dein Leben wird geändert und du kriegst eine Figur verpasst, die du spielen musst, den Bösewicht, den Melancholischen und so weiter. Das gab es alles nicht. Die Leute, die damals Karriere machten, die waren so, wie sie sind, deshalb haben sie Karriere gemacht. Das ist der Unterschied: Heute werden Karrieren konstruiert, und das geht natürlich manchmal in die Hose.
T-Online.de: Könnten Sie sich vorstellen, noch einmal Juror bei einer Castingshow wie DSDS zu werden?
Peter Kraus: Nein, eigentlich nicht. Das ist nicht mehr meine Art. Mir ist das Ganze zu laut… zu aufgesetzt. Heute ist alles aufgesetzt, alles wird übertrieben.
T-Online.de: Seit fast 45 Jahren sind Sie skandalfrei mit Ihrer Ehefrau Ingrid verheiratet - eine Rarität in der Welt der Promis, in der viele alle paar Jahre den Partner wechseln. Was ist Ihr Liebesgeheimnis?
Peter Kraus: Es geht damit los, dass ich mein ganzes Leben lang schon gern gegen den Strom geschwommen bin. Aber ich glaube, ein Grund, warum die Ehe so super hält, ist, dass wir von Anfang an ein zurückgezogenes Leben geführt haben. Ich dränge mich nicht in den Vordergrund. Ich melde mich, wenn ich etwas auf den Markt bringe. Aber ich bin jetzt nicht der Typ, der glaubt, ich muss mit meiner Frau überall dabei sein und überall herumhüpfen und mich fotografieren lassen. So etwas bringt natürlich Gefahren mit sich, das muss man schon offen gestehen. Wir ziehen es vor, im Tessin zu leben und haben da nur eine ganz kleine begrenzte Freundesanzahl. Eigentlich bleibt eher die Familie unter sich. Das ist natürlich ein Leben, das es erleichtert, eine gute Ehe zu führen. Und dann stammen wir beide noch aus einer Zeit, wo man wirklich noch gewissenhaft an die Entscheidung herangegangen ist zu heiraten. Da hat man auch wirklich versucht, das hundertprozentig durchzuziehen und nicht zu sagen, "Jetzt probieren wir es mal".