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Rammstein: Fans verkaufen Konzerttickets – Wie es ihnen damit geht


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Gewissensbisse im Fall Rammstein
Keine leichte Trennung – aber sie fühlt sich richtig an

MeinungVon Charlotte Koep

Aktualisiert am 31.08.2023Lesedauer: 3 Min.
Till Lindemann: Mehrere Frauen erheben öffentlich Vorwürfe gegen den Rammstein-Frontmann.Vergrößern des Bildes
Till Lindemann: Mehrere Frauen erheben öffentlich Vorwürfe gegen den Rammstein-Frontmann. (Quelle: IMAGO/Gonzales Photo/Sebastian Dammark)
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Die Nachfrage für Rammstein-Tickets ist ungebrochen. Doch es gibt auch Fans, die sich von der Band distanzieren. Leicht ist das Abschiednehmen aber nicht.

Ich stand gerade in der U-Bahn, als ich die Meldung auf dem Nachrichtenbildschirm sah: Vorwürfe nach dem Rammstein-Konzert in Vilnius. Dass sich die Anschuldigungen gegen Till Lindemann richteten, verstand ich im ersten Moment nicht. Trotzdem sagte ich mir, dass das mit der Band sicher nichts zu tun gehabt habe.

Rückblickend eine für mich verständliche erste Reaktion. Schließlich war ich ein Fan. Rammstein begleitete mich schon eine ganze Weile. Ich hatte das Album "Mutter" in der sechsten Klasse mit meinem Walkman rauf und runter gehört. Ich war auf zwei Konzerten. Und auch für die aktuelle Tournee hatte ich mich wie Tausende andere ungeduldig hinter den Laptop geklemmt und am Ende zwei der begehrten Tickets für das Berliner Olympiastadion ergattert.

Und jetzt diese Vorwürfe ...

Ich konnte die Schlagzeilen zunächst von mir wegschieben, auf der Arbeit musste ich mich aber schließlich damit beschäftigen. Und vor allem musste ich mich damit beschäftigen, ob ich es noch vertreten könne, auf das Konzert zu gehen. Ich arbeitete mich durch die Causa Lindemann, die immer komplexer wurde. Ich las über die Vorwürfe der Übergriffe, des Drogenmissbrauchs und über ein perfides Netzwerk, das um Frontsänger Till Lindemann errichtet worden war.

Dabei stellte ich nach kurzer Zeit fest: Es ist nicht mehr okay, auf das Konzert zu gehen – zumindest für mich. Die Anschuldigungen wogen zu schwer, das Groupiesystem konnte zu gut rekonstruiert werden. Ich konnte nicht leugnen, dass da offensichtlich hinter den Kulissen etwas aufgebaut worden war, unter dem junge Frauen leiden mussten.

Eine endgültige Entscheidung fällte ich trotzdem über mehrere Tage nicht, auch wenn ich innerlich längst wusste, dass es für mich nicht mehr tragbar war. Mein Fan-Herz schmerzte einfach bei dem Gedanken, die Tickets zu verkaufen und damit die Trennung von Rammstein zu vollziehen.

Es geht hier nicht um die Schuldfrage

Doch mein gerechtes Herz schlug lauter. Ich konnte dieses Konzert nicht besuchen, als sei in den letzten Wochen nichts vorgefallen. Und solange die Möglichkeit besteht, dass sich all diese Vorfälle tatsächlich zugetragen haben, konnte ich der Band nicht von der Tribüne aus zujubeln. Ich wollte das System rund um Till Lindemann in keiner Weise unterstützen.

Ja, es gilt die Unschuldsvermutung – auf die so viele Menschen pochen. Aber darum geht es hier nicht. Über Till Lindemann und die Schuldfrage können wir uns kein Urteil erlauben, das muss unser deutsches Rechtssystem tun.* Doch die Tour läuft seit Wochen weiter und es wird so schnell kein juristisches Urteil geben. Also müssen wir für uns ein persönliches Urteil fällen, wie wir mit der Situation umgehen wollen. Und wenn ich mich zwischen zwei Stunden Spaß und der Gerechtigkeit entscheiden muss, ist klar, wie meine Entscheidung ausfällt.

"Transaktion beendet"

Ich stellte die Karten also zum Wiederverkauf ins Internet. Nach ein paar Klicks waren sie auf der Plattform. Und es dauerte keine fünf Minuten, da vibrierte mein Handy. "Transaktion beendet", las ich. Die Karten waren innerhalb weniger Minuten weg.

Ich merkte, wie naiv ich gewesen war. Ich hatte gedacht, ich würde die Tickets nur mit Ach und Krach loswerden, vielleicht für die Hälfte verscherbeln müssen. Aber ich hatte vergessen, um wen es hier ging. Rammstein – eine der erfolgreichsten Bands Deutschlands. Die Vorwürfe brachte sie nicht so einfach zu Fall. Ihr Erfolg überstrahlt die Vorwürfe der Frauen. Eine traurige Erkenntnis.

Das merkte ich auch an den Tagen danach. Wenn ich erzählte, dass ich meine Tickets verkauft hatte, hörte ich Sätze wie: "Wieso denn das?" – "Warum hast du die Tickets nicht mir gegeben?" Ich merkte, wie meine Journalistenblase platzte. Mein Team und ich hatten sich tagelang mit den Vorwürfen beschäftigt – nicht zuletzt, weil es unser Job ist. Doch dies bedeutete nicht, dass Fans es ebenfalls getan hatten, noch dazu im gleichen Maße wie wir.

Natürlich spürte ich die Versuchung, ebenfalls die Augen zu verschließen, damit ich auf das Konzert gehen kann. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass mir die Entscheidung leichtgefallen ist. Die spektakuläre Show ist unvergleichlich. Doch ich konnte den Besuch des Konzerts nicht mit mir vereinbaren und weiß auch jetzt noch, dass es richtig war, die Tickets zu verkaufen.

*Die Berliner Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen Till Lindemann am 29. August eingestellt. Es konnten keine Belege für ein strafbares Verhalten gefunden werden. Hier lesen Sie die Details zu der Entscheidung. Damit handelt es sich bei dem Sänger der Band Rammstein weder offiziell um einen Tatverdächtigen noch um einen Beschuldigten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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