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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Abtreibung, Verschwörungen, Corona Das sind die größten Schockmomente in "Borat 2"
Rudy Giuliani soll der größte Skandal im neuen Film von Sacha Baron Cohen sein? Mitnichten. Die Falle, die dem Trump-Anwalt in der Fortsetzung von "Borat" gestellt wird, war nur der Schlüssel zur großen PR-Offensive.
In den vergangenen Tagen war die Aufregung groß. In "Borat 2", der seit dem 23. Oktober 2020 auf Amazon Prime zur Verfügung steht, soll Trump-Anwalt Rudy Giuliani entlarvt und vorgeführt worden sein. Doch die im Schlussteil des Films auftauchende Szene geht nur wenige Sekunden und enthält kaum kompromittierendes Material. Ja, Giuliani legt sich aufs Bett und fasst sich in die Hose. Nein, es sieht nicht so aus, als tue er dies aus einer sexuellen Intention heraus.
Giuliani und die 25 Jahre alte Darstellerin Maria Bakalova, die in dem Film die 15-jährige Borat-Tochter Tutar spielt, flirten miteinander. Als das wenig professionelle Interview vorbei ist, zu dessen Zweck die beiden sich in einem Hotelzimmer zusammengefunden haben, gehen sie ins Schlafzimmer. Dort meint Giuliani dann, Bakalova könne ihm ihre Handynummer und Adresse geben. Was er damit vorhat? Unklar. Dass allein das schon anstößig und skandalös ist, wird in den meisten Berichten zu der Szene jedoch ausgespart.
Nur mit dem Screenshot, wie er hier zu sehen ist, wirkt die Szene aufsehenerregender als im Kontext des Films. Die Inszenierung von Sacha Baron Cohen läuft ganz eindeutig auf die Eskalation dieses Moments zu – und schockt weniger, als es Zuschauer durch die Vorberichte vielleicht vermuten werden.
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Giuliani gibt in bester Trump-Manier mit seinem Handynummer-Angebot und den implizit chauvinistischen Zügen keine gute Figur ab, aber seine Erklärung im Nachhinein auf Twitter wirkt plausibler als die nun kursierenden Spekulationen, was er vorgehabt haben könnte. Fakt ist: Cohen unterbricht die Szene, als Giuliani sich das Hemd in die Hose stopft – und unterbindet so, dass sich die Auflösung von allein ergibt. Im Gesamteindruck wirkt es daher so, als wäre dieser Moment vor allem eines: der perfekte Motor für eine PR-Kampagne zum Film.
Dabei hat Sacha Baron Cohen noch so einige andere Themen und Momente voller Fremdscham zu bieten, die "Borat 2" genügend Aufmerksamkeit garantieren.
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Cohen verbringt unter anderem fünf Tage mit zwei Hinterwäldlern im Nordwesten der USA. Sie sind Trump-Fans von der Hacke bis zum Scheitel und antworten auf die Frage "Was ist schlimmer, das Coronavirus oder Demokraten?" zuverlässig mit den Gegnern der Republikaner. Außerdem propagieren sie die irre QAnon-Verschwörung, wonach unter anderem Hillary Clinton das Blut von Kindern zur eigenen Verjüngung trinke.
Barack Obama ist für sie ein derart großes Feindbild, dass sie sich wünschen, er säße im Knast. Cohen komponiert daraufhin ein Anti-Obama-Lied und singt es vor freudetaumelnden Trump-Anhängern auf einer Country-Bühne.
Auf einer anderen Veranstaltung mit Trump-Wählern wird es turbulent. Cohen verkleidet sich als Donald Trump, hängt sich seinen Co-Star Maria Bakalova über die Schultern und platzt in eine Wahlkampfveranstaltung von US-Vizepräsident Mike Pence. Unter Begleitung der Security wird er aus dem Saal bugsiert – das fassungslose Gesicht von Pence gibt es inklusive.
Antisemitismus und Abtreibungen sorgen für Schock
Richtig übel wird es, als Cohen und Bakalova bei einem Arztbesuch vortäuschen, gemeinsam ein Baby gezeugt zu haben – der Vater mit seiner Tochter, extra hinter einer Mülltonne, damit sie nicht gesehen werden, so die Erklärung. Sie bitten um eine Abtreibung und fragen den Doktor, ob der seiner eigenen Tochter "auch schonmal ein Baby in den Bauch gemacht" habe. In diesem Moment ist der nahezu unaushaltbare Fremdscham alter "Borat"-Tage zu spüren, der 2006 zu einem Welthit wurde.
Als das fiktive Vater-Tochter-Paar auf einem Kostümball in den Südstaaten der USA auftritt, wird der Zuschauer ebenfalls auf eine harte Probe gestellt. Gemeinsam präsentieren sie einen Tanz vor der wohlsituierten Gesellschaft, im Verlauf dessen Bakalova ihren Unterleib entblößt und die "traditionelle Menstruationpose" zur Schau stellt.
Ähnlich ergeht es dem Publikum, als Cohen eine Bäckerin darum bittet, seine Torte mit der Aufschrift "Juden werden uns nicht ersetzen" zu garnieren oder bei einem Besuch in einer Tankstelle, als es beim Blick auf Propantanks zu dieser Diskussion kommt. Cohen: "Wie viele Zigeuner kann man mit einem Kanister erledigen?" Die Antwort: "Wie viele hast du denn in deinem Van?"
Das sexistische, antisemitische, fremdenfeindliche und rückständige Amerika, es ist das erklärte Ziel von Sacha Baron Cohen und seiner Fortsetzung "Borat Subsequent Moviefilm". Und Trump-Anwalt Andy Giuliani ist dafür der ideale PR-Antrieb.
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